Nehmt an, dass der Aufseher einer Schae- ferey die Violine, Schallmeye und den Du- delsack, recht niedlich spielen, Englisch, Deutsch und Pohlnisch, recht zierlich tanzen könnte, auch viele andere Geschicklichkeit besaesse; aber die Natur der Schafe so we- nig kennte, dass diese armen Thiere unter seiner Direction schaebicht, raudich und faul würden, und elende Laemmer zur Welt braechten! würdet ihr nicht sagen, er sey ein Mann, der seines Amts unwürdig waere? So seyd auch ihr, besaesset ihr auch die ausgebreitesten Kenntnisse, eures Amts nicht würdig, so lange ihr die menschliche Natur nicht kennet, und die euch übergebnen un- schuldigen Kinder so behandeln lasst, dass sie dahin welken, verdorren, und die Stamm- vaeter einer unglücklichen Nachwelt werden müssen.
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Nehmt an, daſs der Aufſeher einer Schæ- ferey die Violine, Schallmeye und den Du- delſack, recht niedlich ſpielen, Engliſch, Deutſch und Pohlniſch, recht zierlich tanzen könnte, auch viele andere Geſchicklichkeit beſæſse; aber die Natur der Schafe ſo we- nig kennte, daſs dieſe armen Thiere unter ſeiner Direction ſchæbicht, raudich und faul würden, und elende Læmmer zur Welt bræchten! würdet ihr nicht ſagen, er ſey ein Mann, der ſeines Amts unwürdig wære? So ſeyd auch ihr, beſæſset ihr auch die ausgebreiteſten Kenntniſſe, eures Amts nicht würdig, ſo lange ihr die menſchliche Natur nicht kennet, und die euch übergebnen un- ſchuldigen Kinder ſo behandeln laſst, daſs ſie dahin welken, verdorren, und die Stamm- væter einer unglücklichen Nachwelt werden müſſen.
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Nehmt an, daſs der Aufſeher einer Schæ-
ferey die Violine, Schallmeye und den Du-
delſack, recht niedlich ſpielen, Engliſch,
Deutſch und Pohlniſch, recht zierlich tanzen
könnte, auch viele andere Geſchicklichkeit
beſæſse; aber die Natur der Schafe ſo we-
nig kennte, daſs dieſe armen Thiere unter
ſeiner Direction ſchæbicht, raudich und
faul würden, und elende Læmmer zur Welt
bræchten! würdet ihr nicht ſagen, er ſey
ein Mann, der ſeines Amts unwürdig wære?
So ſeyd auch ihr, beſæſset ihr auch die
ausgebreiteſten Kenntniſſe, eures Amts nicht
würdig, ſo lange ihr die menſchliche Natur
nicht kennet, und die euch übergebnen un-
ſchuldigen Kinder ſo behandeln laſst, daſs ſie
dahin welken, verdorren, und die Stamm-
væter einer unglücklichen Nachwelt werden
müſſen.
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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/39>, abgerufen am 24.11.2024.
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