und Harting behaupteten, auf mikroskopische Untersuchungen gestützt, daß die innerste tertiäre Schicht verdickter Häute die älteste sei, auf deren Außenseite die anderen nicht aus Zell- stoff bestehenden Schichten abgelagert werden. Dieser An- sicht trat nun Mohl in der botanischen Zeitung 1847 entschieden und siegreich entgegen, ebenso wies er ("Vegeta- bilische Zelle" p. 192) die auf unklaren chemischen Begriffen ruhende Ansicht Schleiden's von der verschiedenen Substanz der Zellhäute zurück.
Es würde uns viel zu weit führen, wollten wir hier aus- führlicher auf diesen wissenschaftlichen Streit eingehen; Payen's von Mohl adoptirte und weiter ausgebildete Ansicht von der chemischen Natur der Pflanzenzellhaut hat sich bisher erhalten und gilt allgemein als die richtige; Mohl's Theorie des Dickenwachsthums dagegen wurde später (1858) durch Nägeli's Wachsthumstheorie in ihren Grundlagen erschüttert und man darf wohl sagen, in der Hauptsache für immer beseitigt. Nichts desto weniger war aber Mohl's Theorie des Dickenwachsthums der Zellhäute für die Entwicklung unserer Ansichten vom Zellen- bau der Pflanzen von großem Nutzen: indem sie sich an die unmittelbar sichtbaren Verhältnisse ganz eng anschloß, war sie zu- gleich geeignet, fast alle Skulpturverhältnisse der Zellwände unter einen einheitlichen Gesichtspunct zu bringen und ihre Entstehung auf ein allgemeines und sehr einfaches Schema zurückzuführen: jede derartige Theorie ist für den Fortschritt der Wissenschaft schon, weil sie die gegenseitige Verständigung erleichtert, von großem Nutzen, der sich in diesem Fall sofort zeigte, als Nägeli seine tiefer gefaßte Theorie der Intussuception auf- stellte; das Verständniß dieser letzteren wird ganz wesentlich er- leichtert, wenn man vorher die Mohl'sche Theorie in ihren Grundlagen und Consequenzen genau kennen gelernt hat. -- Zum Schluß sei hier noch erwähnt, daß Mohl später (Bot. Zeitung 1861) in seiner Untersuchung über das Vorkommen der Kieselsäure in den Zellhäuten einen sehr reichhaltigen und folgen- reichen Beitrag zur Kenntniß der feineren Struktur der Zellhäute,
Unterſuchung des fertigen
und Harting behaupteten, auf mikroſkopiſche Unterſuchungen geſtützt, daß die innerſte tertiäre Schicht verdickter Häute die älteſte ſei, auf deren Außenſeite die anderen nicht aus Zell- ſtoff beſtehenden Schichten abgelagert werden. Dieſer An- ſicht trat nun Mohl in der botaniſchen Zeitung 1847 entſchieden und ſiegreich entgegen, ebenſo wies er („Vegeta- biliſche Zelle“ p. 192) die auf unklaren chemiſchen Begriffen ruhende Anſicht Schleiden's von der verſchiedenen Subſtanz der Zellhäute zurück.
Es würde uns viel zu weit führen, wollten wir hier aus- führlicher auf dieſen wiſſenſchaftlichen Streit eingehen; Payen's von Mohl adoptirte und weiter ausgebildete Anſicht von der chemiſchen Natur der Pflanzenzellhaut hat ſich bisher erhalten und gilt allgemein als die richtige; Mohl's Theorie des Dickenwachsthums dagegen wurde ſpäter (1858) durch Nägeli's Wachsthumstheorie in ihren Grundlagen erſchüttert und man darf wohl ſagen, in der Hauptſache für immer beſeitigt. Nichts deſto weniger war aber Mohl's Theorie des Dickenwachsthums der Zellhäute für die Entwicklung unſerer Anſichten vom Zellen- bau der Pflanzen von großem Nutzen: indem ſie ſich an die unmittelbar ſichtbaren Verhältniſſe ganz eng anſchloß, war ſie zu- gleich geeignet, faſt alle Skulpturverhältniſſe der Zellwände unter einen einheitlichen Geſichtspunct zu bringen und ihre Entſtehung auf ein allgemeines und ſehr einfaches Schema zurückzuführen: jede derartige Theorie iſt für den Fortſchritt der Wiſſenſchaft ſchon, weil ſie die gegenſeitige Verſtändigung erleichtert, von großem Nutzen, der ſich in dieſem Fall ſofort zeigte, als Nägeli ſeine tiefer gefaßte Theorie der Intusſuception auf- ſtellte; das Verſtändniß dieſer letzteren wird ganz weſentlich er- leichtert, wenn man vorher die Mohl'ſche Theorie in ihren Grundlagen und Conſequenzen genau kennen gelernt hat. — Zum Schluß ſei hier noch erwähnt, daß Mohl ſpäter (Bot. Zeitung 1861) in ſeiner Unterſuchung über das Vorkommen der Kieſelſäure in den Zellhäuten einen ſehr reichhaltigen und folgen- reichen Beitrag zur Kenntniß der feineren Struktur der Zellhäute,
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Unterſuchung des fertigen
und Harting behaupteten, auf mikroſkopiſche Unterſuchungen
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älteſte ſei, auf deren Außenſeite die anderen nicht aus Zell-
ſtoff beſtehenden Schichten abgelagert werden. Dieſer An-
ſicht trat nun Mohl in der botaniſchen Zeitung 1847
entſchieden und ſiegreich entgegen, ebenſo wies er („Vegeta-
biliſche Zelle“ p. 192) die auf unklaren chemiſchen Begriffen
ruhende Anſicht Schleiden's von der verſchiedenen Subſtanz
der Zellhäute zurück.
Es würde uns viel zu weit führen, wollten wir hier aus-
führlicher auf dieſen wiſſenſchaftlichen Streit eingehen; Payen's
von Mohl adoptirte und weiter ausgebildete Anſicht von der
chemiſchen Natur der Pflanzenzellhaut hat ſich bisher erhalten
und gilt allgemein als die richtige; Mohl's Theorie des
Dickenwachsthums dagegen wurde ſpäter (1858) durch Nägeli's
Wachsthumstheorie in ihren Grundlagen erſchüttert und man
darf wohl ſagen, in der Hauptſache für immer beſeitigt. Nichts
deſto weniger war aber Mohl's Theorie des Dickenwachsthums
der Zellhäute für die Entwicklung unſerer Anſichten vom Zellen-
bau der Pflanzen von großem Nutzen: indem ſie ſich an die
unmittelbar ſichtbaren Verhältniſſe ganz eng anſchloß, war ſie zu-
gleich geeignet, faſt alle Skulpturverhältniſſe der Zellwände unter
einen einheitlichen Geſichtspunct zu bringen und ihre Entſtehung
auf ein allgemeines und ſehr einfaches Schema zurückzuführen:
jede derartige Theorie iſt für den Fortſchritt der Wiſſenſchaft
ſchon, weil ſie die gegenſeitige Verſtändigung erleichtert, von
großem Nutzen, der ſich in dieſem Fall ſofort zeigte, als
Nägeli ſeine tiefer gefaßte Theorie der Intusſuception auf-
ſtellte; das Verſtändniß dieſer letzteren wird ganz weſentlich er-
leichtert, wenn man vorher die Mohl'ſche Theorie in ihren
Grundlagen und Conſequenzen genau kennen gelernt hat. —
Zum Schluß ſei hier noch erwähnt, daß Mohl ſpäter (Bot.
Zeitung 1861) in ſeiner Unterſuchung über das Vorkommen der
Kieſelſäure in den Zellhäuten einen ſehr reichhaltigen und folgen-
reichen Beitrag zur Kenntniß der feineren Struktur der Zellhäute,
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/340>, abgerufen am 22.11.2024.
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