Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.Geschichte der Sexualtheorie. und tragen das Meiste zur Bestäubung und folglich auch zurBefruchtung derselben bei und wahrscheinlicher Weise leisten sie wo nicht den allermeisten Pflanzen, doch wenigstens einem sehr großen Theil derselben diesen ungemein großen Dienst; denn es führen alle hierher gehörigen Blumen Etwas bei sich, das ihnen angenehm ist und man wird nicht leicht eine derselben finden, bei der sie sich nicht in Menge einfinden sollten. " Bei Epilo- bium erkannte er sogar schon die Dichogamie, ohne diese Wahr- nehmung jedoch weiter zu verfolgen. -- Das erwähnte Etwas in den Blüthen, was den Insecten angenehm ist, untersuchte nun Koelreuter; er sammelte den Nektar zahlreicher Blumen (1760) künstlich in größern Quantitäten auf und fand, daß derselbe nach dem Abdünsten des Wassers eine Art wohlschmeckenden Honigs darstellte; nur bei der Kaiserkrone, die auch von den Hummeln nicht beachtet wird, war dieser Honig schlecht. Koelreuter zwei- felte daher nicht, daß die Bienen ihren Honig aus dem Nektarsaft der Blüthen bereiten. Wie sehr ihn die Beziehungen der Exi- stenz der Pflanzen zur Existenz gewisser Thiere interessirten, Be- ziehungen, welche erst in neuester Zeit durch Darwin wieder in den Vordergrund gestellt worden sind, zeigt seine Untersuchung über die Fortpflanzung der Mistel (1763); mit Nachdruck hebt er hervor, daß bei dieser Pflanze nicht nur die Bestäubung von Insecten bewirkt werden muß, sondern daß auch die Aussaat ihrer Samen ausschließlich durch Vögel bewirkt werden könne, daß also die Existenz dieser Pflanze an zweierlei Thiere aus ganz verschiedenen Klassen gebunden sei. Ebenso zog Koelreuter die Bewegungen, zumal die durch Geſchichte der Sexualtheorie. und tragen das Meiſte zur Beſtäubung und folglich auch zurBefruchtung derſelben bei und wahrſcheinlicher Weiſe leiſten ſie wo nicht den allermeiſten Pflanzen, doch wenigſtens einem ſehr großen Theil derſelben dieſen ungemein großen Dienſt; denn es führen alle hierher gehörigen Blumen Etwas bei ſich, das ihnen angenehm iſt und man wird nicht leicht eine derſelben finden, bei der ſie ſich nicht in Menge einfinden ſollten. “ Bei Epilo- bium erkannte er ſogar ſchon die Dichogamie, ohne dieſe Wahr- nehmung jedoch weiter zu verfolgen. — Das erwähnte Etwas in den Blüthen, was den Inſecten angenehm iſt, unterſuchte nun Koelreuter; er ſammelte den Nektar zahlreicher Blumen (1760) künſtlich in größern Quantitäten auf und fand, daß derſelbe nach dem Abdünſten des Waſſers eine Art wohlſchmeckenden Honigs darſtellte; nur bei der Kaiſerkrone, die auch von den Hummeln nicht beachtet wird, war dieſer Honig ſchlecht. Koelreuter zwei- felte daher nicht, daß die Bienen ihren Honig aus dem Nektarſaft der Blüthen bereiten. Wie ſehr ihn die Beziehungen der Exi- ſtenz der Pflanzen zur Exiſtenz gewiſſer Thiere intereſſirten, Be- ziehungen, welche erſt in neueſter Zeit durch Darwin wieder in den Vordergrund geſtellt worden ſind, zeigt ſeine Unterſuchung über die Fortpflanzung der Miſtel (1763); mit Nachdruck hebt er hervor, daß bei dieſer Pflanze nicht nur die Beſtäubung von Inſecten bewirkt werden muß, ſondern daß auch die Ausſaat ihrer Samen ausſchließlich durch Vögel bewirkt werden könne, daß alſo die Exiſtenz dieſer Pflanze an zweierlei Thiere aus ganz verſchiedenen Klaſſen gebunden ſei. Ebenſo zog Koelreuter die Bewegungen, zumal die durch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0454" n="442"/><fw place="top" type="header">Geſchichte der Sexualtheorie.</fw><lb/> und tragen das Meiſte zur Beſtäubung und folglich auch zur<lb/> Befruchtung derſelben bei und wahrſcheinlicher Weiſe leiſten ſie<lb/> wo nicht den allermeiſten Pflanzen, doch wenigſtens einem ſehr<lb/> großen Theil derſelben dieſen ungemein großen Dienſt; denn es<lb/> führen alle hierher gehörigen Blumen Etwas bei ſich, das ihnen<lb/> angenehm iſt und man wird nicht leicht eine derſelben finden,<lb/> bei der ſie ſich nicht in Menge einfinden ſollten. “ Bei <hi rendition="#aq">Epilo-<lb/> bium</hi> erkannte er ſogar ſchon die Dichogamie, ohne dieſe Wahr-<lb/> nehmung jedoch weiter zu verfolgen. — Das erwähnte Etwas<lb/> in den Blüthen, was den Inſecten angenehm iſt, unterſuchte nun<lb/><hi rendition="#g">Koelreuter</hi>; er ſammelte den Nektar zahlreicher Blumen (1760)<lb/> künſtlich in größern Quantitäten auf und fand, daß derſelbe nach<lb/> dem Abdünſten des Waſſers eine Art wohlſchmeckenden Honigs<lb/> darſtellte; nur bei der Kaiſerkrone, die auch von den Hummeln<lb/> nicht beachtet wird, war dieſer Honig ſchlecht. Koelreuter zwei-<lb/> felte daher nicht, daß die Bienen ihren Honig aus dem Nektarſaft<lb/> der Blüthen bereiten. Wie ſehr ihn die Beziehungen der Exi-<lb/> ſtenz der Pflanzen zur Exiſtenz gewiſſer Thiere intereſſirten, Be-<lb/> ziehungen, welche erſt in neueſter Zeit durch <hi rendition="#g">Darwin</hi> wieder<lb/> in den Vordergrund geſtellt worden ſind, zeigt ſeine Unterſuchung<lb/> über die Fortpflanzung der Miſtel (1763); mit Nachdruck hebt<lb/> er hervor, daß bei dieſer Pflanze nicht nur die Beſtäubung von<lb/> Inſecten bewirkt werden muß, ſondern daß auch die Ausſaat<lb/> ihrer Samen ausſchließlich durch Vögel bewirkt werden könne,<lb/> daß alſo die Exiſtenz dieſer Pflanze an zweierlei Thiere aus<lb/> ganz verſchiedenen Klaſſen gebunden ſei.</p><lb/> <p>Ebenſo zog <hi rendition="#g">Koelreuter</hi> die Bewegungen, zumal die durch<lb/> Reizbarkeit vermittelten, der Staubgefäße und Narben in den<lb/> Kreis ſeiner Beobachtungen. Der Graf <hi rendition="#g">Giambattiſta dal Co</hi>-<lb/><hi rendition="#g">volo</hi> hatte 1764 die erſten Beobachtungen über die Reizbarkeit der<lb/> Staubgefäße diſtelähnlicher Pflanzen gemacht und die Mechanik<lb/> derſelben zu erklären geſucht. Koelreuter kümmerte ſich weniger<lb/> um die letztere, als vielmehr um den Nutzen, welchen die Reiz-<lb/> barkeit der Staubgefäße für die Beſtäubung der Narben haben<lb/> könne; er zog dabei auch die ſchon von <hi rendition="#g">Du Hamel</hi> erwähnten<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [442/0454]
Geſchichte der Sexualtheorie.
und tragen das Meiſte zur Beſtäubung und folglich auch zur
Befruchtung derſelben bei und wahrſcheinlicher Weiſe leiſten ſie
wo nicht den allermeiſten Pflanzen, doch wenigſtens einem ſehr
großen Theil derſelben dieſen ungemein großen Dienſt; denn es
führen alle hierher gehörigen Blumen Etwas bei ſich, das ihnen
angenehm iſt und man wird nicht leicht eine derſelben finden,
bei der ſie ſich nicht in Menge einfinden ſollten. “ Bei Epilo-
bium erkannte er ſogar ſchon die Dichogamie, ohne dieſe Wahr-
nehmung jedoch weiter zu verfolgen. — Das erwähnte Etwas
in den Blüthen, was den Inſecten angenehm iſt, unterſuchte nun
Koelreuter; er ſammelte den Nektar zahlreicher Blumen (1760)
künſtlich in größern Quantitäten auf und fand, daß derſelbe nach
dem Abdünſten des Waſſers eine Art wohlſchmeckenden Honigs
darſtellte; nur bei der Kaiſerkrone, die auch von den Hummeln
nicht beachtet wird, war dieſer Honig ſchlecht. Koelreuter zwei-
felte daher nicht, daß die Bienen ihren Honig aus dem Nektarſaft
der Blüthen bereiten. Wie ſehr ihn die Beziehungen der Exi-
ſtenz der Pflanzen zur Exiſtenz gewiſſer Thiere intereſſirten, Be-
ziehungen, welche erſt in neueſter Zeit durch Darwin wieder
in den Vordergrund geſtellt worden ſind, zeigt ſeine Unterſuchung
über die Fortpflanzung der Miſtel (1763); mit Nachdruck hebt
er hervor, daß bei dieſer Pflanze nicht nur die Beſtäubung von
Inſecten bewirkt werden muß, ſondern daß auch die Ausſaat
ihrer Samen ausſchließlich durch Vögel bewirkt werden könne,
daß alſo die Exiſtenz dieſer Pflanze an zweierlei Thiere aus
ganz verſchiedenen Klaſſen gebunden ſei.
Ebenſo zog Koelreuter die Bewegungen, zumal die durch
Reizbarkeit vermittelten, der Staubgefäße und Narben in den
Kreis ſeiner Beobachtungen. Der Graf Giambattiſta dal Co-
volo hatte 1764 die erſten Beobachtungen über die Reizbarkeit der
Staubgefäße diſtelähnlicher Pflanzen gemacht und die Mechanik
derſelben zu erklären geſucht. Koelreuter kümmerte ſich weniger
um die letztere, als vielmehr um den Nutzen, welchen die Reiz-
barkeit der Staubgefäße für die Beſtäubung der Narben haben
könne; er zog dabei auch die ſchon von Du Hamel erwähnten
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |