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Sailer, Johann Michael: Kurzgefaßte Erinnerungen an junge Prediger. München, 1791.

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die geistzerdrückende Sinnlichkeit, theils die reizenden
Beyspiele
des Lasters, das Licht, das uns zum Guten
weiset, in uns verdunkeln; und wer der Beyspiele,
die zur Tugend locken, so leicht entbehren zu kön-
nen glaubt, der kennt sich nicht und die Tugend nicht,
und die kritischen Augenblicke nicht, in denen der En-
gel vom Satan, Unschuld von Sünde, um kein Jota
mehr -- von einander sind. Ein Stab auf schlüpfrigen
Wegen thut gute Dienste dem, der ihn hat und ge-
brauchen will und gebrauchen kann. Diess ist der
Werth der Tugendbeyspiele.

Sie führt e. den, der sich der Hoffnung freut,
Jesum in seiner Herrlichkeit zu sehen, durch eben diese
Hoffnung, zum neuen Eifer, sich zu reinigen, wie
Jesus rein ist, damit er fähig und würdig werde, Ihn
zu sehen, wie Er ist. "Meine Lieben, spricht sie, wir
sind Kinder Gottes, und noch ist nicht erschienen, was
wir seyn werden. Wir wissen, wenn Er erscheinen
wird, dass wir Ihm gleich seyn werden; denn wir wer-
den Ihn sehen, wie Er ist. Und ein jeder, der solche
Hoffnung hat zn Ihm, der reiniget sich, gleichwie
auch Er rein ist
(I. Joh. III. 2. 3.).

Die herrliche Zukunft -- gründet also in den
Kindern Gottes die Hoffnung, und die Hoffnung treibt
sie zur vollkommnern Reinigung, und die vollkomm-
nere Reinigung macht sie einer herrlichern Zukunft
fähig und werth. So kann denn auch sogar die Hoff-
nung
ein Triebrad zur Reinigung werden -- wenn
wir nur wollen.

Sie

die geiſtzerdrückende Sinnlichkeit, theils die reizenden
Beyſpiele
des Laſters, das Licht, das uns zum Guten
weiſet, in uns verdunkeln; und wer der Beyſpiele,
die zur Tugend locken, ſo leicht entbehren zu kön-
nen glaubt, der kennt ſich nicht und die Tugend nicht,
und die kritiſchen Augenblicke nicht, in denen der En-
gel vom Satan, Unſchuld von Sünde, um kein Jota
mehr — von einander ſind. Ein Stab auf ſchlüpfrigen
Wegen thut gute Dienſte dem, der ihn hat und ge-
brauchen will und gebrauchen kann. Dieſs iſt der
Werth der Tugendbeyſpiele.

Sie führt e. den, der ſich der Hoffnung freut,
Jeſum in ſeiner Herrlichkeit zu ſehen, durch eben dieſe
Hoffnung, zum neuen Eifer, ſich zu reinigen, wie
Jeſus rein iſt, damit er fähig und würdig werde, Ihn
zu ſehen, wie Er iſt. „Meine Lieben, ſpricht ſie, wir
ſind Kinder Gottes, und noch iſt nicht erſchienen, was
wir ſeyn werden. Wir wiſſen, wenn Er erſcheinen
wird, daſs wir Ihm gleich ſeyn werden; denn wir wer-
den Ihn ſehen, wie Er iſt. Und ein jeder, der ſolche
Hoffnung hat zn Ihm, der reiniget ſich, gleichwie
auch Er rein iſt
(I. Joh. III. 2. 3.).

Die herrliche Zukunft — gründet alſo in den
Kindern Gottes die Hoffnung, und die Hoffnung treibt
ſie zur vollkommnern Reinigung, und die vollkomm-
nere Reinigung macht ſie einer herrlichern Zukunft
fähig und werth. So kann denn auch ſogar die Hoff-
nung
ein Triebrad zur Reinigung werden — wenn
wir nur wollen.

Sie
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[74/0088] die geiſtzerdrückende Sinnlichkeit, theils die reizenden Beyſpiele des Laſters, das Licht, das uns zum Guten weiſet, in uns verdunkeln; und wer der Beyſpiele, die zur Tugend locken, ſo leicht entbehren zu kön- nen glaubt, der kennt ſich nicht und die Tugend nicht, und die kritiſchen Augenblicke nicht, in denen der En- gel vom Satan, Unſchuld von Sünde, um kein Jota mehr — von einander ſind. Ein Stab auf ſchlüpfrigen Wegen thut gute Dienſte dem, der ihn hat und ge- brauchen will und gebrauchen kann. Dieſs iſt der Werth der Tugendbeyſpiele. Sie führt e. den, der ſich der Hoffnung freut, Jeſum in ſeiner Herrlichkeit zu ſehen, durch eben dieſe Hoffnung, zum neuen Eifer, ſich zu reinigen, wie Jeſus rein iſt, damit er fähig und würdig werde, Ihn zu ſehen, wie Er iſt. „Meine Lieben, ſpricht ſie, wir ſind Kinder Gottes, und noch iſt nicht erſchienen, was wir ſeyn werden. Wir wiſſen, wenn Er erſcheinen wird, daſs wir Ihm gleich ſeyn werden; denn wir wer- den Ihn ſehen, wie Er iſt. Und ein jeder, der ſolche Hoffnung hat zn Ihm, der reiniget ſich, gleichwie auch Er rein iſt (I. Joh. III. 2. 3.). Die herrliche Zukunft — gründet alſo in den Kindern Gottes die Hoffnung, und die Hoffnung treibt ſie zur vollkommnern Reinigung, und die vollkomm- nere Reinigung macht ſie einer herrlichern Zukunft fähig und werth. So kann denn auch ſogar die Hoff- nung ein Triebrad zur Reinigung werden — wenn wir nur wollen. Sie

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Zitationshilfe: Sailer, Johann Michael: Kurzgefaßte Erinnerungen an junge Prediger. München, 1791, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_prediger_1791/88>, abgerufen am 19.04.2024.