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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Zellhautgerüstes der Pflanzen.
minder in seinen späteren Untersuchungen über die Stämme der
Baumfarne, der Cycadeen und Coniferen, sowie der eigenthüm-
lichen Stammformen von Isoetes und Tamus elephantipes
die man in seinen vermischten Schriften von 1845 zusammenge-
stellt findet, ist die richtige Auffassung der Gefäßbündel als eigen-
artiger Systeme verschiedener Gewebeformen die Ursache der
Klarheit und Verständlichkeit seiner Darstellung, durch welche
sich Mohl's Behandlung dieser Gegenstände der bisherigen
Literatur gegenüber (Moldenhawer ausgenommen) als eine
ganz neue zu erkennen gibt. Sind diese Arbeiten Mohl's
auch durch die späteren entwicklungsgeschichtlichen Studien anderer
überholt, so waren sie doch ihrerzeit gewissermassen der feste
Kern, an welchen sich die weiteren vergleichenden Untersuchungen
über die Struktur zumal der Stämme anlehnen konnten. Zu
einer richtigen Einsicht in den Bau derselben mußte zunächst bei-
tragen, daß Mohl an Moldenhawer anknüpfend, in den Ge-
fäßbündeln den Holztheil und den Basttheil unterschied und beide
als wesentliche Constituenten eines ächten Gefäßbündels betrach-
tete; nicht minder wichtig waren Mohl's Untersuchungen über
den Längsverlauf der Gefäßbündel im Stamm und Blatt und
die Hervorhebung der Thatsache, daß bei den Phanerogamen die
im Stamm verlaufenden Stränge nur die unteren Enden der-
selben Gefäßbündel sind, deren obere Enden in die Blätter hinaus-
biegen, sowie der Nachweis, daß in dieser Beziehung die Mono-
cotyledonen und Dicotyledonen übereinstimmen, wenn auch die
Art des Gefäßbündelverlaufs bei beiden namhafte Unterschiede
darbietet. Ein bedeutendes Ergebniß erzielte er in dieser Beziehung
schon in seiner Untersuchung über die Palmenstämme 1831, wo
er die Unrichtigkeit der von Desfontaines aufgestellten, von
De Candolle sogar zur Systematik verwertheten Unterscheidung
eines endogenen und exogenen Dickenwachsthums nachwies. Nach
Desfontaines sollte das Holz der Monocotylen in Form zer-
streuter Bündel auftreten, von denen diejenigen, welche oben in
die Blätter auslaufen, aus dem Centrum des Stammes her-
kommen. Aus dieser sehr unvollständigen Beobachtung hatte er

Zellhautgerüſtes der Pflanzen.
minder in ſeinen ſpäteren Unterſuchungen über die Stämme der
Baumfarne, der Cycadeen und Coniferen, ſowie der eigenthüm-
lichen Stammformen von Isoetes und Tamus elephantipes
die man in ſeinen vermiſchten Schriften von 1845 zuſammenge-
ſtellt findet, iſt die richtige Auffaſſung der Gefäßbündel als eigen-
artiger Syſteme verſchiedener Gewebeformen die Urſache der
Klarheit und Verſtändlichkeit ſeiner Darſtellung, durch welche
ſich Mohl's Behandlung dieſer Gegenſtände der bisherigen
Literatur gegenüber (Moldenhawer ausgenommen) als eine
ganz neue zu erkennen gibt. Sind dieſe Arbeiten Mohl's
auch durch die ſpäteren entwicklungsgeſchichtlichen Studien anderer
überholt, ſo waren ſie doch ihrerzeit gewiſſermaſſen der feſte
Kern, an welchen ſich die weiteren vergleichenden Unterſuchungen
über die Struktur zumal der Stämme anlehnen konnten. Zu
einer richtigen Einſicht in den Bau derſelben mußte zunächſt bei-
tragen, daß Mohl an Moldenhawer anknüpfend, in den Ge-
fäßbündeln den Holztheil und den Baſttheil unterſchied und beide
als weſentliche Conſtituenten eines ächten Gefäßbündels betrach-
tete; nicht minder wichtig waren Mohl's Unterſuchungen über
den Längsverlauf der Gefäßbündel im Stamm und Blatt und
die Hervorhebung der Thatſache, daß bei den Phanerogamen die
im Stamm verlaufenden Stränge nur die unteren Enden der-
ſelben Gefäßbündel ſind, deren obere Enden in die Blätter hinaus-
biegen, ſowie der Nachweis, daß in dieſer Beziehung die Mono-
cotyledonen und Dicotyledonen übereinſtimmen, wenn auch die
Art des Gefäßbündelverlaufs bei beiden namhafte Unterſchiede
darbietet. Ein bedeutendes Ergebniß erzielte er in dieſer Beziehung
ſchon in ſeiner Unterſuchung über die Palmenſtämme 1831, wo
er die Unrichtigkeit der von Desfontaines aufgeſtellten, von
De Candolle ſogar zur Syſtematik verwertheten Unterſcheidung
eines endogenen und exogenen Dickenwachsthums nachwies. Nach
Desfontaines ſollte das Holz der Monocotylen in Form zer-
ſtreuter Bündel auftreten, von denen diejenigen, welche oben in
die Blätter auslaufen, aus dem Centrum des Stammes her-
kommen. Aus dieſer ſehr unvollſtändigen Beobachtung hatte er

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[331/0343] Zellhautgerüſtes der Pflanzen. minder in ſeinen ſpäteren Unterſuchungen über die Stämme der Baumfarne, der Cycadeen und Coniferen, ſowie der eigenthüm- lichen Stammformen von Isoetes und Tamus elephantipes die man in ſeinen vermiſchten Schriften von 1845 zuſammenge- ſtellt findet, iſt die richtige Auffaſſung der Gefäßbündel als eigen- artiger Syſteme verſchiedener Gewebeformen die Urſache der Klarheit und Verſtändlichkeit ſeiner Darſtellung, durch welche ſich Mohl's Behandlung dieſer Gegenſtände der bisherigen Literatur gegenüber (Moldenhawer ausgenommen) als eine ganz neue zu erkennen gibt. Sind dieſe Arbeiten Mohl's auch durch die ſpäteren entwicklungsgeſchichtlichen Studien anderer überholt, ſo waren ſie doch ihrerzeit gewiſſermaſſen der feſte Kern, an welchen ſich die weiteren vergleichenden Unterſuchungen über die Struktur zumal der Stämme anlehnen konnten. Zu einer richtigen Einſicht in den Bau derſelben mußte zunächſt bei- tragen, daß Mohl an Moldenhawer anknüpfend, in den Ge- fäßbündeln den Holztheil und den Baſttheil unterſchied und beide als weſentliche Conſtituenten eines ächten Gefäßbündels betrach- tete; nicht minder wichtig waren Mohl's Unterſuchungen über den Längsverlauf der Gefäßbündel im Stamm und Blatt und die Hervorhebung der Thatſache, daß bei den Phanerogamen die im Stamm verlaufenden Stränge nur die unteren Enden der- ſelben Gefäßbündel ſind, deren obere Enden in die Blätter hinaus- biegen, ſowie der Nachweis, daß in dieſer Beziehung die Mono- cotyledonen und Dicotyledonen übereinſtimmen, wenn auch die Art des Gefäßbündelverlaufs bei beiden namhafte Unterſchiede darbietet. Ein bedeutendes Ergebniß erzielte er in dieſer Beziehung ſchon in ſeiner Unterſuchung über die Palmenſtämme 1831, wo er die Unrichtigkeit der von Desfontaines aufgeſtellten, von De Candolle ſogar zur Syſtematik verwertheten Unterſcheidung eines endogenen und exogenen Dickenwachsthums nachwies. Nach Desfontaines ſollte das Holz der Monocotylen in Form zer- ſtreuter Bündel auftreten, von denen diejenigen, welche oben in die Blätter auslaufen, aus dem Centrum des Stammes her- kommen. Aus dieſer ſehr unvollſtändigen Beobachtung hatte er

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/343>, abgerufen am 22.11.2024.