Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.Entwicklungsgeschichte und Kryptogamenkunde. Gebiet allein zu sicheren Ergebnissen führen kann, ließ es sichDe Bary angelegen sein, vor Allem die Beobachtungsmethoden selbst auszubilden, die Entwicklungsstufen der niederen Pilze nicht bloß an ihren natürlichen Standorten aufzusuchen, sondern die- selben mit allen Vorsichtsmaßregeln selbst zu kultiviren und so vollständig geschlossene Entwicklungsreihen herzustellen. Auf diese Weise gelang es ihm, das Eindringen parasitischer Pilze in das Innere gesunder Pflanzen und Thiere mit aller Evidenz festzu- stellen, zu zeigen, wie auf diese Weise das merkwürdige Räthsel sich löst, daß Pilze in anscheinend ganz unverletzten Geweben anderer Organismen leben, was früher zu der Annahme geführt hatte, daß solche Pilze durch Urzeugung oder aus dem lebendigen Zellinhalt ihrer Wirthe entstehen. Für einen ungemein ein- fachen Wasserpilz (Pythium) hatte schon Pringsheim 1858 diese Vorgänge beobachtet. De Bary zeigte, wie der einge- drungene Parasit nun innerhalb seiner Nährpflanze oder des be- fallenen Thieres weiter vegetirt, um dann seine Fortpflanzungs- organe wieder an die freie Luft zu bringen, und wie nun zu gegebener Zeit der von dem Pilz befallene Organismus erkrankt oder getödtet wird. Die biologische Seite dieser Untersuchungen bot nicht nur ein hohes wissenschaftliches Interesse, vielmehr wurde auf diese Weise für die Land- und Forstwirthschaft, ja selbst für die Medicin eine Reihe der werthvollsten Ergebnisse erzielt. Wie bei den Algen und in noch höherem Grade als bei Entwicklungsgeſchichte und Kryptogamenkunde. Gebiet allein zu ſicheren Ergebniſſen führen kann, ließ es ſichDe Bary angelegen ſein, vor Allem die Beobachtungsmethoden ſelbſt auszubilden, die Entwicklungsſtufen der niederen Pilze nicht bloß an ihren natürlichen Standorten aufzuſuchen, ſondern die- ſelben mit allen Vorſichtsmaßregeln ſelbſt zu kultiviren und ſo vollſtändig geſchloſſene Entwicklungsreihen herzuſtellen. Auf dieſe Weiſe gelang es ihm, das Eindringen paraſitiſcher Pilze in das Innere geſunder Pflanzen und Thiere mit aller Evidenz feſtzu- ſtellen, zu zeigen, wie auf dieſe Weiſe das merkwürdige Räthſel ſich löſt, daß Pilze in anſcheinend ganz unverletzten Geweben anderer Organismen leben, was früher zu der Annahme geführt hatte, daß ſolche Pilze durch Urzeugung oder aus dem lebendigen Zellinhalt ihrer Wirthe entſtehen. Für einen ungemein ein- fachen Waſſerpilz (Pythium) hatte ſchon Pringsheim 1858 dieſe Vorgänge beobachtet. De Bary zeigte, wie der einge- drungene Paraſit nun innerhalb ſeiner Nährpflanze oder des be- fallenen Thieres weiter vegetirt, um dann ſeine Fortpflanzungs- organe wieder an die freie Luft zu bringen, und wie nun zu gegebener Zeit der von dem Pilz befallene Organismus erkrankt oder getödtet wird. Die biologiſche Seite dieſer Unterſuchungen bot nicht nur ein hohes wiſſenſchaftliches Intereſſe, vielmehr wurde auf dieſe Weiſe für die Land- und Forſtwirthſchaft, ja ſelbſt für die Medicin eine Reihe der werthvollſten Ergebniſſe erzielt. Wie bei den Algen und in noch höherem Grade als bei <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0241" n="229"/><fw place="top" type="header">Entwicklungsgeſchichte und Kryptogamenkunde.</fw><lb/> Gebiet allein zu ſicheren Ergebniſſen führen kann, ließ es ſich<lb/><hi rendition="#g">De Bary</hi> angelegen ſein, vor Allem die Beobachtungsmethoden<lb/> ſelbſt auszubilden, die Entwicklungsſtufen der niederen Pilze nicht<lb/> bloß an ihren natürlichen Standorten aufzuſuchen, ſondern die-<lb/> ſelben mit allen Vorſichtsmaßregeln ſelbſt zu kultiviren und ſo<lb/> vollſtändig geſchloſſene Entwicklungsreihen herzuſtellen. 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Entwicklungsgeſchichte und Kryptogamenkunde.
Gebiet allein zu ſicheren Ergebniſſen führen kann, ließ es ſich
De Bary angelegen ſein, vor Allem die Beobachtungsmethoden
ſelbſt auszubilden, die Entwicklungsſtufen der niederen Pilze nicht
bloß an ihren natürlichen Standorten aufzuſuchen, ſondern die-
ſelben mit allen Vorſichtsmaßregeln ſelbſt zu kultiviren und ſo
vollſtändig geſchloſſene Entwicklungsreihen herzuſtellen. Auf dieſe
Weiſe gelang es ihm, das Eindringen paraſitiſcher Pilze in das
Innere geſunder Pflanzen und Thiere mit aller Evidenz feſtzu-
ſtellen, zu zeigen, wie auf dieſe Weiſe das merkwürdige Räthſel
ſich löſt, daß Pilze in anſcheinend ganz unverletzten Geweben
anderer Organismen leben, was früher zu der Annahme geführt
hatte, daß ſolche Pilze durch Urzeugung oder aus dem lebendigen
Zellinhalt ihrer Wirthe entſtehen. Für einen ungemein ein-
fachen Waſſerpilz (Pythium) hatte ſchon Pringsheim 1858
dieſe Vorgänge beobachtet. De Bary zeigte, wie der einge-
drungene Paraſit nun innerhalb ſeiner Nährpflanze oder des be-
fallenen Thieres weiter vegetirt, um dann ſeine Fortpflanzungs-
organe wieder an die freie Luft zu bringen, und wie nun zu
gegebener Zeit der von dem Pilz befallene Organismus erkrankt
oder getödtet wird. Die biologiſche Seite dieſer Unterſuchungen
bot nicht nur ein hohes wiſſenſchaftliches Intereſſe, vielmehr
wurde auf dieſe Weiſe für die Land- und Forſtwirthſchaft, ja
ſelbſt für die Medicin eine Reihe der werthvollſten Ergebniſſe erzielt.
Wie bei den Algen und in noch höherem Grade als bei
dieſen zeigte ſich auch bei den Pilzen als die Hauptſchwierig-
keit bei der Aufſtellung vollſtändiger Entwicklungsgeſchichten das
vielfältige Eingreifen der ungeſchlechtlichen Vermehrungsweiſen
in den Entwicklungsgang der Species, ja ſogar die Eigenthüm-
lichkeit, daß die verſchiedenen Entwicklungsſtufen in manchen
Fällen auf verſchiedenen Subſtraten allein ſich ausbilden können.
Eine der wichtigſten Aufgaben war aber auch hier die Aufſuchung
der Sexualorgane, deren Exiſtenz aus verſchiedenen Analogieen
nicht unwahrſcheinlich war und nachdem De Bary ſchon 1861
bei den Peronoſporeen die Sexualorgane vielfach beobachtet
hatte, gelang es ihm 1863 zuerſt den Nachweis zu liefern, daß
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