diese Stelle verläßt, ist wieder keiner Be- zweiflung fähig.
Daß das Geschöpf kein Recht hat, sei- ne Stelle gegen die offenbaren Winke des Schöpfers eigenmächtig zu verlassen, das liegt in dem großen Verhältnisse zwischen Geschöpf und Schöpfer --
Wer ein Geschöpf denkt, denkt ein abhängig Wesen von dem Willen des Schöp- fers. Wer diese Abhängigkeit läugnet, läugnet das Daseyn des Schöpfers. Wer das Daseyn des Schöpfers läugnet, wem diese erste Wahrheit nicht erste Wahrheit ist, der kann freylich keinen Sinn für dieses Büchlein haben: zumal er keinen für die Natur hat.
Die Abhängigkeit des Geschöpfes vom Schöpfer ist also nicht mehr, und nicht we- niger gewiß, als gewiß das Geschöpf Ge- schöpf, und der Schöpfer Schöpfer ist.
Daß der Schöpfer das erste, ursprüng- liche Recht hat, das Geschöpf von der Stel[-] le dieses Lebens abzurufen, wenn es sein[e]
Weis[-]
Erſter Abſchnitt.
dieſe Stelle verlaͤßt, iſt wieder keiner Be- zweiflung faͤhig.
Daß das Geſchoͤpf kein Recht hat, ſei- ne Stelle gegen die offenbaren Winke des Schoͤpfers eigenmaͤchtig zu verlaſſen, das liegt in dem großen Verhaͤltniſſe zwiſchen Geſchoͤpf und Schoͤpfer —
Wer ein Geſchoͤpf denkt, denkt ein abhaͤngig Weſen von dem Willen des Schoͤp- fers. Wer dieſe Abhaͤngigkeit laͤugnet, laͤugnet das Daſeyn des Schoͤpfers. Wer das Daſeyn des Schoͤpfers laͤugnet, wem dieſe erſte Wahrheit nicht erſte Wahrheit iſt, der kann freylich keinen Sinn fuͤr dieſes Buͤchlein haben: zumal er keinen fuͤr die Natur hat.
Die Abhaͤngigkeit des Geſchoͤpfes vom Schoͤpfer iſt alſo nicht mehr, und nicht we- niger gewiß, als gewiß das Geſchoͤpf Ge- ſchoͤpf, und der Schoͤpfer Schoͤpfer iſt.
Daß der Schoͤpfer das erſte, urſpruͤng- liche Recht hat, das Geſchoͤpf von der Stel[-] le dieſes Lebens abzurufen, wenn es ſein[e]
Weis[-]
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Erſter Abſchnitt.
dieſe Stelle verlaͤßt, iſt wieder keiner Be-
zweiflung faͤhig.
Daß das Geſchoͤpf kein Recht hat, ſei-
ne Stelle gegen die offenbaren Winke des
Schoͤpfers eigenmaͤchtig zu verlaſſen, das
liegt in dem großen Verhaͤltniſſe zwiſchen
Geſchoͤpf und Schoͤpfer —
Wer ein Geſchoͤpf denkt, denkt ein
abhaͤngig Weſen von dem Willen des Schoͤp-
fers. Wer dieſe Abhaͤngigkeit laͤugnet,
laͤugnet das Daſeyn des Schoͤpfers. Wer
das Daſeyn des Schoͤpfers laͤugnet, wem
dieſe erſte Wahrheit nicht erſte Wahrheit iſt,
der kann freylich keinen Sinn fuͤr dieſes
Buͤchlein haben: zumal er keinen fuͤr die
Natur hat.
Die Abhaͤngigkeit des Geſchoͤpfes vom
Schoͤpfer iſt alſo nicht mehr, und nicht we-
niger gewiß, als gewiß das Geſchoͤpf Ge-
ſchoͤpf, und der Schoͤpfer Schoͤpfer iſt.
Daß der Schoͤpfer das erſte, urſpruͤng-
liche Recht hat, das Geſchoͤpf von der Stel-
le dieſes Lebens abzurufen, wenn es ſeine
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Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_selbstmord_1785/30>, abgerufen am 16.07.2024.
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