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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Geschichte der Phytodynamik.
theoretisch beleuchtete und, neben manchem sonst Lehrreichen, Du-
trochet's von Mohl acceptirte, auf Endosmose und Gewebe-
struktur gegründete Theorie mit der einfachen Bemerkung be-
seitigte, daß auch einzellige Organe geotropische Krümmungen
zeigen, wie denn überhaupt im Lauf der sechziger und siebziger
Jahre erkannt worden ist, welch' große theoretische Bedeutung
die Thatsache besitzt, daß abgesehen von den Reizbewegungen die
verschiedensten phytodynamischen Erscheinungen auch an einzelligen
Organen auftreten.

Es wurde oben darauf aufmerksam gemacht, daß Corti's
1772 gemachte, von Treviranus 1811 wiederholte Ent-
deckung der Circulation in den Zellen ohne theoretisches Ergeb-
niß blieb und im Grunde war es auch so mit den späteren Be-
obachtungen Amici's, Meyen's und Schleiden's, durch
welche zunächst die große Verbreitung derartiger Bewegungen
in den Pflanzenzellen constatirt wurde. Ebenso waren die schon
vor 1840 bekannten, ziemlich zahlreichen Fälle der Schwärm-
sporenbewegungen mehr ein Gegenstand der Verwunderung als
wissenschaftlicher Betrachtung; diese letztere konnte in der That
erst dann Platz greifen, als Nägeli und Mohl 1846 in dem
Protoplasma das wahre Substrat der sogenannten Saftbewegung
in den Zellen erkannten, und 1848 Alexander Braun die
Schwärmsporen als hautlose Protoplasmamassen, aber als wahre
Pflanzenzellen proklamirte. Man hatte also nunmehr ein neues
Substrat und zwar das allereinfachste für die Pflanzenbeweg-
ungen entdeckt und Nägeli machte schon 1849 den Versuch,
die Bewegungen der Schwärmsporen mechanisch zu erklären.
Kam es bezüglich dieser Erscheinungen, für welche 1859 De
Bary
in den Myxomyceten die lehrreichsten Objekte aufwies,
noch zu keiner mechanischen Einsicht, so führten sie später doch
zu der Vermuthung, daß möglicherweise auch bei allen übrigen
phytodynamischen Erscheinungen das Protoplasma in erster Linie
betheiligt sei und Unger's 1855 gemachter Hinweis auf die Aehn-
lichkeit des pflanzlichen und thierischen Protoplasma's mußte
diesem Gedanken eine ganz besondere Tragweite geben. Zum

Geſchichte der Phytodynamik.
theoretiſch beleuchtete und, neben manchem ſonſt Lehrreichen, Du-
trochet's von Mohl acceptirte, auf Endosmoſe und Gewebe-
ſtruktur gegründete Theorie mit der einfachen Bemerkung be-
ſeitigte, daß auch einzellige Organe geotropiſche Krümmungen
zeigen, wie denn überhaupt im Lauf der ſechziger und ſiebziger
Jahre erkannt worden iſt, welch' große theoretiſche Bedeutung
die Thatſache beſitzt, daß abgeſehen von den Reizbewegungen die
verſchiedenſten phytodynamiſchen Erſcheinungen auch an einzelligen
Organen auftreten.

Es wurde oben darauf aufmerkſam gemacht, daß Corti's
1772 gemachte, von Treviranus 1811 wiederholte Ent-
deckung der Circulation in den Zellen ohne theoretiſches Ergeb-
niß blieb und im Grunde war es auch ſo mit den ſpäteren Be-
obachtungen Amici's, Meyen's und Schleiden's, durch
welche zunächſt die große Verbreitung derartiger Bewegungen
in den Pflanzenzellen conſtatirt wurde. Ebenſo waren die ſchon
vor 1840 bekannten, ziemlich zahlreichen Fälle der Schwärm-
ſporenbewegungen mehr ein Gegenſtand der Verwunderung als
wiſſenſchaftlicher Betrachtung; dieſe letztere konnte in der That
erſt dann Platz greifen, als Nägeli und Mohl 1846 in dem
Protoplasma das wahre Subſtrat der ſogenannten Saftbewegung
in den Zellen erkannten, und 1848 Alexander Braun die
Schwärmſporen als hautloſe Protoplasmamaſſen, aber als wahre
Pflanzenzellen proklamirte. Man hatte alſo nunmehr ein neues
Subſtrat und zwar das allereinfachſte für die Pflanzenbeweg-
ungen entdeckt und Nägeli machte ſchon 1849 den Verſuch,
die Bewegungen der Schwärmſporen mechaniſch zu erklären.
Kam es bezüglich dieſer Erſcheinungen, für welche 1859 De
Bary
in den Myxomyceten die lehrreichſten Objekte aufwies,
noch zu keiner mechaniſchen Einſicht, ſo führten ſie ſpäter doch
zu der Vermuthung, daß möglicherweiſe auch bei allen übrigen
phytodynamiſchen Erſcheinungen das Protoplasma in erſter Linie
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lichkeit des pflanzlichen und thieriſchen Protoplasma's mußte
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[603/0615] Geſchichte der Phytodynamik. theoretiſch beleuchtete und, neben manchem ſonſt Lehrreichen, Du- trochet's von Mohl acceptirte, auf Endosmoſe und Gewebe- ſtruktur gegründete Theorie mit der einfachen Bemerkung be- ſeitigte, daß auch einzellige Organe geotropiſche Krümmungen zeigen, wie denn überhaupt im Lauf der ſechziger und ſiebziger Jahre erkannt worden iſt, welch' große theoretiſche Bedeutung die Thatſache beſitzt, daß abgeſehen von den Reizbewegungen die verſchiedenſten phytodynamiſchen Erſcheinungen auch an einzelligen Organen auftreten. Es wurde oben darauf aufmerkſam gemacht, daß Corti's 1772 gemachte, von Treviranus 1811 wiederholte Ent- deckung der Circulation in den Zellen ohne theoretiſches Ergeb- niß blieb und im Grunde war es auch ſo mit den ſpäteren Be- obachtungen Amici's, Meyen's und Schleiden's, durch welche zunächſt die große Verbreitung derartiger Bewegungen in den Pflanzenzellen conſtatirt wurde. Ebenſo waren die ſchon vor 1840 bekannten, ziemlich zahlreichen Fälle der Schwärm- ſporenbewegungen mehr ein Gegenſtand der Verwunderung als wiſſenſchaftlicher Betrachtung; dieſe letztere konnte in der That erſt dann Platz greifen, als Nägeli und Mohl 1846 in dem Protoplasma das wahre Subſtrat der ſogenannten Saftbewegung in den Zellen erkannten, und 1848 Alexander Braun die Schwärmſporen als hautloſe Protoplasmamaſſen, aber als wahre Pflanzenzellen proklamirte. Man hatte alſo nunmehr ein neues Subſtrat und zwar das allereinfachſte für die Pflanzenbeweg- ungen entdeckt und Nägeli machte ſchon 1849 den Verſuch, die Bewegungen der Schwärmſporen mechaniſch zu erklären. Kam es bezüglich dieſer Erſcheinungen, für welche 1859 De Bary in den Myxomyceten die lehrreichſten Objekte aufwies, noch zu keiner mechaniſchen Einſicht, ſo führten ſie ſpäter doch zu der Vermuthung, daß möglicherweiſe auch bei allen übrigen phytodynamiſchen Erſcheinungen das Protoplasma in erſter Linie betheiligt ſei und Unger's 1855 gemachter Hinweis auf die Aehn- lichkeit des pflanzlichen und thieriſchen Protoplasma's mußte dieſem Gedanken eine ganz beſondere Tragweite geben. Zum

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 603. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/615>, abgerufen am 24.11.2024.