Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785.Gründe wider den Selbstmord. trauende Seelenstille in allen Leiden,und die freudige Thätigkeit in allem, was Geschäft, Beruf, Pflicht heißt, kurz, daß die unermüdliche Wirk- samkeit, und Duldsamkeit des menschlichen Geistes nach dem Win- ke des himmlischen Vaters -- erste, einzige, höchste Tugend sey. 9. Sie lehret, daß jeder Odemzug ein Geschenk des Vaters der Menschen, von seiner milden Vaterhand darge- reicht sey; daß Er (der Allbeleber) jedem Dinge, welches ist und lebt, sein Daseyn und Leben darreiche, daß es also gegen die liebvolle und weise Absicht der Quelle alles Lebens gehan- delt sey, wenn wir dem, der uns den Odemzug darreicht, um zu ath- men, das Leben, um zu leben, Odem und Leben eigenmächtig zurück- geben. Denn, wenn es die Weis- heit des Schöpfers für gut fände, daß wir in diesem Augenblicke nicht mehr athmen, nicht mehr seyn soll- ten: D 3
Gruͤnde wider den Selbſtmord. trauende Seelenſtille in allen Leiden,und die freudige Thaͤtigkeit in allem, was Geſchaͤft, Beruf, Pflicht heißt, kurz, daß die unermuͤdliche Wirk- ſamkeit, und Duldſamkeit des menſchlichen Geiſtes nach dem Win- ke des himmliſchen Vaters — erſte, einzige, hoͤchſte Tugend ſey. 9. Sie lehret, daß jeder Odemzug ein Geſchenk des Vaters der Menſchen, von ſeiner milden Vaterhand darge- reicht ſey; daß Er (der Allbeleber) jedem Dinge, welches iſt und lebt, ſein Daſeyn und Leben darreiche, daß es alſo gegen die liebvolle und weiſe Abſicht der Quelle alles Lebens gehan- delt ſey, wenn wir dem, der uns den Odemzug darreicht, um zu ath- men, das Leben, um zu leben, Odem und Leben eigenmaͤchtig zuruͤck- geben. Denn, wenn es die Weis- heit des Schoͤpfers fuͤr gut faͤnde, daß wir in dieſem Augenblicke nicht mehr athmen, nicht mehr ſeyn ſoll- ten: D 3
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Gruͤnde wider den Selbſtmord.
trauende Seelenſtille in allen Leiden,
und die freudige Thaͤtigkeit in allem,
was Geſchaͤft, Beruf, Pflicht heißt,
kurz, daß die unermuͤdliche Wirk-
ſamkeit, und Duldſamkeit des
menſchlichen Geiſtes nach dem Win-
ke des himmliſchen Vaters — erſte,
einzige, hoͤchſte Tugend ſey.
9. Sie lehret, daß jeder Odemzug ein
Geſchenk des Vaters der Menſchen,
von ſeiner milden Vaterhand darge-
reicht ſey; daß Er (der Allbeleber)
jedem Dinge, welches iſt und lebt,
ſein Daſeyn und Leben darreiche, daß
es alſo gegen die liebvolle und weiſe
Abſicht der Quelle alles Lebens gehan-
delt ſey, wenn wir dem, der uns
den Odemzug darreicht, um zu ath-
men, das Leben, um zu leben,
Odem und Leben eigenmaͤchtig zuruͤck-
geben. Denn, wenn es die Weis-
heit des Schoͤpfers fuͤr gut faͤnde,
daß wir in dieſem Augenblicke nicht
mehr athmen, nicht mehr ſeyn ſoll-
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