Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.Entwicklungsgeschichte der Zelle, Entstehung der Beobachtungen am Vegetationspunct mittheilte und aus derGröße und Lagerung der Zellen schloß, daß hier die Gewebe- zellen, durch Theilung, nicht aber in der von Schleiden an- gegebenen Weise entstehen. Bald darauf beobachtete auch Nägeli (Linnaea 1842 p. 252) die Zellbildungsvorgänge in Wurzelspitzen, die er jedoch nicht als Theilungen auffaßte; er sah je zwei Kerne und um diese zwei Zellen in der Mutter- zelle entstehen und erklärte die Bildung der Scheidewand durch das Zusammenstoßen der beiden neuen Zellen und ähnlich sei leiteten Convict zu Graz; nach Vollendung der drei "philosophischen"
Jahrgänge wandte er sich nach seines Vaters Wunsch zur Jurisprudenz, verließ jedoch 1820 Graz und diese Studien um in Wien Medizin zu studiren; 1822 ging er zu gleichem Zwecke nach Prag. Von hier aus unternahm er eine Ferienreise nach Deutschland, wo er Oken, Carus, Rudolphi u. a. kennen lernte; die angeknüpften Verbindungen und der Umstand, daß Unger seine Reise ohne besondere polizeiliche Erlaubniß an- getreten, verwickelten ihn nach der Heimkehr in eine Untersuchung, während welcher er 3/4 Jahre gefangen gehalten wurde; 1825 wieder in Freiheit gesetzt, wurde er mit Jacquin und Endlicher bekannt, um mit letzterem in lebhaften, wissenschaftlichen Verkehr zu treten. Nachdem er 1827 pro- movirt und sein Vater verarmt war, ergriff er die ärztliche Praxis, der er bis 1830 bei Wien (in Stockerau), später in Kitzbühel in Tyrol als Lands- gerichtsarzt oblag. Seine schon in früher Jugend aufgenommenen botanischen Studien setzte er auch als Arzt lebhaft fort, in Kitzbühl besonders mit den Pflanzenkrankheiten und palaeontologischen Untersuchungen beschäftigt, denen sich solche über den Einfluß des Bodens auf die Vertheilung der Gewächse anschlossen. Ende 1835 wurde er Professor der Botanik am Johanncum zu Graz, wo er fortan vorwiegend paläontologische Studium trieb, durch die er bald zum hervorragendsten Vertreter dieses Faches wurde. Seit 1849 Professor der physiologischen Botanik in Wien, widmete er sich mehr der Physiologie und Phytotomie bis er gegen Ende der fünfziger Jahre im Interesse der cultur- geschichtlichen Studien wiederholt größere Reisen zu machen begann. Im Jahr 1866 gab Unger seine Stelle auf und lebte fortan als Privatmann in Graz, wo er durch populäre Schriften und Vorträge anregend wirkte und 1870 starb. Ueber seine Persönlichkeit und seine vielseitig reichhaltige Thätigkeit auf den verschiedensten Gebieten der Botanik geben Leitgeb (Bot. Zeitg. 1870 Nr. 16) und Reyer "Leben und Wirken des Naturh. Unger" (Graz 1871) Auskunft. Entwicklungsgeſchichte der Zelle, Entſtehung der Beobachtungen am Vegetationspunct mittheilte und aus derGröße und Lagerung der Zellen ſchloß, daß hier die Gewebe- zellen, durch Theilung, nicht aber in der von Schleiden an- gegebenen Weiſe entſtehen. Bald darauf beobachtete auch Nägeli (Linnaea 1842 p. 252) die Zellbildungsvorgänge in Wurzelſpitzen, die er jedoch nicht als Theilungen auffaßte; er ſah je zwei Kerne und um dieſe zwei Zellen in der Mutter- zelle entſtehen und erklärte die Bildung der Scheidewand durch das Zuſammenſtoßen der beiden neuen Zellen und ähnlich ſei leiteten Convict zu Graz; nach Vollendung der drei „philoſophiſchen“
Jahrgänge wandte er ſich nach ſeines Vaters Wunſch zur Jurisprudenz, verließ jedoch 1820 Graz und dieſe Studien um in Wien Medizin zu ſtudiren; 1822 ging er zu gleichem Zwecke nach Prag. Von hier aus unternahm er eine Ferienreiſe nach Deutſchland, wo er Oken, Carus, Rudolphi u. a. kennen lernte; die angeknüpften Verbindungen und der Umſtand, daß Unger ſeine Reiſe ohne beſondere polizeiliche Erlaubniß an- getreten, verwickelten ihn nach der Heimkehr in eine Unterſuchung, während welcher er ¾ Jahre gefangen gehalten wurde; 1825 wieder in Freiheit geſetzt, wurde er mit Jacquin und Endlicher bekannt, um mit letzterem in lebhaften, wiſſenſchaftlichen Verkehr zu treten. Nachdem er 1827 pro- movirt und ſein Vater verarmt war, ergriff er die ärztliche Praxis, der er bis 1830 bei Wien (in Stockerau), ſpäter in Kitzbühel in Tyrol als Lands- gerichtsarzt oblag. Seine ſchon in früher Jugend aufgenommenen botaniſchen Studien ſetzte er auch als Arzt lebhaft fort, in Kitzbühl beſonders mit den Pflanzenkrankheiten und palaeontologiſchen Unterſuchungen beſchäftigt, denen ſich ſolche über den Einfluß des Bodens auf die Vertheilung der Gewächſe anſchloſſen. Ende 1835 wurde er Profeſſor der Botanik am Johanncum zu Graz, wo er fortan vorwiegend paläontologiſche Studium trieb, durch die er bald zum hervorragendſten Vertreter dieſes Faches wurde. Seit 1849 Profeſſor der phyſiologiſchen Botanik in Wien, widmete er ſich mehr der Phyſiologie und Phytotomie bis er gegen Ende der fünfziger Jahre im Intereſſe der cultur- geſchichtlichen Studien wiederholt größere Reiſen zu machen begann. Im Jahr 1866 gab Unger ſeine Stelle auf und lebte fortan als Privatmann in Graz, wo er durch populäre Schriften und Vorträge anregend wirkte und 1870 ſtarb. Ueber ſeine Perſönlichkeit und ſeine vielſeitig reichhaltige Thätigkeit auf den verſchiedenſten Gebieten der Botanik geben Leitgeb (Bot. Zeitg. 1870 Nr. 16) und Reyer „Leben und Wirken des Naturh. Unger“ (Graz 1871) Auskunft. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0364" n="352"/><fw place="top" type="header">Entwicklungsgeſchichte der Zelle, Entſtehung der</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_7_2" prev="#seg2pn_7_1" place="foot" n="1)">leiteten Convict zu Graz; nach Vollendung der drei „philoſophiſchen“<lb/> Jahrgänge wandte er ſich nach ſeines Vaters Wunſch zur Jurisprudenz,<lb/> verließ jedoch 1820 Graz und dieſe Studien um in Wien Medizin zu<lb/> ſtudiren; 1822 ging er zu gleichem Zwecke nach Prag. 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Entwicklungsgeſchichte der Zelle, Entſtehung der
1)
Beobachtungen am Vegetationspunct mittheilte und aus der
Größe und Lagerung der Zellen ſchloß, daß hier die Gewebe-
zellen, durch Theilung, nicht aber in der von Schleiden an-
gegebenen Weiſe entſtehen. Bald darauf beobachtete auch
Nägeli (Linnaea 1842 p. 252) die Zellbildungsvorgänge
in Wurzelſpitzen, die er jedoch nicht als Theilungen auffaßte;
er ſah je zwei Kerne und um dieſe zwei Zellen in der Mutter-
zelle entſtehen und erklärte die Bildung der Scheidewand durch
das Zuſammenſtoßen der beiden neuen Zellen und ähnlich ſei
1) leiteten Convict zu Graz; nach Vollendung der drei „philoſophiſchen“
Jahrgänge wandte er ſich nach ſeines Vaters Wunſch zur Jurisprudenz,
verließ jedoch 1820 Graz und dieſe Studien um in Wien Medizin zu
ſtudiren; 1822 ging er zu gleichem Zwecke nach Prag. Von hier aus
unternahm er eine Ferienreiſe nach Deutſchland, wo er Oken, Carus,
Rudolphi u. a. kennen lernte; die angeknüpften Verbindungen und der
Umſtand, daß Unger ſeine Reiſe ohne beſondere polizeiliche Erlaubniß an-
getreten, verwickelten ihn nach der Heimkehr in eine Unterſuchung, während
welcher er ¾ Jahre gefangen gehalten wurde; 1825 wieder in Freiheit
geſetzt, wurde er mit Jacquin und Endlicher bekannt, um mit letzterem
in lebhaften, wiſſenſchaftlichen Verkehr zu treten. Nachdem er 1827 pro-
movirt und ſein Vater verarmt war, ergriff er die ärztliche Praxis, der er
bis 1830 bei Wien (in Stockerau), ſpäter in Kitzbühel in Tyrol als Lands-
gerichtsarzt oblag. Seine ſchon in früher Jugend aufgenommenen botaniſchen
Studien ſetzte er auch als Arzt lebhaft fort, in Kitzbühl beſonders mit den
Pflanzenkrankheiten und palaeontologiſchen Unterſuchungen beſchäftigt, denen
ſich ſolche über den Einfluß des Bodens auf die Vertheilung der Gewächſe
anſchloſſen. Ende 1835 wurde er Profeſſor der Botanik am Johanncum zu
Graz, wo er fortan vorwiegend paläontologiſche Studium trieb, durch die er bald
zum hervorragendſten Vertreter dieſes Faches wurde. Seit 1849 Profeſſor der
phyſiologiſchen Botanik in Wien, widmete er ſich mehr der Phyſiologie und
Phytotomie bis er gegen Ende der fünfziger Jahre im Intereſſe der cultur-
geſchichtlichen Studien wiederholt größere Reiſen zu machen begann. Im
Jahr 1866 gab Unger ſeine Stelle auf und lebte fortan als Privatmann
in Graz, wo er durch populäre Schriften und Vorträge anregend wirkte
und 1870 ſtarb. Ueber ſeine Perſönlichkeit und ſeine vielſeitig reichhaltige
Thätigkeit auf den verſchiedenſten Gebieten der Botanik geben Leitgeb
(Bot. Zeitg. 1870 Nr. 16) und Reyer „Leben und Wirken des Naturh.
Unger“ (Graz 1871) Auskunft.
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