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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Zellhautgerüstes der Pflanzen.
einandersetzung über die mit den gebrauchten Worten verbundenen
Begriffe; der Gedankengang bleibt daher vielfach unklar und
schwankend. Trotzdem ist leicht zu erkennen, daß beide einander
in allen wesentlichen Puncten widersprechen, wobei jedoch ge-
wöhnlich Link 1) das Richtige oder wenigstens das Richtigere
trifft. So leugnet z. B. Rudolphi überhaupt die vegetabilische
Natur der Pilze und Flechten, indem er zwischen ihren Hyphen
und dem pflanzlichen Zellgewebe durchaus keine Aehnlichkeit findet
(jene Pflanzen läßt er durch Urzeugung entstehen); sogar be-
treffs der Conferven sagt er, das Mikroskop habe ihm Nichts
gezeigt, was mit dem Pflanzenbau übereinstimme; offenbar ein
Zeichen schlechter Beobachtung oder aber der Unfähigkeit, das
Gesehene zu begreifen. Link dagegen nimmt alle Thallophyten
für Pflanzen, erkennt, daß die Flechten- und Pilzfäden aus
Zellen bestehen und daß wenigstens bei manchen Algen Zellen
vorkommen. - Rudolphi lobt gleichzeitig Wolff's und
Sprengel's Ansicht vom Zellgewebe, obgleich beide einander

1) Heinrich Friedrich Link, 1767 zu Hildesheim geboren, studirte
in Göttingen, wo er 1788 Doctor der Medicin wurde; 1792 ward er als
Professor der Zoologie, Botanik und Chemie nach Rostock, 1811 auf den
Lehrstuhl der Botanik nach Breslau, 1815 nach Berlin berufen, wo er 1851
starb. -- Link war ein sehr vielseitig gebildeter, geistreicher Mann, der es
jedoch bei der Untersuchung im Einzelnen nicht allzu genau nahm und sich
mehr als anregender Lehrer und Verfasser populärer, philosophisch-natur-
wissenschaftlicher Werke u. dgl. in weiteren Kreisen Geltung erwarb. Er
war einer der wenigen Botaniker Deutschlands, die in den ersten Jahrzehnten
unseres Jahrhunderts eine allseitige Pflanzenkenntniß anstrebten, mit soliden
systematischen Forschungen auch phytotomische und physiologische zu verbinden
wußten. Unter der sehr großen Zahl seiner Schriften, welche alle Disciplinen
der Botanik, aber auch Zoologie, Physik, Chemie und Anderes behandeln,
dürfte seine Göttinger Preisschrift doch die für den Fortschritt der Wissen-
schaft wichtigste gewesen sein; seine spätere schriftstellerische Thätigkeit war,
wie Martius treffend sagt, weniger von universell treibender Bedeutung,
als vielmehr nachforschend, berichtend, berichtigend, bezweifelnd, belehrend
und anregend. Eine, wohl etwas übertreibende Schilderung seiner wissen-
schaftlichen Bedeutung giebt v. Martius: "Denkrede auf H. F. Link"
(Gelehrte Anzeigen München 1851 Nr. 58 bis 69.)
Sachs, Geschichte der Botanik. 19

Zellhautgerüſtes der Pflanzen.
einanderſetzung über die mit den gebrauchten Worten verbundenen
Begriffe; der Gedankengang bleibt daher vielfach unklar und
ſchwankend. Trotzdem iſt leicht zu erkennen, daß beide einander
in allen weſentlichen Puncten widerſprechen, wobei jedoch ge-
wöhnlich Link 1) das Richtige oder wenigſtens das Richtigere
trifft. So leugnet z. B. Rudolphi überhaupt die vegetabiliſche
Natur der Pilze und Flechten, indem er zwiſchen ihren Hyphen
und dem pflanzlichen Zellgewebe durchaus keine Aehnlichkeit findet
(jene Pflanzen läßt er durch Urzeugung entſtehen); ſogar be-
treffs der Conferven ſagt er, das Mikroſkop habe ihm Nichts
gezeigt, was mit dem Pflanzenbau übereinſtimme; offenbar ein
Zeichen ſchlechter Beobachtung oder aber der Unfähigkeit, das
Geſehene zu begreifen. Link dagegen nimmt alle Thallophyten
für Pflanzen, erkennt, daß die Flechten- und Pilzfäden aus
Zellen beſtehen und daß wenigſtens bei manchen Algen Zellen
vorkommen. ‒ Rudolphi lobt gleichzeitig Wolff's und
Sprengel's Anſicht vom Zellgewebe, obgleich beide einander

1) Heinrich Friedrich Link, 1767 zu Hildesheim geboren, ſtudirte
in Göttingen, wo er 1788 Doctor der Medicin wurde; 1792 ward er als
Profeſſor der Zoologie, Botanik und Chemie nach Roſtock, 1811 auf den
Lehrſtuhl der Botanik nach Breslau, 1815 nach Berlin berufen, wo er 1851
ſtarb. — Link war ein ſehr vielſeitig gebildeter, geiſtreicher Mann, der es
jedoch bei der Unterſuchung im Einzelnen nicht allzu genau nahm und ſich
mehr als anregender Lehrer und Verfaſſer populärer, philoſophiſch-natur-
wiſſenſchaftlicher Werke u. dgl. in weiteren Kreiſen Geltung erwarb. Er
war einer der wenigen Botaniker Deutſchlands, die in den erſten Jahrzehnten
unſeres Jahrhunderts eine allſeitige Pflanzenkenntniß anſtrebten, mit ſoliden
ſyſtematiſchen Forſchungen auch phytotomiſche und phyſiologiſche zu verbinden
wußten. Unter der ſehr großen Zahl ſeiner Schriften, welche alle Disciplinen
der Botanik, aber auch Zoologie, Phyſik, Chemie und Anderes behandeln,
dürfte ſeine Göttinger Preisſchrift doch die für den Fortſchritt der Wiſſen-
ſchaft wichtigſte geweſen ſein; ſeine ſpätere ſchriftſtelleriſche Thätigkeit war,
wie Martius treffend ſagt, weniger von univerſell treibender Bedeutung,
als vielmehr nachforſchend, berichtend, berichtigend, bezweifelnd, belehrend
und anregend. Eine, wohl etwas übertreibende Schilderung ſeiner wiſſen-
ſchaftlichen Bedeutung giebt v. Martius: „Denkrede auf H. F. Link
(Gelehrte Anzeigen München 1851 Nr. 58 bis 69.)
Sachs, Geſchichte der Botanik. 19
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[289/0301] Zellhautgerüſtes der Pflanzen. einanderſetzung über die mit den gebrauchten Worten verbundenen Begriffe; der Gedankengang bleibt daher vielfach unklar und ſchwankend. Trotzdem iſt leicht zu erkennen, daß beide einander in allen weſentlichen Puncten widerſprechen, wobei jedoch ge- wöhnlich Link 1) das Richtige oder wenigſtens das Richtigere trifft. So leugnet z. B. Rudolphi überhaupt die vegetabiliſche Natur der Pilze und Flechten, indem er zwiſchen ihren Hyphen und dem pflanzlichen Zellgewebe durchaus keine Aehnlichkeit findet (jene Pflanzen läßt er durch Urzeugung entſtehen); ſogar be- treffs der Conferven ſagt er, das Mikroſkop habe ihm Nichts gezeigt, was mit dem Pflanzenbau übereinſtimme; offenbar ein Zeichen ſchlechter Beobachtung oder aber der Unfähigkeit, das Geſehene zu begreifen. Link dagegen nimmt alle Thallophyten für Pflanzen, erkennt, daß die Flechten- und Pilzfäden aus Zellen beſtehen und daß wenigſtens bei manchen Algen Zellen vorkommen. ‒ Rudolphi lobt gleichzeitig Wolff's und Sprengel's Anſicht vom Zellgewebe, obgleich beide einander 1) Heinrich Friedrich Link, 1767 zu Hildesheim geboren, ſtudirte in Göttingen, wo er 1788 Doctor der Medicin wurde; 1792 ward er als Profeſſor der Zoologie, Botanik und Chemie nach Roſtock, 1811 auf den Lehrſtuhl der Botanik nach Breslau, 1815 nach Berlin berufen, wo er 1851 ſtarb. — Link war ein ſehr vielſeitig gebildeter, geiſtreicher Mann, der es jedoch bei der Unterſuchung im Einzelnen nicht allzu genau nahm und ſich mehr als anregender Lehrer und Verfaſſer populärer, philoſophiſch-natur- wiſſenſchaftlicher Werke u. dgl. in weiteren Kreiſen Geltung erwarb. Er war einer der wenigen Botaniker Deutſchlands, die in den erſten Jahrzehnten unſeres Jahrhunderts eine allſeitige Pflanzenkenntniß anſtrebten, mit ſoliden ſyſtematiſchen Forſchungen auch phytotomiſche und phyſiologiſche zu verbinden wußten. Unter der ſehr großen Zahl ſeiner Schriften, welche alle Disciplinen der Botanik, aber auch Zoologie, Phyſik, Chemie und Anderes behandeln, dürfte ſeine Göttinger Preisſchrift doch die für den Fortſchritt der Wiſſen- ſchaft wichtigſte geweſen ſein; ſeine ſpätere ſchriftſtelleriſche Thätigkeit war, wie Martius treffend ſagt, weniger von univerſell treibender Bedeutung, als vielmehr nachforſchend, berichtend, berichtigend, bezweifelnd, belehrend und anregend. Eine, wohl etwas übertreibende Schilderung ſeiner wiſſen- ſchaftlichen Bedeutung giebt v. Martius: „Denkrede auf H. F. Link“ (Gelehrte Anzeigen München 1851 Nr. 58 bis 69.) Sachs, Geſchichte der Botanik. 19

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/301>, abgerufen am 22.11.2024.