damals noch nicht allen Gebildeten in England bekannt. -- Weiter hin aber heißt es bei Hooke, diese Art der Textur sei nicht bloß dem Kork eigen; denn als er mit seinem Mikroskop das Mark des Hollunders und anderer Bäume, sowie auch die Pulpa hohler Stengel, wie derer des Fenchels, der Karden, des Schilfes u. a. geprüft habe, so habe er eine ganz ähnliche Art der Struktur gefunden, nur mit dem Unterschied, daß hier die Poren (Zellen) in Längsreihen, bei dem Kork dagegen in Trans- versalreihen geordnet seien. -- Verbindungskanäle der Zellen unter einander habe er zwar nicht gesehen, solche müssen aber existiren, da der Nahrungssaft von einer zur andern geht; denn er habe gesehen wie bei frischen Pflanzen die Zellen mit Saft gefüllt sind und ebenso sei es bei den langen Poren des Holzes, die er dagegen bei dem verkohlten Holze saftleer, mit Luft gefüllt gefunden habe.
Man sieht, es war nicht viel, was Hooke mit seinem ver- besserten Mikroskop sah; dünne Querscheiben des Stengels der Balsamine oder des Kürbis, zweier Pflanzen, die damals in jedem Garten wuchsen, hätten auch dem unbewaffneten Auge ebensoviel, ja mehr von der Pflanzenstruktur gezeigt. Hier be- währte sich aber sogleich, was ich oben über den Einfluß des Mikroskops auf den Gebrauch des Auges sagte; die Freude an der Leistung des neuen Instruments mußte erst die Aufmerksam- keit auf Dinge lenken, die man auch ohne jenes sehen konnte, aber eben doch nicht sah.
Um die Zeit des Erscheinens von Hooke's Mikrographie hatten aber bereits Malpighi und Grew die Struktur der Pflanzen zum Gegenstand ausführlicher und methodischer Untersuchungen gemacht, deren Resultate sie fast gleichzeitig 1671 der königlichen Gesellschaft in London vorlegten. Die Frage, welchem von beiden die Priorität gebühre, ist wiederholt besprochen worden, obwohl die hier zu beachtenden Thatsachen ganz klar vorliegen. Der erste Theil von Malpighi's später erschienenem großen Werk, die Anatomes plantarum idea, ist datirt Bologna den 1. November 1671 und Grew, später (seit 1677) Sekretär
Begründung der Phytotomie durch
damals noch nicht allen Gebildeten in England bekannt. — Weiter hin aber heißt es bei Hooke, dieſe Art der Textur ſei nicht bloß dem Kork eigen; denn als er mit ſeinem Mikroſkop das Mark des Hollunders und anderer Bäume, ſowie auch die Pulpa hohler Stengel, wie derer des Fenchels, der Karden, des Schilfes u. a. geprüft habe, ſo habe er eine ganz ähnliche Art der Struktur gefunden, nur mit dem Unterſchied, daß hier die Poren (Zellen) in Längsreihen, bei dem Kork dagegen in Trans- verſalreihen geordnet ſeien. — Verbindungskanäle der Zellen unter einander habe er zwar nicht geſehen, ſolche müſſen aber exiſtiren, da der Nahrungsſaft von einer zur andern geht; denn er habe geſehen wie bei friſchen Pflanzen die Zellen mit Saft gefüllt ſind und ebenſo ſei es bei den langen Poren des Holzes, die er dagegen bei dem verkohlten Holze ſaftleer, mit Luft gefüllt gefunden habe.
Man ſieht, es war nicht viel, was Hooke mit ſeinem ver- beſſerten Mikroſkop ſah; dünne Querſcheiben des Stengels der Balſamine oder des Kürbis, zweier Pflanzen, die damals in jedem Garten wuchſen, hätten auch dem unbewaffneten Auge ebenſoviel, ja mehr von der Pflanzenſtruktur gezeigt. Hier be- währte ſich aber ſogleich, was ich oben über den Einfluß des Mikroſkops auf den Gebrauch des Auges ſagte; die Freude an der Leiſtung des neuen Inſtruments mußte erſt die Aufmerkſam- keit auf Dinge lenken, die man auch ohne jenes ſehen konnte, aber eben doch nicht ſah.
Um die Zeit des Erſcheinens von Hooke's Mikrographie hatten aber bereits Malpighi und Grew die Struktur der Pflanzen zum Gegenſtand ausführlicher und methodiſcher Unterſuchungen gemacht, deren Reſultate ſie faſt gleichzeitig 1671 der königlichen Geſellſchaft in London vorlegten. Die Frage, welchem von beiden die Priorität gebühre, iſt wiederholt beſprochen worden, obwohl die hier zu beachtenden Thatſachen ganz klar vorliegen. Der erſte Theil von Malpighi's ſpäter erſchienenem großen Werk, die Anatomes plantarum idea, iſt datirt Bologna den 1. November 1671 und Grew, ſpäter (ſeit 1677) Sekretär
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Begründung der Phytotomie durch
damals noch nicht allen Gebildeten in England bekannt. —
Weiter hin aber heißt es bei Hooke, dieſe Art der Textur ſei
nicht bloß dem Kork eigen; denn als er mit ſeinem Mikroſkop
das Mark des Hollunders und anderer Bäume, ſowie auch die
Pulpa hohler Stengel, wie derer des Fenchels, der Karden, des
Schilfes u. a. geprüft habe, ſo habe er eine ganz ähnliche Art
der Struktur gefunden, nur mit dem Unterſchied, daß hier die
Poren (Zellen) in Längsreihen, bei dem Kork dagegen in Trans-
verſalreihen geordnet ſeien. — Verbindungskanäle der Zellen
unter einander habe er zwar nicht geſehen, ſolche müſſen aber
exiſtiren, da der Nahrungsſaft von einer zur andern geht; denn
er habe geſehen wie bei friſchen Pflanzen die Zellen mit Saft
gefüllt ſind und ebenſo ſei es bei den langen Poren des Holzes,
die er dagegen bei dem verkohlten Holze ſaftleer, mit Luft
gefüllt gefunden habe.
Man ſieht, es war nicht viel, was Hooke mit ſeinem ver-
beſſerten Mikroſkop ſah; dünne Querſcheiben des Stengels der
Balſamine oder des Kürbis, zweier Pflanzen, die damals in
jedem Garten wuchſen, hätten auch dem unbewaffneten Auge
ebenſoviel, ja mehr von der Pflanzenſtruktur gezeigt. Hier be-
währte ſich aber ſogleich, was ich oben über den Einfluß des
Mikroſkops auf den Gebrauch des Auges ſagte; die Freude an
der Leiſtung des neuen Inſtruments mußte erſt die Aufmerkſam-
keit auf Dinge lenken, die man auch ohne jenes ſehen konnte,
aber eben doch nicht ſah.
Um die Zeit des Erſcheinens von Hooke's Mikrographie
hatten aber bereits Malpighi und Grew die Struktur
der Pflanzen zum Gegenſtand ausführlicher und methodiſcher
Unterſuchungen gemacht, deren Reſultate ſie faſt gleichzeitig 1671
der königlichen Geſellſchaft in London vorlegten. Die Frage, welchem
von beiden die Priorität gebühre, iſt wiederholt beſprochen worden,
obwohl die hier zu beachtenden Thatſachen ganz klar vorliegen.
Der erſte Theil von Malpighi's ſpäter erſchienenem großen
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den 1. November 1671 und Grew, ſpäter (ſeit 1677) Sekretär
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/260>, abgerufen am 16.02.2025.
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