Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.Morphologie und Systematik unter dem Einfluß der Besonders die Sammler und Dilettanten, denen es nur auf dieFixirung des unmittelbar Sichtbaren ankommt, die nach Ent- stehung und Verwandtschaft wenig fragten, füllten unverdrossen ihre Sammlungen, machten Cataloge und stellten nach beliebigen äußeren Kennzeichen verschiedene Systeme auf. Nach Tausenden zählten die Namen der Species, deren Diagnosen dicke Bände deren Abbildungen große Atlanten füllten; der Formenreichthum der Thallophyten erwies sich so groß, daß zahlreiche Botaniker ihre ganze Thätigkeit ihnen allein zuwandten, manche sogar nur die Algen, andere nur die Pilze oder Flechten sammelten und beschrieben. -- Eine tiefere Einsicht in den Zusammenhang dieser Lebensformen unter sich und etwa mit den übrigen Pflanzen, war damit freilich nicht gewonnen; es war jedoch für die Kryptogamen- kunde in ähnlicher Weise eine empirische Basis geschaffen, wie durch die Kräuterbücher im 17. Jahrhundert für die Phanero- gamen. Das Handgreifliche war benannt, irgendwie geordnet; man konnte sich gegenseitig darüber verständigen, wovon die Rede sei, wenn man die Namen oder die Tafeln und Figuren jener Werke citirte. In diesem Sinne waren besonders Agardh's, Harvey's, Kützing's Werke über die Algen 1); Nees von Esenbeck's, Elias Fries, Leveille's, Berkeley's, be- sonders aber Corda's 2) ausgedehnte Bemühungen um die Pilze von hervorragendem Werth. 1) Karl Adolf Agardh (1785-1859) war bis 1835 Professor in Lund, dann Bischof von Wermland und Dalsland. -- Jacob Georg Agardh geb. 1813, Professor in Lund. -- William Henry Harvey (1811-1866) Professor der Botanik in Dublin. -- Friedrich Traugott Kützing Professor an der Realschule zu Nordhausen geb. 1807. 2) "Das System der Pilze und Schwämme" wurde 1816 von C. G.
Nees von Esenbeck und "das System der Pilze" 1837 von Th. I. L. Nees von Esenbeck und A. Henry bearbeitet. Der erstere (1776-1858) war lange Präsident der Leopoldina und Professor der Botanik in Breslau, einer der Hauptvertreter der Naturphilosophie. - Elias Fries geb. 1794, seit 1835 Professor der Botanik in Upsala. -- Leveille (1796-1870) Arzt in Paris. -- August Joseph Corda geb. 1809 zu Reichenberg in Böhmen, seit 1835 Custos am Nationalmuseum in Prag; von einer 1848 angetretenen Morphologie und Syſtematik unter dem Einfluß der Beſonders die Sammler und Dilettanten, denen es nur auf dieFixirung des unmittelbar Sichtbaren ankommt, die nach Ent- ſtehung und Verwandtſchaft wenig fragten, füllten unverdroſſen ihre Sammlungen, machten Cataloge und ſtellten nach beliebigen äußeren Kennzeichen verſchiedene Syſteme auf. Nach Tauſenden zählten die Namen der Species, deren Diagnoſen dicke Bände deren Abbildungen große Atlanten füllten; der Formenreichthum der Thallophyten erwies ſich ſo groß, daß zahlreiche Botaniker ihre ganze Thätigkeit ihnen allein zuwandten, manche ſogar nur die Algen, andere nur die Pilze oder Flechten ſammelten und beſchrieben. — Eine tiefere Einſicht in den Zuſammenhang dieſer Lebensformen unter ſich und etwa mit den übrigen Pflanzen, war damit freilich nicht gewonnen; es war jedoch für die Kryptogamen- kunde in ähnlicher Weiſe eine empiriſche Baſis geſchaffen, wie durch die Kräuterbücher im 17. Jahrhundert für die Phanero- gamen. Das Handgreifliche war benannt, irgendwie geordnet; man konnte ſich gegenſeitig darüber verſtändigen, wovon die Rede ſei, wenn man die Namen oder die Tafeln und Figuren jener Werke citirte. In dieſem Sinne waren beſonders Agardh's, Harvey's, Kützing's Werke über die Algen 1); Nees von Eſenbeck's, Elias Fries, Léveillé's, Berkeley's, be- ſonders aber Corda's 2) ausgedehnte Bemühungen um die Pilze von hervorragendem Werth. 1) Karl Adolf Agardh (1785-1859) war bis 1835 Profeſſor in Lund, dann Biſchof von Wermland und Dalsland. — Jacob Georg Agardh geb. 1813, Profeſſor in Lund. — William Henry Harvey (1811-1866) Profeſſor der Botanik in Dublin. — Friedrich Traugott Kützing Profeſſor an der Realſchule zu Nordhauſen geb. 1807. 2) „Das Syſtem der Pilze und Schwämme“ wurde 1816 von C. G.
Nees von Eſenbeck und „das Syſtem der Pilze“ 1837 von Th. I. L. Nees von Eſenbeck und A. Henry bearbeitet. Der erſtere (1776-1858) war lange Präſident der Leopoldina und Profeſſor der Botanik in Breslau, einer der Hauptvertreter der Naturphiloſophie. ‒ Elias Fries geb. 1794, ſeit 1835 Profeſſor der Botanik in Upſala. — Léveillé (1796-1870) Arzt in Paris. — Auguſt Joſeph Corda geb. 1809 zu Reichenberg in Böhmen, ſeit 1835 Cuſtos am Nationalmuſeum in Prag; von einer 1848 angetretenen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0232" n="220"/><fw place="top" type="header">Morphologie und Syſtematik unter dem Einfluß der</fw><lb/> Beſonders die Sammler und Dilettanten, denen es nur auf die<lb/> Fixirung des unmittelbar Sichtbaren ankommt, die nach Ent-<lb/> ſtehung und Verwandtſchaft wenig fragten, füllten unverdroſſen<lb/> ihre Sammlungen, machten Cataloge und ſtellten nach beliebigen<lb/> äußeren Kennzeichen verſchiedene Syſteme auf. Nach Tauſenden<lb/> zählten die Namen der Species, deren Diagnoſen dicke Bände<lb/> deren Abbildungen große Atlanten füllten; der Formenreichthum<lb/> der <hi rendition="#g">Thallophyten</hi> erwies ſich ſo groß, daß zahlreiche Botaniker<lb/> ihre ganze Thätigkeit ihnen allein zuwandten, manche ſogar nur<lb/> die Algen, andere nur die Pilze oder Flechten ſammelten und<lb/> beſchrieben. — Eine tiefere Einſicht in den Zuſammenhang dieſer<lb/> Lebensformen unter ſich und etwa mit den übrigen Pflanzen, war<lb/> damit freilich nicht gewonnen; es war jedoch für die Kryptogamen-<lb/> kunde in ähnlicher Weiſe eine empiriſche Baſis geſchaffen, wie<lb/> durch die Kräuterbücher im 17. Jahrhundert für die Phanero-<lb/> gamen. Das Handgreifliche war benannt, irgendwie geordnet;<lb/> man konnte ſich gegenſeitig darüber verſtändigen, wovon die Rede<lb/> ſei, wenn man die Namen oder die Tafeln und Figuren jener<lb/> Werke citirte. In dieſem Sinne waren beſonders <hi rendition="#g">Agardh</hi>'s,<lb/><hi rendition="#g">Harvey</hi>'s, <hi rendition="#g">Kützing</hi>'s Werke über die Algen <note place="foot" n="1)">Karl Adolf <hi rendition="#g">Agardh</hi> (1785-1859) war bis 1835 Profeſſor in<lb/> Lund, dann Biſchof von Wermland und Dalsland. — Jacob Georg <hi rendition="#g">Agardh</hi><lb/> geb. 1813, Profeſſor in Lund. — William Henry <hi rendition="#g">Harvey</hi> (1811-1866)<lb/> Profeſſor der Botanik in Dublin. — Friedrich Traugott <hi rendition="#g">Kützing</hi> Profeſſor<lb/> an der Realſchule zu Nordhauſen geb. 1807.</note>; <hi rendition="#g">Nees</hi> von<lb/><hi rendition="#g">Eſenbeck</hi>'s, <hi rendition="#g">Elias Fries</hi>, <hi rendition="#g">L<hi rendition="#aq">é</hi>veill<hi rendition="#aq">é</hi></hi>'s, <hi rendition="#g">Berkeley</hi>'s, be-<lb/> ſonders aber <hi rendition="#g">Corda</hi>'s <note xml:id="seg2pn_3_1" next="#seg2pn_3_2" place="foot" n="2)">„Das Syſtem der Pilze und Schwämme“ wurde 1816 von C. G.<lb/><hi rendition="#g">Nees</hi> von <hi rendition="#g">Eſenbeck</hi> und „das Syſtem der Pilze“ 1837 von Th. I. L.<lb/><hi rendition="#g">Nees</hi> von <hi rendition="#g">Eſenbeck</hi> und A. Henry bearbeitet. Der erſtere (1776-1858)<lb/> war lange Präſident der Leopoldina und Profeſſor der Botanik in Breslau,<lb/> einer der Hauptvertreter der Naturphiloſophie. ‒ Elias <hi rendition="#g">Fries</hi> geb. 1794,<lb/> ſeit 1835 Profeſſor der Botanik in Upſala. — <hi rendition="#g">L<hi rendition="#aq">é</hi>veill<hi rendition="#aq">é</hi></hi> (1796-1870)<lb/> Arzt in Paris. — Auguſt Joſeph <hi rendition="#g">Corda</hi> geb. 1809 zu Reichenberg in Böhmen,<lb/> ſeit 1835 Cuſtos am Nationalmuſeum in Prag; von einer 1848 angetretenen</note> ausgedehnte Bemühungen um die Pilze<lb/> von hervorragendem Werth.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [220/0232]
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Beſonders die Sammler und Dilettanten, denen es nur auf die
Fixirung des unmittelbar Sichtbaren ankommt, die nach Ent-
ſtehung und Verwandtſchaft wenig fragten, füllten unverdroſſen
ihre Sammlungen, machten Cataloge und ſtellten nach beliebigen
äußeren Kennzeichen verſchiedene Syſteme auf. Nach Tauſenden
zählten die Namen der Species, deren Diagnoſen dicke Bände
deren Abbildungen große Atlanten füllten; der Formenreichthum
der Thallophyten erwies ſich ſo groß, daß zahlreiche Botaniker
ihre ganze Thätigkeit ihnen allein zuwandten, manche ſogar nur
die Algen, andere nur die Pilze oder Flechten ſammelten und
beſchrieben. — Eine tiefere Einſicht in den Zuſammenhang dieſer
Lebensformen unter ſich und etwa mit den übrigen Pflanzen, war
damit freilich nicht gewonnen; es war jedoch für die Kryptogamen-
kunde in ähnlicher Weiſe eine empiriſche Baſis geſchaffen, wie
durch die Kräuterbücher im 17. Jahrhundert für die Phanero-
gamen. Das Handgreifliche war benannt, irgendwie geordnet;
man konnte ſich gegenſeitig darüber verſtändigen, wovon die Rede
ſei, wenn man die Namen oder die Tafeln und Figuren jener
Werke citirte. In dieſem Sinne waren beſonders Agardh's,
Harvey's, Kützing's Werke über die Algen 1); Nees von
Eſenbeck's, Elias Fries, Léveillé's, Berkeley's, be-
ſonders aber Corda's 2) ausgedehnte Bemühungen um die Pilze
von hervorragendem Werth.
1) Karl Adolf Agardh (1785-1859) war bis 1835 Profeſſor in
Lund, dann Biſchof von Wermland und Dalsland. — Jacob Georg Agardh
geb. 1813, Profeſſor in Lund. — William Henry Harvey (1811-1866)
Profeſſor der Botanik in Dublin. — Friedrich Traugott Kützing Profeſſor
an der Realſchule zu Nordhauſen geb. 1807.
2) „Das Syſtem der Pilze und Schwämme“ wurde 1816 von C. G.
Nees von Eſenbeck und „das Syſtem der Pilze“ 1837 von Th. I. L.
Nees von Eſenbeck und A. Henry bearbeitet. Der erſtere (1776-1858)
war lange Präſident der Leopoldina und Profeſſor der Botanik in Breslau,
einer der Hauptvertreter der Naturphiloſophie. ‒ Elias Fries geb. 1794,
ſeit 1835 Profeſſor der Botanik in Upſala. — Léveillé (1796-1870)
Arzt in Paris. — Auguſt Joſeph Corda geb. 1809 zu Reichenberg in Böhmen,
ſeit 1835 Cuſtos am Nationalmuſeum in Prag; von einer 1848 angetretenen
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Zitationshilfe: | Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/232>, abgerufen am 16.02.2025. |