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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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der Organe von Caesalpin bis auf Linne.
sich vielmehr bei Morison, Ray und Rivinus besser findet,
wunderliche Mißgriffe; so schließt er z. B. denjenigen Pflanzen,
welche keine Blüthe und Frucht besitzen, auch diejenigen an, bei
denen diese Theile nur unter dem Mikroskop zu erkennen sind;
die Kleinheit gilt also gleich mit der Abwesenheit der Organe.
Die klägliche Beschaffenheit seiner Blüthentheorie fällt um so
mehr auf, als damals (1700) bereits die trefflichen Untersuchungen
Malpighi's und Grew's über den Blüthen- Frucht- und
Samenbau vorlagen und bereits Rudolph Jacob Camer-
arius seine Entdeckung der Sexualität im Pflanzenreich bekannt
gemacht hatte; von dieser letzteren aber wollte Tournefort
ausdrücklich Nichts wissen. Der Vorwurf, die Vorarbeiten
Malpighi's und Grew's nicht benutzt zu haben, trifft Ri-
vinus und die Systematiker bis auf A. L. de Jussieu in
ebenso hohem Grade; wir haben da eben nur die ersten Bei-
spiele der später so oft bewährten Thatsache vor uns, daß die
Systematiker von Fach mit einer gewissen Aengstlichkeit sich von
den Ergebnissen feinerer morphologischer Forschung fern hielten
und wo möglich ihre Eintheilungsgründe von leicht wahrnehm-
baren Aeußerlichkeiten der Pflanze hernahmen, ein Verfahren,
welches mehr als Alles andere den Ausbau des Pflanzensystems
aufgehalten hat.

Was nun das System Tournefort's betrifft, so ist das-
selbe ein durchaus künstliches, in wo möglich noch höherem Grade
als das des Rivinus und jedenfalls dem des Ray unter-
geordnet. Wenn wir auch einzelnen wirklich natürlichen Gruppen
begegnen, so kommt das einfach daher, daß eben in manchen
Familien die Gattungen in allen Merkmalen so übereinstimmen,
daß sie nothwendig vereinigt bleiben, gleichgiltig, ob man dieses
oder jenes Merkmal herausgreift. Die bei Ray schon ganz von
den Phanerogamen geschiedenen Cryptogamen, sowie die Ein-
theilung der Holzpflanzen und Kräuter in Monocotylen und
Dicotylen finden wir bei Tournefort nicht reproducirt; trüge
sein Hauptwerk, an welches wir uns hier halten, die Institutiones
rei herbariae
, nicht die Jahreszahl 1700, so könnte man fast

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der Organe von Caeſalpin bis auf Linné.
ſich vielmehr bei Moriſon, Ray und Rivinus beſſer findet,
wunderliche Mißgriffe; ſo ſchließt er z. B. denjenigen Pflanzen,
welche keine Blüthe und Frucht beſitzen, auch diejenigen an, bei
denen dieſe Theile nur unter dem Mikroskop zu erkennen ſind;
die Kleinheit gilt alſo gleich mit der Abweſenheit der Organe.
Die klägliche Beſchaffenheit ſeiner Blüthentheorie fällt um ſo
mehr auf, als damals (1700) bereits die trefflichen Unterſuchungen
Malpighi's und Grew's über den Blüthen- Frucht- und
Samenbau vorlagen und bereits Rudolph Jacob Camer-
arius ſeine Entdeckung der Sexualität im Pflanzenreich bekannt
gemacht hatte; von dieſer letzteren aber wollte Tournefort
ausdrücklich Nichts wiſſen. Der Vorwurf, die Vorarbeiten
Malpighi's und Grew's nicht benutzt zu haben, trifft Ri-
vinus und die Syſtematiker bis auf A. L. de Juſſieu in
ebenſo hohem Grade; wir haben da eben nur die erſten Bei-
ſpiele der ſpäter ſo oft bewährten Thatſache vor uns, daß die
Syſtematiker von Fach mit einer gewiſſen Aengſtlichkeit ſich von
den Ergebniſſen feinerer morphologiſcher Forſchung fern hielten
und wo möglich ihre Eintheilungsgründe von leicht wahrnehm-
baren Aeußerlichkeiten der Pflanze hernahmen, ein Verfahren,
welches mehr als Alles andere den Ausbau des Pflanzenſyſtems
aufgehalten hat.

Was nun das Syſtem Tournefort's betrifft, ſo iſt das-
ſelbe ein durchaus künſtliches, in wo möglich noch höherem Grade
als das des Rivinus und jedenfalls dem des Ray unter-
geordnet. Wenn wir auch einzelnen wirklich natürlichen Gruppen
begegnen, ſo kommt das einfach daher, daß eben in manchen
Familien die Gattungen in allen Merkmalen ſo übereinſtimmen,
daß ſie nothwendig vereinigt bleiben, gleichgiltig, ob man dieſes
oder jenes Merkmal herausgreift. Die bei Ray ſchon ganz von
den Phanerogamen geſchiedenen Cryptogamen, ſowie die Ein-
theilung der Holzpflanzen und Kräuter in Monocotylen und
Dicotylen finden wir bei Tournefort nicht reproducirt; trüge
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, nicht die Jahreszahl 1700, ſo könnte man faſt

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[83/0095] der Organe von Caeſalpin bis auf Linné. ſich vielmehr bei Moriſon, Ray und Rivinus beſſer findet, wunderliche Mißgriffe; ſo ſchließt er z. B. denjenigen Pflanzen, welche keine Blüthe und Frucht beſitzen, auch diejenigen an, bei denen dieſe Theile nur unter dem Mikroskop zu erkennen ſind; die Kleinheit gilt alſo gleich mit der Abweſenheit der Organe. Die klägliche Beſchaffenheit ſeiner Blüthentheorie fällt um ſo mehr auf, als damals (1700) bereits die trefflichen Unterſuchungen Malpighi's und Grew's über den Blüthen- Frucht- und Samenbau vorlagen und bereits Rudolph Jacob Camer- arius ſeine Entdeckung der Sexualität im Pflanzenreich bekannt gemacht hatte; von dieſer letzteren aber wollte Tournefort ausdrücklich Nichts wiſſen. Der Vorwurf, die Vorarbeiten Malpighi's und Grew's nicht benutzt zu haben, trifft Ri- vinus und die Syſtematiker bis auf A. L. de Juſſieu in ebenſo hohem Grade; wir haben da eben nur die erſten Bei- ſpiele der ſpäter ſo oft bewährten Thatſache vor uns, daß die Syſtematiker von Fach mit einer gewiſſen Aengſtlichkeit ſich von den Ergebniſſen feinerer morphologiſcher Forſchung fern hielten und wo möglich ihre Eintheilungsgründe von leicht wahrnehm- baren Aeußerlichkeiten der Pflanze hernahmen, ein Verfahren, welches mehr als Alles andere den Ausbau des Pflanzenſyſtems aufgehalten hat. Was nun das Syſtem Tournefort's betrifft, ſo iſt das- ſelbe ein durchaus künſtliches, in wo möglich noch höherem Grade als das des Rivinus und jedenfalls dem des Ray unter- geordnet. Wenn wir auch einzelnen wirklich natürlichen Gruppen begegnen, ſo kommt das einfach daher, daß eben in manchen Familien die Gattungen in allen Merkmalen ſo übereinſtimmen, daß ſie nothwendig vereinigt bleiben, gleichgiltig, ob man dieſes oder jenes Merkmal herausgreift. Die bei Ray ſchon ganz von den Phanerogamen geſchiedenen Cryptogamen, ſowie die Ein- theilung der Holzpflanzen und Kräuter in Monocotylen und Dicotylen finden wir bei Tournefort nicht reproducirt; trüge ſein Hauptwerk, an welches wir uns hier halten, die Institutiones rei herbariae, nicht die Jahreszahl 1700, ſo könnte man faſt 6*

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/95>, abgerufen am 24.11.2024.