Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sagittarius, Paul Martin; Gryphius, Andreas: Der enthaüptete Carl Stuart/ König in Groß-Brittanien. [Altenburg], 1671.

Bild:
<< vorherige Seite


Hochgeneigter Leser!

WEnn die studirende Jugend bey Vorstellung ei-
nes Freuden- oder Trauer-Spiels angeführet wird/ em-
pfindet sie davon nicht geringen Nutzen; denn zugeschwei-
gen derer vielen Nutzbarkeiten bekömmt sie an statt der Blö-
digkeit einen unerschrockenen Muth zu reden/ sie erlanget ei-
ne zierliche/ wohlklingende/ und mit denen Gemüths-Nei-
gungen übereinkommende Außrede/ und erlernet allerhand wohlanständige Sit-
ten und Stellungen. Und auff diesen herrlichen Nutzen haben zweiffels ohn[e]
die Herrn Inspectores hiesiger Schulen gesehen/ in dem sie unter andern gu[te]
Satzungen verordnet/ daß nach Gelegenheit ein Draman der Jugend zum be-
sten auffgeführet werde. Dieser löblichen Anordnung nun gehorsamst nach[-]
zuleben/ habe ich den enthäupteten König in Groß Britannien/ Carl Stuart
ten aus des gelehrten Hn. Andr. Gryphii Seel. Trauer-Spielen vorzustellen
erkohren. Damit aber der Hochgeneigte Leser einigen entwurff dieses Trauer-
Spiels haben möge/ will ich den Jnhalt iedweder Handlung/ deren fünff/ m[it]
wenigen anzeigen. Den Schauplatz eröffnet nach gewöhnlicher art der Vor-
redner/ welcher in deutschen Reymen andeutet/ was obangeregtes Trauer-
Spiel in sich begreiffe/ und ersuchet die sämtlichen Anwesenden ümb willige[n]
Anschauen und geneigtes Gehör. Darauff fähet an

Die erste Handlung
und deroselben
Erster Aufftritt.

DJe Gemahlin des Feldherrn Fairfax betrübet sich über des Königs be-
vorstehenden Todt/ beschliesset alle mühe anzuwenden/ ümb den König
zu retten: Eröffnet ihre Gedancken ihren ankommenden Gemahl/ welchen sie
mit beweglichen Worten und zu zweyenmalen geschehenen Fußfalle endlich be-
redet/ daß er mit Mund und Hand verspricht/ den König dem Richtbeil zu ent-
ziehen: Worüber sie sich/ nach dem er von ihr geschieden/ höchlich erfreuet.

Der andere Aufftritt.

HUgo Peter, Uhrheber der Independentischen oder freyen Rotte/ und O[b-]
brister neben Daniel Axteln/ Obristen gedencket gegen Wilhelm Hewle[t]
Obristen/ (der/ nach dem der Nachrichter die Hand an den König zu legen ver-
weigert/ aus der Versamlung getreten/ und sich zu dieser That angeboten) wie
hoch er sich bedient mache/ daß er die Execution auff sich genommen. Berath-
schlagen sich miteinander/ wie dem Könige zu begegnen/ wenn er sich wiederse-
tzen wolte.

Der dritte Aufftritt.

DJe ermordeten Engelländischen Könige Edward I. Wilhelm der Rothe[.]
Richard I. Edward II. Richard II. Johannes und Heinrich VI. singe[n]
nachgesetztes Lied.

I. Chor


Hochgeneigter Leſer!

WEnn die ſtudirende Jugend bey Vorſtellung ei-
nes Freuden- oder Trauer-Spiels angefuͤhret wird/ em-
pfindet ſie davon nicht geringen Nutzen; denn zugeſchwei-
gen derer vielen Nutzbarkeiten bekoͤmmt ſie an ſtatt der Bloͤ-
digkeit einen unerſchrockenen Muth zu reden/ ſie erlanget ei-
ne zierliche/ wohlklingende/ und mit denen Gemuͤths-Nei-
gungen uͤbereinkom̃ende Außrede/ und erlernet allerhand wohlanſtaͤndige Sit-
ten und Stellungen. Und auff dieſen herrlichen Nutzen haben zweiffels ohn[e]
die Herrn Inſpectores hieſiger Schulen geſehen/ in dem ſie unter andern gu[te]
Satzungen verordnet/ daß nach Gelegenheit ein Dramā der Jugend zum be-
ſten auffgefuͤhret werde. Dieſer loͤblichen Anordnung nun gehorſamſt nach[-]
zuleben/ habe ich den enthaͤupteten Koͤnig in Groß Britannien/ Carl Stuart
ten aus des gelehrten Hn. Andr. Gryphii Seel. Trauer-Spielen vorzuſtellen
erkohren. Damit aber der Hochgeneigte Leſer einigen entwurff dieſes Trauer-
Spiels haben moͤge/ will ich den Jnhalt iedweder Handlung/ deren fuͤnff/ m[it]
wenigen anzeigen. Den Schauplatz eroͤffnet nach gewoͤhnlicher art der Vor-
redner/ welcher in deutſchen Reymen andeutet/ was obangeregtes Trauer-
Spiel in ſich begreiffe/ und erſuchet die ſaͤmtlichen Anweſenden uͤmb willige[n]
Anſchauen und geneigtes Gehoͤr. Darauff faͤhet an

Die erſte Handlung
und deroſelben
Erſter Aufftritt.

DJe Gemahlin des Feldherrn Fairfax betruͤbet ſich uͤber des Koͤnigs be-
vorſtehenden Todt/ beſchlieſſet alle muͤhe anzuwenden/ uͤmb den Koͤnig
zu retten: Eroͤffnet ihre Gedancken ihren ankommenden Gemahl/ welchen ſie
mit beweglichen Worten und zu zweyenmalen geſchehenen Fußfalle endlich be-
redet/ daß er mit Mund und Hand verſpricht/ den Koͤnig dem Richtbeil zu ent-
ziehen: Woruͤber ſie ſich/ nach dem er von ihr geſchieden/ hoͤchlich erfreuet.

Der andere Aufftritt.

HUgo Peter, Uhrheber der Independentiſchen oder freyen Rotte/ und O[b-]
briſter neben Daniel Axteln/ Obriſten gedencket gegen Wilhelm Hewle[t]
Obriſten/ (der/ nach dem der Nachrichter die Hand an den Koͤnig zu legen ver-
weigert/ aus der Verſamlung getreten/ und ſich zu dieſer That angeboten) wie
hoch er ſich bedient mache/ daß er die Execution auff ſich genommen. Berath-
ſchlagen ſich miteinander/ wie dem Koͤnige zu begegnen/ wenn er ſich wiederſe-
tzen wolte.

Der dritte Aufftritt.

DJe ermordeten Engellaͤndiſchen Koͤnige Edward I. Wilhelm der Rothe[.]
Richard I. Edward II. Richard II. Johannes und Heinrich VI. ſinge[n]
nachgeſetztes Lied.

I. Chor
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0002"/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Hochgeneigter Le&#x017F;er!</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">W</hi><hi rendition="#fr">Enn die &#x017F;tudirende Jugend bey Vor&#x017F;tellung ei-</hi><lb/>
nes Freuden- oder Trauer-Spiels angefu&#x0364;hret wird/ em-<lb/>
pfindet &#x017F;ie davon nicht geringen Nutzen; denn zuge&#x017F;chwei-<lb/>
gen derer vielen Nutzbarkeiten beko&#x0364;mmt &#x017F;ie an &#x017F;tatt der Blo&#x0364;-<lb/>
digkeit einen uner&#x017F;chrockenen Muth zu reden/ &#x017F;ie erlanget ei-<lb/>
ne zierliche/ wohlklingende/ und mit denen Gemu&#x0364;ths-Nei-<lb/>
gungen u&#x0364;bereinkom&#x0303;ende Außrede/ und erlernet allerhand wohlan&#x017F;ta&#x0364;ndige Sit-<lb/>
ten und Stellungen. Und auff die&#x017F;en herrlichen Nutzen haben zweiffels ohn<supplied>e</supplied><lb/>
die Herrn <hi rendition="#aq">In&#x017F;pectores</hi> hie&#x017F;iger Schulen ge&#x017F;ehen/ in dem &#x017F;ie unter andern gu<supplied>te</supplied><lb/>
Satzungen verordnet/ daß nach Gelegenheit ein <hi rendition="#aq">Drama&#x0304;</hi> der Jugend zum be-<lb/>
&#x017F;ten auffgefu&#x0364;hret werde. Die&#x017F;er lo&#x0364;blichen Anordnung nun gehor&#x017F;am&#x017F;t nach<supplied>-</supplied><lb/>
zuleben/ habe ich den entha&#x0364;upteten Ko&#x0364;nig in Groß Britannien/ Carl Stuart<lb/>
ten aus des gelehrten Hn. <hi rendition="#aq">Andr. Gryphii</hi> Seel. Trauer-Spielen vorzu&#x017F;tellen<lb/>
erkohren. Damit aber der Hochgeneigte Le&#x017F;er einigen entwurff die&#x017F;es Trauer-<lb/>
Spiels haben mo&#x0364;ge/ will ich den Jnhalt iedweder Handlung/ deren fu&#x0364;nff/ m<supplied>it</supplied><lb/>
wenigen anzeigen. Den Schauplatz ero&#x0364;ffnet nach gewo&#x0364;hnlicher art der Vor-<lb/>
redner/ welcher in deut&#x017F;chen Reymen andeutet/ was obangeregtes Trauer-<lb/>
Spiel in &#x017F;ich begreiffe/ und er&#x017F;uchet die &#x017F;a&#x0364;mtlichen Anwe&#x017F;enden u&#x0364;mb willige<supplied>n</supplied><lb/>
An&#x017F;chauen und geneigtes Geho&#x0364;r. Darauff fa&#x0364;het an</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Die er&#x017F;te Handlung</hi> </head><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">und dero&#x017F;elben<lb/>
Er&#x017F;ter Aufftritt.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>Je Gemahlin des Feldherrn Fairfax betru&#x0364;bet &#x017F;ich u&#x0364;ber des Ko&#x0364;nigs be-<lb/>
vor&#x017F;tehenden Todt/ be&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;et alle mu&#x0364;he anzuwenden/ u&#x0364;mb den Ko&#x0364;nig<lb/>
zu retten: Ero&#x0364;ffnet ihre Gedancken ihren ankommenden Gemahl/ welchen &#x017F;ie<lb/>
mit beweglichen Worten und zu zweyenmalen ge&#x017F;chehenen Fußfalle endlich be-<lb/>
redet/ daß er mit Mund und Hand ver&#x017F;pricht/ den Ko&#x0364;nig dem Richtbeil zu ent-<lb/>
ziehen: Woru&#x0364;ber &#x017F;ie &#x017F;ich/ nach dem er von ihr ge&#x017F;chieden/ ho&#x0364;chlich erfreuet.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Der andere Aufftritt.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#in">H</hi>Ugo Peter,</hi> Uhrheber der <hi rendition="#aq">Independenti</hi>&#x017F;chen oder freyen Rotte/ und O<supplied>b-</supplied><lb/>
bri&#x017F;ter neben Daniel Axteln/ Obri&#x017F;ten gedencket gegen Wilhelm Hewle<supplied>t</supplied><lb/>
Obri&#x017F;ten/ (der/ nach dem der Nachrichter die Hand an den Ko&#x0364;nig zu legen ver-<lb/>
weigert/ aus der Ver&#x017F;amlung getreten/ und &#x017F;ich zu die&#x017F;er That angeboten) wie<lb/>
hoch er &#x017F;ich bedient mache/ daß er die <hi rendition="#aq">Execution</hi> auff &#x017F;ich genommen. Berath-<lb/>
&#x017F;chlagen &#x017F;ich miteinander/ wie dem Ko&#x0364;nige zu begegnen/ wenn er &#x017F;ich wieder&#x017F;e-<lb/>
tzen wolte.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Der dritte Aufftritt.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>Je ermordeten Engella&#x0364;ndi&#x017F;chen Ko&#x0364;nige Edward <hi rendition="#aq">I.</hi> Wilhelm der Rothe<supplied>.</supplied><lb/>
Richard <hi rendition="#aq">I.</hi> Edward <hi rendition="#aq">II.</hi> Richard <hi rendition="#aq">II.</hi> Johannes und Heinrich <hi rendition="#aq">VI.</hi> &#x017F;inge<supplied>n</supplied><lb/>
nachge&#x017F;etztes Lied.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">I.</hi> Chor</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0002] Hochgeneigter Leſer! WEnn die ſtudirende Jugend bey Vorſtellung ei- nes Freuden- oder Trauer-Spiels angefuͤhret wird/ em- pfindet ſie davon nicht geringen Nutzen; denn zugeſchwei- gen derer vielen Nutzbarkeiten bekoͤmmt ſie an ſtatt der Bloͤ- digkeit einen unerſchrockenen Muth zu reden/ ſie erlanget ei- ne zierliche/ wohlklingende/ und mit denen Gemuͤths-Nei- gungen uͤbereinkom̃ende Außrede/ und erlernet allerhand wohlanſtaͤndige Sit- ten und Stellungen. Und auff dieſen herrlichen Nutzen haben zweiffels ohne die Herrn Inſpectores hieſiger Schulen geſehen/ in dem ſie unter andern gute Satzungen verordnet/ daß nach Gelegenheit ein Dramā der Jugend zum be- ſten auffgefuͤhret werde. Dieſer loͤblichen Anordnung nun gehorſamſt nach- zuleben/ habe ich den enthaͤupteten Koͤnig in Groß Britannien/ Carl Stuart ten aus des gelehrten Hn. Andr. Gryphii Seel. Trauer-Spielen vorzuſtellen erkohren. Damit aber der Hochgeneigte Leſer einigen entwurff dieſes Trauer- Spiels haben moͤge/ will ich den Jnhalt iedweder Handlung/ deren fuͤnff/ mit wenigen anzeigen. Den Schauplatz eroͤffnet nach gewoͤhnlicher art der Vor- redner/ welcher in deutſchen Reymen andeutet/ was obangeregtes Trauer- Spiel in ſich begreiffe/ und erſuchet die ſaͤmtlichen Anweſenden uͤmb willigen Anſchauen und geneigtes Gehoͤr. Darauff faͤhet an Die erſte Handlung und deroſelben Erſter Aufftritt. DJe Gemahlin des Feldherrn Fairfax betruͤbet ſich uͤber des Koͤnigs be- vorſtehenden Todt/ beſchlieſſet alle muͤhe anzuwenden/ uͤmb den Koͤnig zu retten: Eroͤffnet ihre Gedancken ihren ankommenden Gemahl/ welchen ſie mit beweglichen Worten und zu zweyenmalen geſchehenen Fußfalle endlich be- redet/ daß er mit Mund und Hand verſpricht/ den Koͤnig dem Richtbeil zu ent- ziehen: Woruͤber ſie ſich/ nach dem er von ihr geſchieden/ hoͤchlich erfreuet. Der andere Aufftritt. HUgo Peter, Uhrheber der Independentiſchen oder freyen Rotte/ und Ob- briſter neben Daniel Axteln/ Obriſten gedencket gegen Wilhelm Hewlet Obriſten/ (der/ nach dem der Nachrichter die Hand an den Koͤnig zu legen ver- weigert/ aus der Verſamlung getreten/ und ſich zu dieſer That angeboten) wie hoch er ſich bedient mache/ daß er die Execution auff ſich genommen. Berath- ſchlagen ſich miteinander/ wie dem Koͤnige zu begegnen/ wenn er ſich wiederſe- tzen wolte. Der dritte Aufftritt. DJe ermordeten Engellaͤndiſchen Koͤnige Edward I. Wilhelm der Rothe. Richard I. Edward II. Richard II. Johannes und Heinrich VI. ſingen nachgeſetztes Lied. I. Chor

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sagittarius_carlstuart_1671
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sagittarius_carlstuart_1671/2
Zitationshilfe: Sagittarius, Paul Martin; Gryphius, Andreas: Der enthaüptete Carl Stuart/ König in Groß-Brittanien. [Altenburg], 1671, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sagittarius_carlstuart_1671/2>, abgerufen am 22.11.2024.