Ach das sind nicht Besorgnisse, die sich auf blosse Schlüsse und Speculationen grün- den! mannichfaltige, unleugbare, Erfahrun- gen bestaetigen sie. Suchet doch ihr Inspe- ctoren der Gymnasien die Zöglinge wieder zusammen, die ihr vor zwanzig bis dreyssig Jahren aus eurer Aussicht entlieset! werdet ihr sie nicht eben so einzeln wieder finden, wie ein General die Soldaten eines Regiments, das eine mit Kanonen wohl besetzte Batterie ersteigen musste? Und welches ist der Feind, der solche Verwüstungen unter ihnen anrich- rete? Ihr werdet mir einige nennen können, deren Daseyn ich nicht leugne. Verzaerte- lung, Mangel an körperlicher Bewegung, übertriebnes Studieren und Unmaessigkeit, sind allerdings auch gefaehrliche Feinde des menschlichen Lebens. Der gefaehrlichste ist aber immer die Ausschweifung, von der ich rede, weil keine so allgemein ist, keine so viele Lebensgeister kostet, keine die Nerven so sehr schwaecht.
"Ich
Ach das ſind nicht Beſorgniſſe, die ſich auf bloſse Schlüſſe und Speculationen grün- den! mannichfaltige, unleugbare, Erfahrun- gen beſtætigen ſie. Suchet doch ihr Inſpe- ctoren der Gymnaſien die Zöglinge wieder zuſammen, die ihr vor zwanzig bis dreyſsig Jahren aus eurer Auſſicht entlieſet! werdet ihr ſie nicht eben ſo einzeln wieder finden, wie ein General die Soldaten eines Regiments, das eine mit Kanonen wohl beſetzte Batterie erſteigen muſste? Und welches iſt der Feind, der ſolche Verwüſtungen unter ihnen anrich- rete? Ihr werdet mir einige nennen können, deren Daſeyn ich nicht leugne. Verzærte- lung, Mangel an körperlicher Bewegung, übertriebnes Studieren und Unmæſſigkeit, ſind allerdings auch gefæhrliche Feinde des menſchlichen Lebens. Der gefæhrlichſte iſt aber immer die Ausſchweifung, von der ich rede, weil keine ſo allgemein iſt, keine ſo viele Lebensgeiſter koſtet, keine die Nerven ſo ſehr ſchwæcht.
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Ach das ſind nicht Beſorgniſſe, die ſich
auf bloſse Schlüſſe und Speculationen grün-
den! mannichfaltige, unleugbare, Erfahrun-
gen beſtætigen ſie. Suchet doch ihr Inſpe-
ctoren der Gymnaſien die Zöglinge wieder
zuſammen, die ihr vor zwanzig bis dreyſsig
Jahren aus eurer Auſſicht entlieſet! werdet
ihr ſie nicht eben ſo einzeln wieder finden,
wie ein General die Soldaten eines Regiments,
das eine mit Kanonen wohl beſetzte Batterie
erſteigen muſste? Und welches iſt der Feind,
der ſolche Verwüſtungen unter ihnen anrich-
rete? Ihr werdet mir einige nennen können,
deren Daſeyn ich nicht leugne. Verzærte-
lung, Mangel an körperlicher Bewegung,
übertriebnes Studieren und Unmæſſigkeit,
ſind allerdings auch gefæhrliche Feinde des
menſchlichen Lebens. Der gefæhrlichſte iſt
aber immer die Ausſchweifung, von der ich
rede, weil keine ſo allgemein iſt, keine ſo
viele Lebensgeiſter koſtet, keine die Nerven
ſo ſehr ſchwæcht.
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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/78>, abgerufen am 24.11.2024.
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