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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785.

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Lehrer hatten zwar oft und ernstlich dawi-
der geeifert, aber es gieng mir, wie dem Re-
he mit dem Tieger, man hatte mirs zu schreck-
lich vorgestellt, und drüber hatte ichs nicht
erkannt. Ich war auber mich selbst erstaunt,
dass ich, ohne mein Wissen, dieses schreckliche
Verbrechen begangen haben sollte, und zu
sehr ausser mir, als dass die liebreiche Er-
mahnung meiner Lehrer haette tief eindringen
sollen. Sie sagten mir, so viel ich noch weiss,
das nehmliche, was ich in den Lectionen oft
gehört hatte, dass diess unnatürliche teuflische
Verbrechen (sie schienen es im ganzen Ernst
schlechterdings für eine Wirkung des Teu-
fels zu halten) durch göttliche Gesetze ver-
boten, und eine Pest für die Gesundheit waere,
dass man die Reizung dazu durch Maesigkeit
und Gebet vermeiden müsste u. s. w. Vor-
stellungen, die bey aller ihrer Wahrheit den-
noch wenig rauhrten, weil ich nicht einsahe,
wie das zugehn sollte, dass man durch das,
was ich gethan hatte, seine Gesundheit zu
Grunde richten sollte. Den Verlust der edel-
sten Saefte konnte ich nicht für etwas schaedliches
ansehen, da ich das, was mir bey solchen Ge-
legenheiten entgieng, für nichts anders als für

Urin
(Von heimlichen Sünden.) (T)

Lehrer hatten zwar oft und ernſtlich dawi-
der geeifert, aber es gieng mir, wie dem Re-
he mit dem Tieger, man hatte mirs zu ſchreck-
lich vorgeſtellt, und drüber hatte ichs nicht
erkannt. Ich war ûber mich ſelbſt erſtaunt,
daſs ich, ohne mein Wiſſen, dieſes ſchreckliche
Verbrechen begangen haben ſollte, und zu
ſehr auſſer mir, als daſs die liebreiche Er-
mahnung meiner Lehrer hætte tief eindringen
ſollen. Sie ſagten mir, ſo viel ich noch weiſs,
das nehmliche, was ich in den Lectionen oft
gehört hatte, daſs dieſs unnatürliche teufliſche
Verbrechen (ſie ſchienen es im ganzen Ernſt
ſchlechterdings für eine Wirkung des Teu-
fels zu halten) durch göttliche Geſetze ver-
boten, und eine Peſt für die Geſundheit wære,
daſs man die Reizung dazu durch Mæſigkeit
und Gebet vermeiden müſste u. ſ. w. Vor-
ſtellungen, die bey aller ihrer Wahrheit den-
noch wenig rûhrten, weil ich nicht einſahe,
wie das zugehn ſollte, daſs man durch das,
was ich gethan hatte, ſeine Geſundheit zu
Grunde richten ſollte. Den Verluſt der edel-
ſten Sæfte konnte ich nicht für etwas ſchædliches
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legenheiten entgieng, für nichts anders als für

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[289/0299] Lehrer hatten zwar oft und ernſtlich dawi- der geeifert, aber es gieng mir, wie dem Re- he mit dem Tieger, man hatte mirs zu ſchreck- lich vorgeſtellt, und drüber hatte ichs nicht erkannt. Ich war ûber mich ſelbſt erſtaunt, daſs ich, ohne mein Wiſſen, dieſes ſchreckliche Verbrechen begangen haben ſollte, und zu ſehr auſſer mir, als daſs die liebreiche Er- mahnung meiner Lehrer hætte tief eindringen ſollen. Sie ſagten mir, ſo viel ich noch weiſs, das nehmliche, was ich in den Lectionen oft gehört hatte, daſs dieſs unnatürliche teufliſche Verbrechen (ſie ſchienen es im ganzen Ernſt ſchlechterdings für eine Wirkung des Teu- fels zu halten) durch göttliche Geſetze ver- boten, und eine Peſt für die Geſundheit wære, daſs man die Reizung dazu durch Mæſigkeit und Gebet vermeiden müſste u. ſ. w. Vor- ſtellungen, die bey aller ihrer Wahrheit den- noch wenig rûhrten, weil ich nicht einſahe, wie das zugehn ſollte, daſs man durch das, was ich gethan hatte, ſeine Geſundheit zu Grunde richten ſollte. Den Verluſt der edel- ſten Sæfte konnte ich nicht für etwas ſchædliches anſehen, da ich das, was mir bey ſolchen Ge- legenheiten entgieng, für nichts anders als für Urin (Von heimlichen Sünden.) (T)

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Zitationshilfe: Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/299>, abgerufen am 22.11.2024.