Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.Malpighi und Grew. der seine Beobachtungen über thierische und pflanzliche Anatomiein sehr zahlreichen Briefen der Royal society in London mittheilte, von denen eine erste Sammlung unter dem Namen Arcana naturae 1695 in Delft erschien. Es ist nicht leicht, aus den zerstreuten Angaben Leeuwenhoek's ein klares Bild seines phytotomischen Wissens zu gewinnen. Auch er behandelte die gröbere Anatomie, zumal der Früchte, Samen und Embryonen, machte gelegentliche Beobachtungen über die Keimung, wiederholt auch solche über den Bau verschiedener Hölzer u. s. w. Dieß alles jedoch trägt den Charakter nur gelegentlicher Beschäftigung mit den Pflanzen; meist waren es Fragen der damals herrschenden Naturphilosophie, besonders auch solche, welche mit der Evolutionstheorie zusammenhängen, nicht selten sogar bloße Neugierde und das Gefallen an verbor- genen, anderen Leuten schwer zugänglichen Dingen, was ihn zu seinen Beobachtungen veranlaßte, aus denen ein Gesammtbild der Pflanzenstructur zu entwerfen, er unterließ. Dabei erwarb er sich aber unstreitig Verdienste um die Vervollkommnung der ein- fachen Vergrößerungsgläser, deren er eine große Zahl eigenhän- dig herstellte und welche Vergrößerungen lieferten, die Malpighi und Grew offenbar nicht zu Gebote standen. Diesem Umstand ist zu verdanken, daß Leeuwenhoek, die im secundären Holz verlaufenden Gefäße nicht spiralig verdickt, sondern mit Tüpfeln besetzt fand, deren wahren Bau er jedoch nicht erforschte. Außer- dem ist er wohl der Erste gewesen, der die Krystalle im Pflanzen- gewebe (und zwar im Wurzelstock von Iris florentina und Smilaxarten) auffand, was ebenfalls nur mit starken Vergrößer- ungen möglich war. Im Uebrigen kehren bei ihm die von Malpighi und Grew gehegten histologischen Vorstellungen sich aber aus Liebhaberei dem Verfertigen vorzüglicher Linsen zu, mittels
deren er unablässig immer neue und neue Gegenstände durchsuchte, ohne bei diesen Untersuchungen von irgend einem durchgehenden wissenschaftlichen Plan geleitet zu werden. Die königl. Gesellschaft zu London, welcher er seine Beobachtungen übersandte, machte ihn zum Mitglied. Er starb, 90 Jahre alt, 1723 in seiner Geburtsstadt." Malpighi und Grew. der ſeine Beobachtungen über thieriſche und pflanzliche Anatomiein ſehr zahlreichen Briefen der Royal society in London mittheilte, von denen eine erſte Sammlung unter dem Namen Arcana naturae 1695 in Delft erſchien. Es iſt nicht leicht, aus den zerſtreuten Angaben Leeuwenhoek's ein klares Bild ſeines phytotomiſchen Wiſſens zu gewinnen. Auch er behandelte die gröbere Anatomie, zumal der Früchte, Samen und Embryonen, machte gelegentliche Beobachtungen über die Keimung, wiederholt auch ſolche über den Bau verſchiedener Hölzer u. ſ. w. Dieß alles jedoch trägt den Charakter nur gelegentlicher Beſchäftigung mit den Pflanzen; meiſt waren es Fragen der damals herrſchenden Naturphiloſophie, beſonders auch ſolche, welche mit der Evolutionstheorie zuſammenhängen, nicht ſelten ſogar bloße Neugierde und das Gefallen an verbor- genen, anderen Leuten ſchwer zugänglichen Dingen, was ihn zu ſeinen Beobachtungen veranlaßte, aus denen ein Geſammtbild der Pflanzenſtructur zu entwerfen, er unterließ. Dabei erwarb er ſich aber unſtreitig Verdienſte um die Vervollkommnung der ein- fachen Vergrößerungsgläſer, deren er eine große Zahl eigenhän- dig herſtellte und welche Vergrößerungen lieferten, die Malpighi und Grew offenbar nicht zu Gebote ſtanden. Dieſem Umſtand iſt zu verdanken, daß Leeuwenhoek, die im ſecundären Holz verlaufenden Gefäße nicht ſpiralig verdickt, ſondern mit Tüpfeln beſetzt fand, deren wahren Bau er jedoch nicht erforſchte. Außer- dem iſt er wohl der Erſte geweſen, der die Kryſtalle im Pflanzen- gewebe (und zwar im Wurzelſtock von Iris florentina und Smilaxarten) auffand, was ebenfalls nur mit ſtarken Vergrößer- ungen möglich war. Im Uebrigen kehren bei ihm die von Malpighi und Grew gehegten hiſtologiſchen Vorſtellungen ſich aber aus Liebhaberei dem Verfertigen vorzüglicher Linſen zu, mittels
deren er unabläſſig immer neue und neue Gegenſtände durchſuchte, ohne bei dieſen Unterſuchungen von irgend einem durchgehenden wiſſenſchaftlichen Plan geleitet zu werden. Die königl. Geſellſchaft zu London, welcher er ſeine Beobachtungen überſandte, machte ihn zum Mitglied. Er ſtarb, 90 Jahre alt, 1723 in ſeiner Geburtsſtadt.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0275" n="263"/><fw place="top" type="header">Malpighi und Grew.</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_5_2" prev="#seg2pn_5_1" place="foot" n="1)">ſich aber aus Liebhaberei dem Verfertigen vorzüglicher Linſen zu, mittels<lb/> deren er unabläſſig immer neue und neue Gegenſtände durchſuchte, ohne<lb/> bei dieſen Unterſuchungen von irgend einem durchgehenden wiſſenſchaftlichen<lb/> Plan geleitet zu werden. Die königl. Geſellſchaft zu London, welcher er ſeine<lb/> Beobachtungen überſandte, machte ihn zum Mitglied. Er ſtarb, 90 Jahre<lb/> alt, 1723 in ſeiner Geburtsſtadt.“</note><lb/> der ſeine Beobachtungen über thieriſche und pflanzliche Anatomie<lb/> in ſehr zahlreichen Briefen der <hi rendition="#aq">Royal society</hi> in London<lb/> mittheilte, von denen eine erſte Sammlung unter dem Namen<lb/><hi rendition="#aq">Arcana naturae</hi> 1695 in Delft erſchien. Es iſt nicht leicht,<lb/> aus den zerſtreuten Angaben <hi rendition="#g">Leeuwenhoek</hi>'s ein klares<lb/> Bild ſeines phytotomiſchen Wiſſens zu gewinnen. Auch er<lb/> behandelte die gröbere Anatomie, zumal der Früchte, Samen<lb/> und Embryonen, machte gelegentliche Beobachtungen über die<lb/> Keimung, wiederholt auch ſolche über den Bau verſchiedener<lb/> Hölzer u. ſ. w. Dieß alles jedoch trägt den Charakter<lb/> nur gelegentlicher Beſchäftigung mit den Pflanzen; meiſt waren<lb/> es Fragen der damals herrſchenden Naturphiloſophie, beſonders<lb/> auch ſolche, welche mit der Evolutionstheorie zuſammenhängen,<lb/> nicht ſelten ſogar bloße Neugierde und das Gefallen an verbor-<lb/> genen, anderen Leuten ſchwer zugänglichen Dingen, was ihn zu<lb/> ſeinen Beobachtungen veranlaßte, aus denen ein Geſammtbild<lb/> der Pflanzenſtructur zu entwerfen, er unterließ. Dabei erwarb er<lb/> ſich aber unſtreitig Verdienſte um die Vervollkommnung der ein-<lb/> fachen Vergrößerungsgläſer, deren er eine große Zahl eigenhän-<lb/> dig herſtellte und welche Vergrößerungen lieferten, die <hi rendition="#g">Malpighi</hi><lb/> und <hi rendition="#g">Grew</hi> offenbar nicht zu Gebote ſtanden. Dieſem Umſtand<lb/> iſt zu verdanken, daß <hi rendition="#g">Leeuwenhoek</hi>, die im ſecundären Holz<lb/> verlaufenden Gefäße nicht ſpiralig verdickt, ſondern mit Tüpfeln<lb/> beſetzt fand, deren wahren Bau er jedoch nicht erforſchte. Außer-<lb/> dem iſt er wohl der Erſte geweſen, der die Kryſtalle im Pflanzen-<lb/> gewebe (und zwar im Wurzelſtock von <hi rendition="#aq">Iris florentina</hi> und<lb/> Smilaxarten) auffand, was ebenfalls nur mit ſtarken Vergrößer-<lb/> ungen möglich war. Im Uebrigen kehren bei ihm die von<lb/><hi rendition="#g">Malpighi</hi> und <hi rendition="#g">Grew</hi> gehegten hiſtologiſchen Vorſtellungen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [263/0275]
Malpighi und Grew.
1)
der ſeine Beobachtungen über thieriſche und pflanzliche Anatomie
in ſehr zahlreichen Briefen der Royal society in London
mittheilte, von denen eine erſte Sammlung unter dem Namen
Arcana naturae 1695 in Delft erſchien. Es iſt nicht leicht,
aus den zerſtreuten Angaben Leeuwenhoek's ein klares
Bild ſeines phytotomiſchen Wiſſens zu gewinnen. Auch er
behandelte die gröbere Anatomie, zumal der Früchte, Samen
und Embryonen, machte gelegentliche Beobachtungen über die
Keimung, wiederholt auch ſolche über den Bau verſchiedener
Hölzer u. ſ. w. Dieß alles jedoch trägt den Charakter
nur gelegentlicher Beſchäftigung mit den Pflanzen; meiſt waren
es Fragen der damals herrſchenden Naturphiloſophie, beſonders
auch ſolche, welche mit der Evolutionstheorie zuſammenhängen,
nicht ſelten ſogar bloße Neugierde und das Gefallen an verbor-
genen, anderen Leuten ſchwer zugänglichen Dingen, was ihn zu
ſeinen Beobachtungen veranlaßte, aus denen ein Geſammtbild
der Pflanzenſtructur zu entwerfen, er unterließ. Dabei erwarb er
ſich aber unſtreitig Verdienſte um die Vervollkommnung der ein-
fachen Vergrößerungsgläſer, deren er eine große Zahl eigenhän-
dig herſtellte und welche Vergrößerungen lieferten, die Malpighi
und Grew offenbar nicht zu Gebote ſtanden. Dieſem Umſtand
iſt zu verdanken, daß Leeuwenhoek, die im ſecundären Holz
verlaufenden Gefäße nicht ſpiralig verdickt, ſondern mit Tüpfeln
beſetzt fand, deren wahren Bau er jedoch nicht erforſchte. Außer-
dem iſt er wohl der Erſte geweſen, der die Kryſtalle im Pflanzen-
gewebe (und zwar im Wurzelſtock von Iris florentina und
Smilaxarten) auffand, was ebenfalls nur mit ſtarken Vergrößer-
ungen möglich war. Im Uebrigen kehren bei ihm die von
Malpighi und Grew gehegten hiſtologiſchen Vorſtellungen
1) ſich aber aus Liebhaberei dem Verfertigen vorzüglicher Linſen zu, mittels
deren er unabläſſig immer neue und neue Gegenſtände durchſuchte, ohne
bei dieſen Unterſuchungen von irgend einem durchgehenden wiſſenſchaftlichen
Plan geleitet zu werden. Die königl. Geſellſchaft zu London, welcher er ſeine
Beobachtungen überſandte, machte ihn zum Mitglied. Er ſtarb, 90 Jahre
alt, 1723 in ſeiner Geburtsſtadt.“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |