Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.Geschichte der Ernährungstheorie der Pflanzen. Kohlenstoff und "Lebensluft", er gewann dieselbe durch Ver-brennung von Kohle und Diamant. Ebenso wurden Phosphor- säure, Schwefelsäure und nach einer vorläufigen Entdeckung von Cavendish auch die Salpetersäure als Verbindungen der Lebens- luft mit Phosphor, Schwefel und Stickstoff erkannt; 1777 zeigte Lavoisier, daß bei der Verbrennung organischer Substanzen fixe Luft und Wasser erzeugt wird und nachdem er 1781 die quantitative Zusammensetzung der fixen Luft annährend festgestellt hatte, nannte er dieselbe Kohlensäure, die bisherige Lebensluft Sauerstoff. Nach einer abermaligen vorläufigen Entdeckung von Cavendish (1783), daß nämlich durch Verbrennung von Wasserstoffgas Wasser entstehe, war es wieder Lavoisier, der nun bewies, daß das Wasser eine Verbindung von Wasserstoff und Sauerstoff sei. -- Diese Entdeckungen beseitigten nicht nur Schritt für Schritt die Phlogistontheorie und lieferten nicht nur die Principien der neuen Chemie, sondern sie betrafen auch ge- rade diejenigen Stoffe, welche bei der Pflanzenernährung die wichtigste Rolle spielen; jede dieser chemischen Entdeckungen ließ sich daher sofort auch physiologisch verwerthen. Schon 1779 fand Priestley, daß grüne Pflanzentheile gelegentlich Lebens- luft aushauchen und in demselben Jahr beschrieb Ingen-Houß ausführlichere Untersuchungen, aus denen hervorging, daß dieß nur unter dem Einfluß des Lichtes an grünen Pflanzentheilen geschieht, während im Dunklen vielmehr fixe Luft von diesen ausgehaucht wird, was die nicht grünen sowohl im Licht wie im Finstern thun. Eine richtige Deutung dieser Vorgänge war jedoch 1779 noch nicht möglich; denn erst 1785 war Lavoisier selbst soweit vorgedrungen, sich von der Phlogistontheorie ganz frei zu machen und sein antiphlogistisches System im Zusammen- hang zu entwickeln. Noch ist hier nachzutragen, was für die Pflanzenphysiologie später ebenfalls wichtig wurde, daß La- voisier 1777 die Athmung der Thiere als einen Oxydations- prozeß erkannte, der wie jede Verbrennung Wärme, die thierische Eigenwärme erzeugt. Doch dauerte es noch sehr lange, bis dieses Causalverhältniß auch für die Pflanzen erkannt wurde. Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen. Kohlenſtoff und „Lebensluft“, er gewann dieſelbe durch Ver-brennung von Kohle und Diamant. Ebenſo wurden Phosphor- ſäure, Schwefelſäure und nach einer vorläufigen Entdeckung von Cavendish auch die Salpeterſäure als Verbindungen der Lebens- luft mit Phosphor, Schwefel und Stickſtoff erkannt; 1777 zeigte Lavoiſier, daß bei der Verbrennung organiſcher Subſtanzen fixe Luft und Waſſer erzeugt wird und nachdem er 1781 die quantitative Zuſammenſetzung der fixen Luft annährend feſtgeſtellt hatte, nannte er dieſelbe Kohlenſäure, die bisherige Lebensluft Sauerſtoff. Nach einer abermaligen vorläufigen Entdeckung von Cavendish (1783), daß nämlich durch Verbrennung von Waſſerſtoffgas Waſſer entſtehe, war es wieder Lavoiſier, der nun bewies, daß das Waſſer eine Verbindung von Waſſerſtoff und Sauerſtoff ſei. — Dieſe Entdeckungen beſeitigten nicht nur Schritt für Schritt die Phlogiſtontheorie und lieferten nicht nur die Principien der neuen Chemie, ſondern ſie betrafen auch ge- rade diejenigen Stoffe, welche bei der Pflanzenernährung die wichtigſte Rolle ſpielen; jede dieſer chemiſchen Entdeckungen ließ ſich daher ſofort auch phyſiologiſch verwerthen. Schon 1779 fand Prieſtley, daß grüne Pflanzentheile gelegentlich Lebens- luft aushauchen und in demſelben Jahr beſchrieb Ingen-Houß ausführlichere Unterſuchungen, aus denen hervorging, daß dieß nur unter dem Einfluß des Lichtes an grünen Pflanzentheilen geſchieht, während im Dunklen vielmehr fixe Luft von dieſen ausgehaucht wird, was die nicht grünen ſowohl im Licht wie im Finſtern thun. Eine richtige Deutung dieſer Vorgänge war jedoch 1779 noch nicht möglich; denn erſt 1785 war Lavoiſier ſelbſt ſoweit vorgedrungen, ſich von der Phlogiſtontheorie ganz frei zu machen und ſein antiphlogiſtiſches Syſtem im Zuſammen- hang zu entwickeln. Noch iſt hier nachzutragen, was für die Pflanzenphyſiologie ſpäter ebenfalls wichtig wurde, daß La- voiſier 1777 die Athmung der Thiere als einen Oxydations- prozeß erkannte, der wie jede Verbrennung Wärme, die thieriſche Eigenwärme erzeugt. Doch dauerte es noch ſehr lange, bis dieſes Cauſalverhältniß auch für die Pflanzen erkannt wurde. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0544" n="532"/><fw place="top" type="header">Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.</fw><lb/> Kohlenſtoff und „Lebensluft“, er gewann dieſelbe durch Ver-<lb/> brennung von Kohle und Diamant. 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Geſchichte der Ernährungstheorie der Pflanzen.
Kohlenſtoff und „Lebensluft“, er gewann dieſelbe durch Ver-
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ſäure, Schwefelſäure und nach einer vorläufigen Entdeckung von
Cavendish auch die Salpeterſäure als Verbindungen der Lebens-
luft mit Phosphor, Schwefel und Stickſtoff erkannt; 1777 zeigte
Lavoiſier, daß bei der Verbrennung organiſcher Subſtanzen
fixe Luft und Waſſer erzeugt wird und nachdem er 1781 die
quantitative Zuſammenſetzung der fixen Luft annährend feſtgeſtellt
hatte, nannte er dieſelbe Kohlenſäure, die bisherige Lebensluft
Sauerſtoff. Nach einer abermaligen vorläufigen Entdeckung von
Cavendish (1783), daß nämlich durch Verbrennung von
Waſſerſtoffgas Waſſer entſtehe, war es wieder Lavoiſier, der
nun bewies, daß das Waſſer eine Verbindung von Waſſerſtoff
und Sauerſtoff ſei. — Dieſe Entdeckungen beſeitigten nicht nur
Schritt für Schritt die Phlogiſtontheorie und lieferten nicht nur
die Principien der neuen Chemie, ſondern ſie betrafen auch ge-
rade diejenigen Stoffe, welche bei der Pflanzenernährung die
wichtigſte Rolle ſpielen; jede dieſer chemiſchen Entdeckungen ließ
ſich daher ſofort auch phyſiologiſch verwerthen. Schon 1779
fand Prieſtley, daß grüne Pflanzentheile gelegentlich Lebens-
luft aushauchen und in demſelben Jahr beſchrieb Ingen-Houß
ausführlichere Unterſuchungen, aus denen hervorging, daß dieß
nur unter dem Einfluß des Lichtes an grünen Pflanzentheilen
geſchieht, während im Dunklen vielmehr fixe Luft von dieſen
ausgehaucht wird, was die nicht grünen ſowohl im Licht wie
im Finſtern thun. Eine richtige Deutung dieſer Vorgänge war
jedoch 1779 noch nicht möglich; denn erſt 1785 war Lavoiſier
ſelbſt ſoweit vorgedrungen, ſich von der Phlogiſtontheorie ganz
frei zu machen und ſein antiphlogiſtiſches Syſtem im Zuſammen-
hang zu entwickeln. Noch iſt hier nachzutragen, was für die
Pflanzenphyſiologie ſpäter ebenfalls wichtig wurde, daß La-
voiſier 1777 die Athmung der Thiere als einen Oxydations-
prozeß erkannte, der wie jede Verbrennung Wärme, die thieriſche
Eigenwärme erzeugt. Doch dauerte es noch ſehr lange, bis
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