Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite
Beleuchtung und Heizung.

Die eben entwickelte Theorie, welche von der neueren Schule der
Chemiker herrührt, erhält eine Stütze in der weiteren Überlegung, daß
die Zersetzung der Moleküle um so heftiger und plötzlicher erfolgen
muß, je heftiger der "äußere Kraftanstoß" ist. Das wird aber be-
stätigt durch die Erscheinung der Detonation der explosiven Körper.
Hierbei ist der Initialstoß überaus heftig, die Zersetzung daher eine
fast momentan durch die ganze Masse fortschreitende. Das Genauere
über diese interessanten Forschungen findet sich unter dem Kapitel
"Sprengstoffe".

Die Körper verbrennen unter äußerlich verschiedenen Erscheinungen.
Das Eisen glüht nur, ebenso die Kohle; Schwefel, Phosphor, Leucht-
gas brennen dagegen mit Flamme. Der Umstand, daß Eisen und
Kohle nicht zu verflüchtigen sind, während Leuchtgas an sich gasförmig
ist, und Schwefel und Phosphor durch die Hitze der Verbrennung in
Gase verwandelt werden, läßt leicht den Grund des Unterschiedes
finden: Nur solche Körper, welche selbst Gase sind oder sich durch
Wärme vergasen lassen, brennen mit Flamme. Während die Ver-
brennung uns die unter Licht- und Wärmeentwicklung erfolgende
Verbindung des brennenden Körpers mit Sauerstoff ankündigt, bedeutet
die Erscheinung der Flamme stets die Verbrennung eines gasförmigen
Körpers; sie stellt geradezu ein glühendes, verbrennendes Gas vor.
Das ist die einfache Erklärung der Natur des Feuers -- denn mit
diesem Worte bezeichnet man vorzugsweise die Flamme --, welche
Jahrtausende hindurch vergeblich gesucht wurde.

Aber wir begegnen in der Flamme selbst wieder verschiedenen nicht
sofort erklärbaren Erscheinungen. So sehen wir, daß der brennende
Schwefel und der brennende Wasserstoff nicht leuchten, während die
Leuchtgasflamme und die Phosphorflamme helles Licht ausstrahlen.
Die Erklärung dieses auffallenden Verhaltens ergiebt sich aus einem
einfachen Experiment. Man kennt unter der großen Menge der Kohlen-
wasserstoffverbindungen zwei, welche im Leuchtgas vorhanden sind: das
Methan oder Grubengas und das Äthylen oder ölbildende Gas. Das
letztere enthält gerade noch einmal soviel Kohle, wie das erstere; es
leuchtet beim Brennen, während jenes eine nicht leuchtende Flamme
hat. Leitet man aber das Äthylen, bevor man es anzündet, durch
ein glühendes Eisenrohr, so wird seine Flamme nichtleuchtend, indem
es, wie der Versuch ergiebt, die Hälfte seiner Kohle verloren hat und
in Methan übergegangen ist. Was in dem Eisenrohr geschah, geschieht
aber offenbar auch in der hoch temperierten Flamme des Äthylens;
d. h. das Gas zerfällt in Methan, welches weiter brennt und in fein
zerteilte, in der Flamme schwebende, glühende Kohle. Diese ist es
also, welche das Leuchten der Flamme bedingt. Soll eine Flamme
leuchten, so muß sie einen feinzerteilten, glühenden, festen Körper
schwebend enthaltend. In der Regel besteht dieser aus Kohle; er kann
aber auch das Produkt der Verbrennung sein. So ist es z. B. beim

Beleuchtung und Heizung.

Die eben entwickelte Theorie, welche von der neueren Schule der
Chemiker herrührt, erhält eine Stütze in der weiteren Überlegung, daß
die Zerſetzung der Moleküle um ſo heftiger und plötzlicher erfolgen
muß, je heftiger der „äußere Kraftanſtoß“ iſt. Das wird aber be-
ſtätigt durch die Erſcheinung der Detonation der exploſiven Körper.
Hierbei iſt der Initialſtoß überaus heftig, die Zerſetzung daher eine
faſt momentan durch die ganze Maſſe fortſchreitende. Das Genauere
über dieſe intereſſanten Forſchungen findet ſich unter dem Kapitel
„Sprengſtoffe“.

Die Körper verbrennen unter äußerlich verſchiedenen Erſcheinungen.
Das Eiſen glüht nur, ebenſo die Kohle; Schwefel, Phosphor, Leucht-
gas brennen dagegen mit Flamme. Der Umſtand, daß Eiſen und
Kohle nicht zu verflüchtigen ſind, während Leuchtgas an ſich gasförmig
iſt, und Schwefel und Phosphor durch die Hitze der Verbrennung in
Gaſe verwandelt werden, läßt leicht den Grund des Unterſchiedes
finden: Nur ſolche Körper, welche ſelbſt Gaſe ſind oder ſich durch
Wärme vergaſen laſſen, brennen mit Flamme. Während die Ver-
brennung uns die unter Licht- und Wärmeentwicklung erfolgende
Verbindung des brennenden Körpers mit Sauerſtoff ankündigt, bedeutet
die Erſcheinung der Flamme ſtets die Verbrennung eines gasförmigen
Körpers; ſie ſtellt geradezu ein glühendes, verbrennendes Gas vor.
Das iſt die einfache Erklärung der Natur des Feuers — denn mit
dieſem Worte bezeichnet man vorzugsweiſe die Flamme —, welche
Jahrtauſende hindurch vergeblich geſucht wurde.

Aber wir begegnen in der Flamme ſelbſt wieder verſchiedenen nicht
ſofort erklärbaren Erſcheinungen. So ſehen wir, daß der brennende
Schwefel und der brennende Waſſerſtoff nicht leuchten, während die
Leuchtgasflamme und die Phosphorflamme helles Licht ausſtrahlen.
Die Erklärung dieſes auffallenden Verhaltens ergiebt ſich aus einem
einfachen Experiment. Man kennt unter der großen Menge der Kohlen-
waſſerſtoffverbindungen zwei, welche im Leuchtgas vorhanden ſind: das
Methan oder Grubengas und das Äthylen oder ölbildende Gas. Das
letztere enthält gerade noch einmal ſoviel Kohle, wie das erſtere; es
leuchtet beim Brennen, während jenes eine nicht leuchtende Flamme
hat. Leitet man aber das Äthylen, bevor man es anzündet, durch
ein glühendes Eiſenrohr, ſo wird ſeine Flamme nichtleuchtend, indem
es, wie der Verſuch ergiebt, die Hälfte ſeiner Kohle verloren hat und
in Methan übergegangen iſt. Was in dem Eiſenrohr geſchah, geſchieht
aber offenbar auch in der hoch temperierten Flamme des Äthylens;
d. h. das Gas zerfällt in Methan, welches weiter brennt und in fein
zerteilte, in der Flamme ſchwebende, glühende Kohle. Dieſe iſt es
alſo, welche das Leuchten der Flamme bedingt. Soll eine Flamme
leuchten, ſo muß ſie einen feinzerteilten, glühenden, feſten Körper
ſchwebend enthaltend. In der Regel beſteht dieſer aus Kohle; er kann
aber auch das Produkt der Verbrennung ſein. So iſt es z. B. beim

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0298" n="280"/>
            <fw place="top" type="header">Beleuchtung und Heizung.</fw><lb/>
            <p>Die eben entwickelte Theorie, welche von der neueren Schule der<lb/>
Chemiker herrührt, erhält eine Stütze in der weiteren Überlegung, daß<lb/>
die Zer&#x017F;etzung der Moleküle um &#x017F;o heftiger und plötzlicher erfolgen<lb/>
muß, je heftiger der &#x201E;äußere Kraftan&#x017F;toß&#x201C; i&#x017F;t. Das wird aber be-<lb/>
&#x017F;tätigt durch die Er&#x017F;cheinung der Detonation der explo&#x017F;iven Körper.<lb/>
Hierbei i&#x017F;t der Initial&#x017F;toß überaus heftig, die Zer&#x017F;etzung daher eine<lb/>
fa&#x017F;t momentan durch die ganze Ma&#x017F;&#x017F;e fort&#x017F;chreitende. Das Genauere<lb/>
über die&#x017F;e intere&#x017F;&#x017F;anten For&#x017F;chungen findet &#x017F;ich unter dem Kapitel<lb/>
&#x201E;Spreng&#x017F;toffe&#x201C;.</p><lb/>
            <p>Die Körper verbrennen unter äußerlich ver&#x017F;chiedenen Er&#x017F;cheinungen.<lb/>
Das Ei&#x017F;en glüht nur, eben&#x017F;o die Kohle; Schwefel, Phosphor, Leucht-<lb/>
gas brennen dagegen mit Flamme. Der Um&#x017F;tand, daß Ei&#x017F;en und<lb/>
Kohle nicht zu verflüchtigen &#x017F;ind, während Leuchtgas an &#x017F;ich gasförmig<lb/>
i&#x017F;t, und Schwefel und Phosphor durch die Hitze der Verbrennung in<lb/>
Ga&#x017F;e verwandelt werden, läßt leicht den Grund des Unter&#x017F;chiedes<lb/>
finden: Nur &#x017F;olche Körper, welche &#x017F;elb&#x017F;t Ga&#x017F;e &#x017F;ind oder &#x017F;ich durch<lb/>
Wärme verga&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en, brennen mit Flamme. Während die Ver-<lb/>
brennung uns die unter Licht- und Wärmeentwicklung erfolgende<lb/>
Verbindung des brennenden Körpers mit Sauer&#x017F;toff ankündigt, bedeutet<lb/>
die Er&#x017F;cheinung der Flamme &#x017F;tets die Verbrennung eines gasförmigen<lb/>
Körpers; &#x017F;ie &#x017F;tellt geradezu ein glühendes, verbrennendes Gas vor.<lb/>
Das i&#x017F;t die einfache Erklärung der Natur des Feuers &#x2014; denn mit<lb/>
die&#x017F;em Worte bezeichnet man vorzugswei&#x017F;e die Flamme &#x2014;, welche<lb/>
Jahrtau&#x017F;ende hindurch vergeblich ge&#x017F;ucht wurde.</p><lb/>
            <p>Aber wir begegnen in der Flamme &#x017F;elb&#x017F;t wieder ver&#x017F;chiedenen nicht<lb/>
&#x017F;ofort erklärbaren Er&#x017F;cheinungen. So &#x017F;ehen wir, daß der brennende<lb/>
Schwefel und der brennende Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toff nicht leuchten, während die<lb/>
Leuchtgasflamme und die Phosphorflamme helles Licht aus&#x017F;trahlen.<lb/>
Die Erklärung die&#x017F;es auffallenden Verhaltens ergiebt &#x017F;ich aus einem<lb/>
einfachen Experiment. Man kennt unter der großen Menge der Kohlen-<lb/>
wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toffverbindungen zwei, welche im Leuchtgas vorhanden &#x017F;ind: das<lb/>
Methan oder Grubengas und das Äthylen oder ölbildende Gas. Das<lb/>
letztere enthält gerade noch einmal &#x017F;oviel Kohle, wie das er&#x017F;tere; es<lb/>
leuchtet beim Brennen, während jenes eine nicht leuchtende Flamme<lb/>
hat. Leitet man aber das Äthylen, bevor man es anzündet, durch<lb/>
ein glühendes Ei&#x017F;enrohr, &#x017F;o wird &#x017F;eine Flamme nichtleuchtend, indem<lb/>
es, wie der Ver&#x017F;uch ergiebt, die Hälfte &#x017F;einer Kohle verloren hat und<lb/>
in Methan übergegangen i&#x017F;t. Was in dem Ei&#x017F;enrohr ge&#x017F;chah, ge&#x017F;chieht<lb/>
aber offenbar auch in der hoch temperierten Flamme des Äthylens;<lb/>
d. h. das Gas zerfällt in Methan, welches weiter brennt und in fein<lb/>
zerteilte, in der Flamme &#x017F;chwebende, glühende Kohle. Die&#x017F;e i&#x017F;t es<lb/>
al&#x017F;o, welche das Leuchten der Flamme bedingt. Soll eine Flamme<lb/>
leuchten, &#x017F;o muß &#x017F;ie einen feinzerteilten, glühenden, fe&#x017F;ten Körper<lb/>
&#x017F;chwebend enthaltend. In der Regel be&#x017F;teht die&#x017F;er aus Kohle; er kann<lb/>
aber auch das Produkt der Verbrennung &#x017F;ein. So i&#x017F;t es z. B. beim<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[280/0298] Beleuchtung und Heizung. Die eben entwickelte Theorie, welche von der neueren Schule der Chemiker herrührt, erhält eine Stütze in der weiteren Überlegung, daß die Zerſetzung der Moleküle um ſo heftiger und plötzlicher erfolgen muß, je heftiger der „äußere Kraftanſtoß“ iſt. Das wird aber be- ſtätigt durch die Erſcheinung der Detonation der exploſiven Körper. Hierbei iſt der Initialſtoß überaus heftig, die Zerſetzung daher eine faſt momentan durch die ganze Maſſe fortſchreitende. Das Genauere über dieſe intereſſanten Forſchungen findet ſich unter dem Kapitel „Sprengſtoffe“. Die Körper verbrennen unter äußerlich verſchiedenen Erſcheinungen. Das Eiſen glüht nur, ebenſo die Kohle; Schwefel, Phosphor, Leucht- gas brennen dagegen mit Flamme. Der Umſtand, daß Eiſen und Kohle nicht zu verflüchtigen ſind, während Leuchtgas an ſich gasförmig iſt, und Schwefel und Phosphor durch die Hitze der Verbrennung in Gaſe verwandelt werden, läßt leicht den Grund des Unterſchiedes finden: Nur ſolche Körper, welche ſelbſt Gaſe ſind oder ſich durch Wärme vergaſen laſſen, brennen mit Flamme. Während die Ver- brennung uns die unter Licht- und Wärmeentwicklung erfolgende Verbindung des brennenden Körpers mit Sauerſtoff ankündigt, bedeutet die Erſcheinung der Flamme ſtets die Verbrennung eines gasförmigen Körpers; ſie ſtellt geradezu ein glühendes, verbrennendes Gas vor. Das iſt die einfache Erklärung der Natur des Feuers — denn mit dieſem Worte bezeichnet man vorzugsweiſe die Flamme —, welche Jahrtauſende hindurch vergeblich geſucht wurde. Aber wir begegnen in der Flamme ſelbſt wieder verſchiedenen nicht ſofort erklärbaren Erſcheinungen. So ſehen wir, daß der brennende Schwefel und der brennende Waſſerſtoff nicht leuchten, während die Leuchtgasflamme und die Phosphorflamme helles Licht ausſtrahlen. Die Erklärung dieſes auffallenden Verhaltens ergiebt ſich aus einem einfachen Experiment. Man kennt unter der großen Menge der Kohlen- waſſerſtoffverbindungen zwei, welche im Leuchtgas vorhanden ſind: das Methan oder Grubengas und das Äthylen oder ölbildende Gas. Das letztere enthält gerade noch einmal ſoviel Kohle, wie das erſtere; es leuchtet beim Brennen, während jenes eine nicht leuchtende Flamme hat. Leitet man aber das Äthylen, bevor man es anzündet, durch ein glühendes Eiſenrohr, ſo wird ſeine Flamme nichtleuchtend, indem es, wie der Verſuch ergiebt, die Hälfte ſeiner Kohle verloren hat und in Methan übergegangen iſt. Was in dem Eiſenrohr geſchah, geſchieht aber offenbar auch in der hoch temperierten Flamme des Äthylens; d. h. das Gas zerfällt in Methan, welches weiter brennt und in fein zerteilte, in der Flamme ſchwebende, glühende Kohle. Dieſe iſt es alſo, welche das Leuchten der Flamme bedingt. Soll eine Flamme leuchten, ſo muß ſie einen feinzerteilten, glühenden, feſten Körper ſchwebend enthaltend. In der Regel beſteht dieſer aus Kohle; er kann aber auch das Produkt der Verbrennung ſein. So iſt es z. B. beim

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/298
Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/298>, abgerufen am 28.11.2024.