Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785.Erster Abschnitt. wegzuwerfen, wenn er glaubt, daß die Dauerseines Geistesleben ewig ist, und die kom- mende Periode desselben mit der gegenwärti- gen in Verbindung steht. Ich sage nur: daß der Mensch, der sein Leben wegwirft, wie wenn er eine versengte Blume in den vorbeyfliessenden Bach würfe, ein köstlich Geschenk wegwerfe, und daß dieß Weg- werfen Entweihung des Geschenkes sey. Dieß sage ich, und dieß zeigt den Der sechste Grund führt den Selbst- für
Erſter Abſchnitt. wegzuwerfen, wenn er glaubt, daß die Dauerſeines Geiſtesleben ewig iſt, und die kom- mende Periode deſſelben mit der gegenwaͤrti- gen in Verbindung ſteht. Ich ſage nur: daß der Menſch, der ſein Leben wegwirft, wie wenn er eine verſengte Blume in den vorbeyflieſſenden Bach wuͤrfe, ein koͤſtlich Geſchenk wegwerfe, und daß dieß Weg- werfen Entweihung des Geſchenkes ſey. Dieß ſage ich, und dieß zeigt den Der ſechste Grund fuͤhrt den Selbſt- fuͤr
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Erſter Abſchnitt.
wegzuwerfen, wenn er glaubt, daß die Dauer
ſeines Geiſtesleben ewig iſt, und die kom-
mende Periode deſſelben mit der gegenwaͤrti-
gen in Verbindung ſteht. Ich ſage nur:
daß der Menſch, der ſein Leben wegwirft,
wie wenn er eine verſengte Blume in den
vorbeyflieſſenden Bach wuͤrfe, ein koͤſtlich
Geſchenk wegwerfe, und daß dieß Weg-
werfen Entweihung des Geſchenkes ſey.
Dieß ſage ich, und dieß zeigt den
Selbſtmord von einer Seite, die ſich, und
ihn nicht empfiehlt — die ſich und ihn je-
dem, der den wahren Werth der Dinge
pruͤft, als verabſcheuungswerth darſtellen
muß.
Der ſechste Grund fuͤhrt den Selbſt-
mord in das Triebhaus aller Moralitaͤt zu-
ruͤck — — und beweiſet, daß erleuchtete
Liebe, die ſich zum Schoͤpfer ſchwingt, und
vom Schoͤpfer zum Ich, und zum Bruder-
geſchlechte des Ichs herunterſteigt, und die-
ſes große Drey zugleich umfaßt, dieſer Adel
der Vernunftgeſchoͤpfe — nie Triebfeder zum
Selbſtmorde werden kann. Gruͤnde genug
fuͤr
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