chen Vergeltung, suchte ich mir möglichst zu vergegenwaertigen, umsonst! Ich sank vor meinen Stuhl, und betete mit heisser Inbrunst um Rettung, umsonst! Ich sahe, ich waurde fallen, ich sahe, dass diess unrecht sey, und brauchte daher alle diese Mittel, aber es war als ob mein Verstand unter der erhitzten Phan- tasie, und unter der Gewalt der Gewohnheit, welche diess Laster beinahe bis zum körper- lichen Bedaurfniss erhöhen kann, gefangen laege, und ich fiel.
Anmerkung.
Es ist freilich ein sehr weiser Rath, dem ersten Fluge der Einbildungskraft zu wehren. Aber ach wie schwer, wie schwer mag er zu befolgen seyn für solche, die schon so sehr zur Sinnlichkeit berab gesunken sind, dass ihre Einbildungskraft, an die unschul- digsten Anblicke, Gedanken und Aus- drücke, eine Reihe erhitzende Bilder, durch die erworbene traurige Fertigkeit, zu ket- ten weis! zum Beweise mag das folgende Document dienen.
II.
(C 3)
chen Vergeltung, ſuchte ich mir möglichſt zu vergegenwærtigen, umſonſt! Ich ſank vor meinen Stuhl, und betete mit heiſser Inbrunſt um Rettung, umſonſt! Ich ſahe, ich wûrde fallen, ich ſahe, daſs dieſs unrecht ſey, und brauchte daher alle dieſe Mittel, aber es war als ob mein Verſtand unter der erhitzten Phan- taſie, und unter der Gewalt der Gewohnheit, welche dieſs Laſter beinahe bis zum körper- lichen Bedûrfniſs erhöhen kann, gefangen læge, und ich fiel.
Anmerkung.
Es iſt freilich ein ſehr weiſer Rath, dem erſten Fluge der Einbildungskraft zu wehren. Aber ach wie ſchwer, wie ſchwer mag er zu befolgen ſeyn für ſolche, die ſchon ſo ſehr zur Sinnlichkeit berab geſunken ſind, daſs ihre Einbildungskraft, an die unſchul- digſten Anblicke, Gedanken und Aus- drücke, eine Reihe erhitzende Bilder, durch die erworbene traurige Fertigkeit, zu ket- ten weis! zum Beweiſe mag das folgende Document dienen.
II.
(C 3)
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chen Vergeltung, ſuchte ich mir möglichſt
zu vergegenwærtigen, umſonſt! Ich ſank vor
meinen Stuhl, und betete mit heiſser Inbrunſt
um Rettung, umſonſt! Ich ſahe, ich wûrde
fallen, ich ſahe, daſs dieſs unrecht ſey, und
brauchte daher alle dieſe Mittel, aber es war
als ob mein Verſtand unter der erhitzten Phan-
taſie, und unter der Gewalt der Gewohnheit,
welche dieſs Laſter beinahe bis zum körper-
lichen Bedûrfniſs erhöhen kann, gefangen
læge, und ich fiel.
Anmerkung.
Es iſt freilich ein ſehr weiſer Rath, dem erſten
Fluge der Einbildungskraft zu wehren.
Aber ach wie ſchwer, wie ſchwer mag er
zu befolgen ſeyn für ſolche, die ſchon ſo
ſehr zur Sinnlichkeit berab geſunken ſind,
daſs ihre Einbildungskraft, an die unſchul-
digſten Anblicke, Gedanken und Aus-
drücke, eine Reihe erhitzende Bilder, durch
die erworbene traurige Fertigkeit, zu ket-
ten weis! zum Beweiſe mag das folgende
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II.
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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/47>, abgerufen am 24.11.2024.
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