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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Einleitung
hatte, nunmehr auf den saftigen Inhalt der Zellen hinlenkten.
Der schon von Robert Brown entdeckte Zellkern war in seiner
weiteren Verbreitung bereits von Schleiden erkannt, wenn
auch in seiner Beziehung zur Zellbildung weit überschätzt worden;
durch Nägeli und Mohl wurde jetzt der wichtigste Bestand-
theil der Pflanzenzelle, das Protoplasma, in seiner Eigenartigkeit,
besonders in seiner Bedeutung für die Entstehung der Zellen
erkannt. Schon 1855 machte Unger auf die große Aehnlichkeit
aufmerksam, welche zwischen dem Protoplasma der Pflanzenzellen
und der Sarkode der einfachsten Thiere besteht: eine Wahrnehm-
ung, welche später durch das Verhalten der Myxomyceten
besonders in den Vordergrund trat und in den sechziger Jahren
schließlich auch von Seiten der Zootomen zu der Erkenntniß
führte, daß die Grundlage aller organischen Entwicklung, der
pflanzlichen sowohl, wie der thierischen, zunächst in dem Proto-
plasma zu suchen sei. -- Dies waren jedoch nur einige der be-
deutenderen Errungenschaften der entwicklungsgeschichtlichen Phy-
totomie seit 1840; eine andere vielleicht noch wichtigere wurde
durch Nägeli's Untersuchung der Molekularstruktur der organi-
sirten Zellentheile gewonnen; er stellte (1858-1863) eine Theorie
auf, welche nicht nur über die feinsten, mikroskopisch unsichtbaren
Strukturverhältnisse organisirter Körper Aufschluß gibt, sondern
auch die Grundlage einer tieferen Einsicht in die mechanischen
und chemischen Vorgänge des Wachsthums anbahnt. -- Aber
auch in ganz anderer Richtung führte die entwicklungsgeschichtliche
Behandlung der Phytotomie zu neuen Gesichtspuncten und zu
neuen Resultaten; auf die Art, wie Nägeli seit 1844 die
Zelltheilungsfolgen bei dem Wachsthum der Organe zur Grund-
lage der morphologischen Betrachtung machte, wie dabei ganz
besonders die Kryptogamen ihre innere Architektonik enthüllten,
auf die großartigigen Resultate, welche die entwicklungsgeschicht-
liche Phytotomie in ihrer Anwendung auf die Embryologie durch
Hofmeister 1851 zu Tage förderte, wurde bereits am Schluß
des ersten Buches hingewiesen; hier aber ist noch hervorheben,
wie nun im Lauf der fünfziger und sechziger Jahre auch die

Einleitung
hatte, nunmehr auf den ſaftigen Inhalt der Zellen hinlenkten.
Der ſchon von Robert Brown entdeckte Zellkern war in ſeiner
weiteren Verbreitung bereits von Schleiden erkannt, wenn
auch in ſeiner Beziehung zur Zellbildung weit überſchätzt worden;
durch Nägeli und Mohl wurde jetzt der wichtigſte Beſtand-
theil der Pflanzenzelle, das Protoplasma, in ſeiner Eigenartigkeit,
beſonders in ſeiner Bedeutung für die Entſtehung der Zellen
erkannt. Schon 1855 machte Unger auf die große Aehnlichkeit
aufmerkſam, welche zwiſchen dem Protoplasma der Pflanzenzellen
und der Sarkode der einfachſten Thiere beſteht: eine Wahrnehm-
ung, welche ſpäter durch das Verhalten der Myxomyceten
beſonders in den Vordergrund trat und in den ſechziger Jahren
ſchließlich auch von Seiten der Zootomen zu der Erkenntniß
führte, daß die Grundlage aller organiſchen Entwicklung, der
pflanzlichen ſowohl, wie der thieriſchen, zunächſt in dem Proto-
plasma zu ſuchen ſei. — Dies waren jedoch nur einige der be-
deutenderen Errungenſchaften der entwicklungsgeſchichtlichen Phy-
totomie ſeit 1840; eine andere vielleicht noch wichtigere wurde
durch Nägeli's Unterſuchung der Molekularſtruktur der organi-
ſirten Zellentheile gewonnen; er ſtellte (1858-1863) eine Theorie
auf, welche nicht nur über die feinſten, mikroſkopiſch unſichtbaren
Strukturverhältniſſe organiſirter Körper Aufſchluß gibt, ſondern
auch die Grundlage einer tieferen Einſicht in die mechaniſchen
und chemiſchen Vorgänge des Wachsthums anbahnt. — Aber
auch in ganz anderer Richtung führte die entwicklungsgeſchichtliche
Behandlung der Phytotomie zu neuen Geſichtspuncten und zu
neuen Reſultaten; auf die Art, wie Nägeli ſeit 1844 die
Zelltheilungsfolgen bei dem Wachsthum der Organe zur Grund-
lage der morphologiſchen Betrachtung machte, wie dabei ganz
beſonders die Kryptogamen ihre innere Architektonik enthüllten,
auf die großartigigen Reſultate, welche die entwicklungsgeſchicht-
liche Phytotomie in ihrer Anwendung auf die Embryologie durch
Hofmeiſter 1851 zu Tage förderte, wurde bereits am Schluß
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[244/0256] Einleitung hatte, nunmehr auf den ſaftigen Inhalt der Zellen hinlenkten. Der ſchon von Robert Brown entdeckte Zellkern war in ſeiner weiteren Verbreitung bereits von Schleiden erkannt, wenn auch in ſeiner Beziehung zur Zellbildung weit überſchätzt worden; durch Nägeli und Mohl wurde jetzt der wichtigſte Beſtand- theil der Pflanzenzelle, das Protoplasma, in ſeiner Eigenartigkeit, beſonders in ſeiner Bedeutung für die Entſtehung der Zellen erkannt. Schon 1855 machte Unger auf die große Aehnlichkeit aufmerkſam, welche zwiſchen dem Protoplasma der Pflanzenzellen und der Sarkode der einfachſten Thiere beſteht: eine Wahrnehm- ung, welche ſpäter durch das Verhalten der Myxomyceten beſonders in den Vordergrund trat und in den ſechziger Jahren ſchließlich auch von Seiten der Zootomen zu der Erkenntniß führte, daß die Grundlage aller organiſchen Entwicklung, der pflanzlichen ſowohl, wie der thieriſchen, zunächſt in dem Proto- plasma zu ſuchen ſei. — Dies waren jedoch nur einige der be- deutenderen Errungenſchaften der entwicklungsgeſchichtlichen Phy- totomie ſeit 1840; eine andere vielleicht noch wichtigere wurde durch Nägeli's Unterſuchung der Molekularſtruktur der organi- ſirten Zellentheile gewonnen; er ſtellte (1858-1863) eine Theorie auf, welche nicht nur über die feinſten, mikroſkopiſch unſichtbaren Strukturverhältniſſe organiſirter Körper Aufſchluß gibt, ſondern auch die Grundlage einer tieferen Einſicht in die mechaniſchen und chemiſchen Vorgänge des Wachsthums anbahnt. — Aber auch in ganz anderer Richtung führte die entwicklungsgeſchichtliche Behandlung der Phytotomie zu neuen Geſichtspuncten und zu neuen Reſultaten; auf die Art, wie Nägeli ſeit 1844 die Zelltheilungsfolgen bei dem Wachsthum der Organe zur Grund- lage der morphologiſchen Betrachtung machte, wie dabei ganz beſonders die Kryptogamen ihre innere Architektonik enthüllten, auf die großartigigen Reſultate, welche die entwicklungsgeſchicht- liche Phytotomie in ihrer Anwendung auf die Embryologie durch Hofmeiſter 1851 zu Tage förderte, wurde bereits am Schluß des erſten Buches hingewieſen; hier aber iſt noch hervorheben, wie nun im Lauf der fünfziger und ſechziger Jahre auch die

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/256>, abgerufen am 22.11.2024.