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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Malpighi und Grew.
sowie die Fäden eines Gewebes die Hohlräume desselben um-
grenzen. Die Holzfasern und Luftgefäße aber stehen auf diesem
Gewebe senkrecht, also rechtwinklich zu den horizontalen Fasern
der parenchymatischen Theile, etwa so, wie in einem auf dem
Kissen liegenden Gewebestück die Nadeln senkrecht zu den Fäden
stehen. Um dieses Bild zu vervollständigen, müsse man sich
diese Nadeln hohl denken und das fädige Spitzengewebe in tausend-
fachen Lagen übereinander geschichtet. Grew gibt selbst gelegent-
lich an, daß er auf diese Vorstellung durch die Betrachtung einge-
trockneter Gewebemassen gekommen sei, wobei er natürlich Runzeln
und Falten sehen mußte, die er für seine Fäden nahm. Außerdem
scheint er aber auch mit stumpfen Messern geschnitten zu haben,
wobei Zellwände faserig zerreißen konnten, wie man fast aus
der Abbildung Tafel 40 schließen möchte, wo das von ihm an-
genommene Fadengewebe der Zellwände deutlich genug abgebildet
ist. Endlich mag auch die Beobachtung von netzförmig verdickten
Gefäßen und vom kreuzweiß gestreiften Parenchymzellen zur Be-
gründung seiner Ansicht beigetragen haben.

Es wird kaum überflüssig sein, hier die Bemerkung einzu-
schalten, daß aus Grew's Vorstellung von dem feinsten Bau
der Zellwände offenbar der Sprachgebrauch entstanden ist,
der hier, wie bei der Structur der Thiere, von Zellgewebe
(contextus cellulosus) redet, ein Sprachgebrauch, der sich in
die Mikroskopie einbürgerte und noch beibehalten wird, obgleich
Niemand mehr an die von Grew gemachte Vergleichung des
Zellenbaues mit einem künstlichen Spitzengewebe denkt. Das
Wort Gewebe selbst aber, hat offenbar, wie es zu geschehen pflegt,
die späteren Schriftsteller vielfach beirrt und sie veranlaßt, der
Vorstellung von der Pflanzenstructur das Bild eines künstlichen
Gewebes aus Häuten und Fasern zu Grunde zu legen.

Wie Malpighi, läßt auch Grew die jungen Holzlagen
des Stammes aus den innersten Rindenschichten entstehen. Das
eigentliche Holz, sagt er p. 114, ist nichts weiter, als eine Masse
von alt gewordenen Lymphgefäßen, d. h. von Fasern, welche ur-
sprünglich am inneren Umfang der Rinde lagen. Unter

Malpighi und Grew.
ſowie die Fäden eines Gewebes die Hohlräume desſelben um-
grenzen. Die Holzfaſern und Luftgefäße aber ſtehen auf dieſem
Gewebe ſenkrecht, alſo rechtwinklich zu den horizontalen Faſern
der parenchymatiſchen Theile, etwa ſo, wie in einem auf dem
Kiſſen liegenden Gewebeſtück die Nadeln ſenkrecht zu den Fäden
ſtehen. Um dieſes Bild zu vervollſtändigen, müſſe man ſich
dieſe Nadeln hohl denken und das fädige Spitzengewebe in tauſend-
fachen Lagen übereinander geſchichtet. Grew gibt ſelbſt gelegent-
lich an, daß er auf dieſe Vorſtellung durch die Betrachtung einge-
trockneter Gewebemaſſen gekommen ſei, wobei er natürlich Runzeln
und Falten ſehen mußte, die er für ſeine Fäden nahm. Außerdem
ſcheint er aber auch mit ſtumpfen Meſſern geſchnitten zu haben,
wobei Zellwände faſerig zerreißen konnten, wie man faſt aus
der Abbildung Tafel 40 ſchließen möchte, wo das von ihm an-
genommene Fadengewebe der Zellwände deutlich genug abgebildet
iſt. Endlich mag auch die Beobachtung von netzförmig verdickten
Gefäßen und vom kreuzweiß geſtreiften Parenchymzellen zur Be-
gründung ſeiner Anſicht beigetragen haben.

Es wird kaum überflüſſig ſein, hier die Bemerkung einzu-
ſchalten, daß aus Grew's Vorſtellung von dem feinſten Bau
der Zellwände offenbar der Sprachgebrauch entſtanden iſt,
der hier, wie bei der Structur der Thiere, von Zellgewebe
(contextus cellulosus) redet, ein Sprachgebrauch, der ſich in
die Mikroſkopie einbürgerte und noch beibehalten wird, obgleich
Niemand mehr an die von Grew gemachte Vergleichung des
Zellenbaues mit einem künſtlichen Spitzengewebe denkt. Das
Wort Gewebe ſelbſt aber, hat offenbar, wie es zu geſchehen pflegt,
die ſpäteren Schriftſteller vielfach beirrt und ſie veranlaßt, der
Vorſtellung von der Pflanzenſtructur das Bild eines künſtlichen
Gewebes aus Häuten und Faſern zu Grunde zu legen.

Wie Malpighi, läßt auch Grew die jungen Holzlagen
des Stammes aus den innerſten Rindenſchichten entſtehen. Das
eigentliche Holz, ſagt er p. 114, iſt nichts weiter, als eine Maſſe
von alt gewordenen Lymphgefäßen, d. h. von Faſern, welche ur-
ſprünglich am inneren Umfang der Rinde lagen. Unter

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[261/0273] Malpighi und Grew. ſowie die Fäden eines Gewebes die Hohlräume desſelben um- grenzen. Die Holzfaſern und Luftgefäße aber ſtehen auf dieſem Gewebe ſenkrecht, alſo rechtwinklich zu den horizontalen Faſern der parenchymatiſchen Theile, etwa ſo, wie in einem auf dem Kiſſen liegenden Gewebeſtück die Nadeln ſenkrecht zu den Fäden ſtehen. Um dieſes Bild zu vervollſtändigen, müſſe man ſich dieſe Nadeln hohl denken und das fädige Spitzengewebe in tauſend- fachen Lagen übereinander geſchichtet. Grew gibt ſelbſt gelegent- lich an, daß er auf dieſe Vorſtellung durch die Betrachtung einge- trockneter Gewebemaſſen gekommen ſei, wobei er natürlich Runzeln und Falten ſehen mußte, die er für ſeine Fäden nahm. Außerdem ſcheint er aber auch mit ſtumpfen Meſſern geſchnitten zu haben, wobei Zellwände faſerig zerreißen konnten, wie man faſt aus der Abbildung Tafel 40 ſchließen möchte, wo das von ihm an- genommene Fadengewebe der Zellwände deutlich genug abgebildet iſt. Endlich mag auch die Beobachtung von netzförmig verdickten Gefäßen und vom kreuzweiß geſtreiften Parenchymzellen zur Be- gründung ſeiner Anſicht beigetragen haben. Es wird kaum überflüſſig ſein, hier die Bemerkung einzu- ſchalten, daß aus Grew's Vorſtellung von dem feinſten Bau der Zellwände offenbar der Sprachgebrauch entſtanden iſt, der hier, wie bei der Structur der Thiere, von Zellgewebe (contextus cellulosus) redet, ein Sprachgebrauch, der ſich in die Mikroſkopie einbürgerte und noch beibehalten wird, obgleich Niemand mehr an die von Grew gemachte Vergleichung des Zellenbaues mit einem künſtlichen Spitzengewebe denkt. Das Wort Gewebe ſelbſt aber, hat offenbar, wie es zu geſchehen pflegt, die ſpäteren Schriftſteller vielfach beirrt und ſie veranlaßt, der Vorſtellung von der Pflanzenſtructur das Bild eines künſtlichen Gewebes aus Häuten und Faſern zu Grunde zu legen. Wie Malpighi, läßt auch Grew die jungen Holzlagen des Stammes aus den innerſten Rindenſchichten entſtehen. Das eigentliche Holz, ſagt er p. 114, iſt nichts weiter, als eine Maſſe von alt gewordenen Lymphgefäßen, d. h. von Faſern, welche ur- ſprünglich am inneren Umfang der Rinde lagen. Unter

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/273>, abgerufen am 25.11.2024.