maßgebend; selbst Moldenhawer und Treviranus gegen- über nahm er sofort eine ganz selbstständige Stellung; länger dauerte es allerdings, bis es ihm gelang, sich auch von der Autorität Mirbel's ganz frei zu machen. Aus den hier an- gegebenen Gründen und weil Meyen's Thätigkeit schon 1840 durch den Tod unterbrochen wurde, während Mohl noch dreißig Jahre länger die Phytotomie fördern half, werde ich hier zuerst von Meyen's Thätigkeit berichten.
Meyen1) zeichnete sich durch eine außerordentliche Frucht- barkeit als Schriftsteller aus. Schon mit 22 Jahren schrieb er eine Abhandlung de primis vitae phaenomenis in fluidis 1826; zwei Jahre später anatomisch-physiologische Untersuchungen über den Inhalt der Pflanzenzellen und schon 1830 erschien sein Lehrbuch der Phytotomie, welches die ganze Disziplin auf Grund eigener Untersuchungen und mit zahlreichen, für jene Zeit recht schönen Abbildungen auf 13 Kupfertafeln behandelt. Seine schriftstellerische Thätigkeit wurde sodann durch eine in den Jahren 1830-32 ausgeführte Weltumseglung unterbrochen, um in den letzten vier Jahren seines Lebens 1836-1849 zu einer unglaublichen Produktivität sich zu steigern; man begreift kaum, wo Meyen die Zeit hernahm, um auch nur die mecha- nische Seite derselben zu bewältigen; denn 1836 erschien seine von der Teyler'schen Gesellschaft in Harlem gekrönte Preisschrift über die neuesten Fortschritte der Anatomie und Physiologie der Gewächse, ein Quartband von 319 Seiten mit 22 Kupfertafeln; die letzteren sind schön gezeichnet, die stylistische Darstellung gewandt, der Inhalt des Werkes freilich
1)Franz Julius Ferdinand Meyen geb. zu Tilsit 1804, gest. als Professor zu Berlin 1840. - Er widmete sich anfangs der Pharmazie, ging dann aber zur Medicin über und promovirte 1826, worauf er mehrere Jahre ärztliche Praxis trieb; 1830 trat er, mit Instruktionen A. v. Hum- boldt's versehen, eine Weltumsegelung an, von der er 1832 zurückkehrte und reiche Sammlungen mitbrachte; 1834 wurde er Professor zu Berlin. Auf seine physiologischen Arbeiten komme ich später zurück. (Biographisches in Flora 1745 p. 618).
Unterſuchung des fertigen
maßgebend; ſelbſt Moldenhawer und Treviranus gegen- über nahm er ſofort eine ganz ſelbſtſtändige Stellung; länger dauerte es allerdings, bis es ihm gelang, ſich auch von der Autorität Mirbel's ganz frei zu machen. Aus den hier an- gegebenen Gründen und weil Meyen's Thätigkeit ſchon 1840 durch den Tod unterbrochen wurde, während Mohl noch dreißig Jahre länger die Phytotomie fördern half, werde ich hier zuerſt von Meyen's Thätigkeit berichten.
Meyen1) zeichnete ſich durch eine außerordentliche Frucht- barkeit als Schriftſteller aus. Schon mit 22 Jahren ſchrieb er eine Abhandlung de primis vitae phaenomenis in fluidis 1826; zwei Jahre ſpäter anatomiſch-phyſiologiſche Unterſuchungen über den Inhalt der Pflanzenzellen und ſchon 1830 erſchien ſein Lehrbuch der Phytotomie, welches die ganze Disziplin auf Grund eigener Unterſuchungen und mit zahlreichen, für jene Zeit recht ſchönen Abbildungen auf 13 Kupfertafeln behandelt. Seine ſchriftſtelleriſche Thätigkeit wurde ſodann durch eine in den Jahren 1830-32 ausgeführte Weltumſeglung unterbrochen, um in den letzten vier Jahren ſeines Lebens 1836-1849 zu einer unglaublichen Produktivität ſich zu ſteigern; man begreift kaum, wo Meyen die Zeit hernahm, um auch nur die mecha- niſche Seite derſelben zu bewältigen; denn 1836 erſchien ſeine von der Teyler'ſchen Geſellſchaft in Harlem gekrönte Preisſchrift über die neueſten Fortſchritte der Anatomie und Phyſiologie der Gewächſe, ein Quartband von 319 Seiten mit 22 Kupfertafeln; die letzteren ſind ſchön gezeichnet, die ſtyliſtiſche Darſtellung gewandt, der Inhalt des Werkes freilich
1)Franz Julius Ferdinand Meyen geb. zu Tilſit 1804, geſt. als Profeſſor zu Berlin 1840. ‒ Er widmete ſich anfangs der Pharmazie, ging dann aber zur Medicin über und promovirte 1826, worauf er mehrere Jahre ärztliche Praxis trieb; 1830 trat er, mit Inſtruktionen A. v. Hum- boldt's verſehen, eine Weltumſegelung an, von der er 1832 zurückkehrte und reiche Sammlungen mitbrachte; 1834 wurde er Profeſſor zu Berlin. Auf ſeine phyſiologiſchen Arbeiten komme ich ſpäter zurück. (Biographiſches in Flora 1745 p. 618).
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Unterſuchung des fertigen
maßgebend; ſelbſt Moldenhawer und Treviranus gegen-
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dauerte es allerdings, bis es ihm gelang, ſich auch von der
Autorität Mirbel's ganz frei zu machen. Aus den hier an-
gegebenen Gründen und weil Meyen's Thätigkeit ſchon 1840
durch den Tod unterbrochen wurde, während Mohl noch dreißig
Jahre länger die Phytotomie fördern half, werde ich hier zuerſt
von Meyen's Thätigkeit berichten.
Meyen 1) zeichnete ſich durch eine außerordentliche Frucht-
barkeit als Schriftſteller aus. Schon mit 22 Jahren ſchrieb er eine
Abhandlung de primis vitae phaenomenis in fluidis 1826;
zwei Jahre ſpäter anatomiſch-phyſiologiſche Unterſuchungen über
den Inhalt der Pflanzenzellen und ſchon 1830 erſchien ſein
Lehrbuch der Phytotomie, welches die ganze Disziplin auf Grund
eigener Unterſuchungen und mit zahlreichen, für jene Zeit recht
ſchönen Abbildungen auf 13 Kupfertafeln behandelt. Seine
ſchriftſtelleriſche Thätigkeit wurde ſodann durch eine in den
Jahren 1830-32 ausgeführte Weltumſeglung unterbrochen,
um in den letzten vier Jahren ſeines Lebens 1836-1849 zu
einer unglaublichen Produktivität ſich zu ſteigern; man begreift
kaum, wo Meyen die Zeit hernahm, um auch nur die mecha-
niſche Seite derſelben zu bewältigen; denn 1836 erſchien ſeine
von der Teyler'ſchen Geſellſchaft in Harlem gekrönte
Preisſchrift über die neueſten Fortſchritte der Anatomie und
Phyſiologie der Gewächſe, ein Quartband von 319 Seiten
mit 22 Kupfertafeln; die letzteren ſind ſchön gezeichnet, die
ſtyliſtiſche Darſtellung gewandt, der Inhalt des Werkes freilich
1) Franz Julius Ferdinand Meyen geb. zu Tilſit 1804, geſt.
als Profeſſor zu Berlin 1840. ‒ Er widmete ſich anfangs der Pharmazie,
ging dann aber zur Medicin über und promovirte 1826, worauf er mehrere
Jahre ärztliche Praxis trieb; 1830 trat er, mit Inſtruktionen A. v. Hum-
boldt's verſehen, eine Weltumſegelung an, von der er 1832 zurückkehrte
und reiche Sammlungen mitbrachte; 1834 wurde er Profeſſor zu Berlin.
Auf ſeine phyſiologiſchen Arbeiten komme ich ſpäter zurück. (Biographiſches
in Flora 1745 p. 618).
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/320>, abgerufen am 18.07.2024.
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