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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Geschichte der Sexualtheorie.
die ungeeigneten Bestandtheile des Saftes durch die Staubfäden
in die Antheren übergehen und sich in den Loculamenten der-
selben ansammeln, um als Exkrete ausgeworfen zu werden. Selbst
die Nothwendigkeit der Bestäubung der weiblichen Dattelpalme
bezweifelte Tournefort. Er kannte eben die Thatsache nicht
hinreichend, und war durch Vorurtheile irre geführt. Ganz ähnlich
verhielt es sich noch 1720 mit dem italienischen Botaniker Pon-
tedera, der in seiner Anthologia noch einmal Malpighi's
unglückliche Ansicht aufwärmte und zugleich den Nektar zur Aus-
bildung der Samen vom Fruchtknoten aufsaugen ließ; bei Pflanzen
mit diklinischen Blüthen hielt er die männliche für eine unnützige
Zuthat.

Valentin, an welchen Camerarius seine berühmte
Epistel (De sexu plantarum 1694) gerichtet hatte, erwies diesem
einen schlechten Dienst, indem er einen kurzen Auszug derselben
veröffentlichte, welcher grobe Mißverständnisse bezüglich der That-
sachen enthielt. 1) Auf diese falschen Angaben gestützt bestritt
auch Alston sogar noch 1756 die Folgerungen des Came-
rarius, indem er zugleich aus ganz nichtssagenden Gründen
die sexuelle Bedeutung der Staubfäden bezweifelte. Die besser be-
gründeten Zweifel eines Herrn Möller in Deutschland, der weib-
liche Spinat- und Hanfpflanzen auch nach der Entfernung der
männlichen noch Samen tragen sah, und sich auf die scheinbar
ungeschlechtliche Fortpflanzung der Kryptogamen berief, wurden
von Kästner in Göttingen mit dem Hinweis auf die Thatsache
zurückgewiesen, daß diöcische Pflanzen zuweilen Zwitterblüthen
bringen, wofür er die Weiden anführte. Diese Zweifel wären
überhaupt ganz unmöglich gewesen, wenn die hier Genannten die
Abhandlungen des Camerarius gelesen und verstanden, über-
haupt die Literatur gekannt hätten.

1) Genauere Nachweisungen darüber gab Koelreuter in seiner Historie
der Versuche u. s. w. Vergl. in opuscula botanici argumenti von Mikan
p. 180.

Geſchichte der Sexualtheorie.
die ungeeigneten Beſtandtheile des Saftes durch die Staubfäden
in die Antheren übergehen und ſich in den Loculamenten der-
ſelben anſammeln, um als Exkrete ausgeworfen zu werden. Selbſt
die Nothwendigkeit der Beſtäubung der weiblichen Dattelpalme
bezweifelte Tournefort. Er kannte eben die Thatſache nicht
hinreichend, und war durch Vorurtheile irre geführt. Ganz ähnlich
verhielt es ſich noch 1720 mit dem italieniſchen Botaniker Pon-
tedera, der in ſeiner Anthologia noch einmal Malpighi's
unglückliche Anſicht aufwärmte und zugleich den Nektar zur Aus-
bildung der Samen vom Fruchtknoten aufſaugen ließ; bei Pflanzen
mit dikliniſchen Blüthen hielt er die männliche für eine unnützige
Zuthat.

Valentin, an welchen Camerarius ſeine berühmte
Epiſtel (De sexu plantarum 1694) gerichtet hatte, erwies dieſem
einen ſchlechten Dienſt, indem er einen kurzen Auszug derſelben
veröffentlichte, welcher grobe Mißverſtändniſſe bezüglich der That-
ſachen enthielt. 1) Auf dieſe falſchen Angaben geſtützt beſtritt
auch Alſton ſogar noch 1756 die Folgerungen des Came-
rarius, indem er zugleich aus ganz nichtsſagenden Gründen
die ſexuelle Bedeutung der Staubfäden bezweifelte. Die beſſer be-
gründeten Zweifel eines Herrn Möller in Deutſchland, der weib-
liche Spinat- und Hanfpflanzen auch nach der Entfernung der
männlichen noch Samen tragen ſah, und ſich auf die ſcheinbar
ungeſchlechtliche Fortpflanzung der Kryptogamen berief, wurden
von Käſtner in Göttingen mit dem Hinweis auf die Thatſache
zurückgewieſen, daß diöciſche Pflanzen zuweilen Zwitterblüthen
bringen, wofür er die Weiden anführte. Dieſe Zweifel wären
überhaupt ganz unmöglich geweſen, wenn die hier Genannten die
Abhandlungen des Camerarius geleſen und verſtanden, über-
haupt die Literatur gekannt hätten.

1) Genauere Nachweiſungen darüber gab Koelreuter in ſeiner Hiſtorie
der Verſuche u. ſ. w. Vergl. in opuscula botanici argumenti von Mikan
p. 180.
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[434/0446] Geſchichte der Sexualtheorie. die ungeeigneten Beſtandtheile des Saftes durch die Staubfäden in die Antheren übergehen und ſich in den Loculamenten der- ſelben anſammeln, um als Exkrete ausgeworfen zu werden. Selbſt die Nothwendigkeit der Beſtäubung der weiblichen Dattelpalme bezweifelte Tournefort. Er kannte eben die Thatſache nicht hinreichend, und war durch Vorurtheile irre geführt. Ganz ähnlich verhielt es ſich noch 1720 mit dem italieniſchen Botaniker Pon- tedera, der in ſeiner Anthologia noch einmal Malpighi's unglückliche Anſicht aufwärmte und zugleich den Nektar zur Aus- bildung der Samen vom Fruchtknoten aufſaugen ließ; bei Pflanzen mit dikliniſchen Blüthen hielt er die männliche für eine unnützige Zuthat. Valentin, an welchen Camerarius ſeine berühmte Epiſtel (De sexu plantarum 1694) gerichtet hatte, erwies dieſem einen ſchlechten Dienſt, indem er einen kurzen Auszug derſelben veröffentlichte, welcher grobe Mißverſtändniſſe bezüglich der That- ſachen enthielt. 1) Auf dieſe falſchen Angaben geſtützt beſtritt auch Alſton ſogar noch 1756 die Folgerungen des Came- rarius, indem er zugleich aus ganz nichtsſagenden Gründen die ſexuelle Bedeutung der Staubfäden bezweifelte. Die beſſer be- gründeten Zweifel eines Herrn Möller in Deutſchland, der weib- liche Spinat- und Hanfpflanzen auch nach der Entfernung der männlichen noch Samen tragen ſah, und ſich auf die ſcheinbar ungeſchlechtliche Fortpflanzung der Kryptogamen berief, wurden von Käſtner in Göttingen mit dem Hinweis auf die Thatſache zurückgewieſen, daß diöciſche Pflanzen zuweilen Zwitterblüthen bringen, wofür er die Weiden anführte. Dieſe Zweifel wären überhaupt ganz unmöglich geweſen, wenn die hier Genannten die Abhandlungen des Camerarius geleſen und verſtanden, über- haupt die Literatur gekannt hätten. 1) Genauere Nachweiſungen darüber gab Koelreuter in ſeiner Hiſtorie der Verſuche u. ſ. w. Vergl. in opuscula botanici argumenti von Mikan p. 180.

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/446>, abgerufen am 23.11.2024.