unkenntlich gemacht werden kann, an Beispielen ausführlich erläutert.
Betreffs des Abortus unterscheidet er den durch innere Ur- sachen von dem durch zufällige äußere bewirkten; er weist zunächst auf den Abortus zweier Fruchtfächer bei der Roßkastanie und Eiche hin, auf die Unterdrückung der Terminalknospe mancher Sträucher durch die benachbarten Achselknospen und in ähnlicher Weise können alle Organe der Pflanze abortiren; so schwinden die Sexualorgane vollständig in den Randblüthen von Viburnum Opulus, nur eines beider Geschlechter in der Blüthe von Lychnis dioica u. s. w. Er geht hierauf zur Beantwortung der Frage über, durch welche Mittel man unter solchen Umständen die Symmetrie noch zu erkennen im Stande sei; ein solches findet er in den Monstrositäten, unter denen es auch solche gebe, welche als Rückkehr zur ursprünglichen Symmetrie gelten dürfen, wie die sogenannten Pelorien. Weniger sicher sei die Analogie oder "Induction", dafür aber von viel ausgedehnterer Anwendbarkeit; sie gründe sich ausschließlich auf die Kenntniß der relativen Stellung der Organe. Mit dieser ausgerüstet, finde man, daß die Blüthe von Albuca, die einer ächten Liliaceen-Blüthe nur deßhalb nicht entspricht, weil sie bloß drei Staubfäden besitzt, doch als eine Liliaceen-Blüthe zu betrachten sei, weil zwischen diesen noch drei Fäden stehen, welche genau so wie die drei anderen Liliaceen-Staubfäden gestellt sind. Man müsse also schließen, daß es abortirte Staubfäden sind. Derartige Analogie- schlüsse müssen von Species zu Species, von Organ zu Organ geführt werden und thatsächlich hätten es die großen Systematiker auch so gemacht. -- In gewissen Fällen werde der Abortus durch mangelhafte, in anderen durch überschüssige Ernährung hervorgerufen, wofür er Beispiele anführt. Wichtig ist der bei dieser Gelegenheit hingestellte Satz: Alles in der Natur lasse uns glauben, daß alle Organismen ihrer innersten Natur nach regelmäßig sind, und daß verschiedene Formen des Abortus, verschieden kombinirt alle Unregelmäßigkeit hervorbringen; un- ter diesem Gesichtspunkt seien auch die kleinsten Unregelmäßig-
Dogma von der Conſtanz der Arten.
unkenntlich gemacht werden kann, an Beiſpielen ausführlich erläutert.
Betreffs des Abortus unterſcheidet er den durch innere Ur- ſachen von dem durch zufällige äußere bewirkten; er weiſt zunächſt auf den Abortus zweier Fruchtfächer bei der Roßkaſtanie und Eiche hin, auf die Unterdrückung der Terminalknoſpe mancher Sträucher durch die benachbarten Achſelknoſpen und in ähnlicher Weiſe können alle Organe der Pflanze abortiren; ſo ſchwinden die Sexualorgane vollſtändig in den Randblüthen von Viburnum Opulus, nur eines beider Geſchlechter in der Blüthe von Lychnis dioica u. ſ. w. Er geht hierauf zur Beantwortung der Frage über, durch welche Mittel man unter ſolchen Umſtänden die Symmetrie noch zu erkennen im Stande ſei; ein ſolches findet er in den Monſtroſitäten, unter denen es auch ſolche gebe, welche als Rückkehr zur urſprünglichen Symmetrie gelten dürfen, wie die ſogenannten Pelorien. Weniger ſicher ſei die Analogie oder „Induction“, dafür aber von viel ausgedehnterer Anwendbarkeit; ſie gründe ſich ausſchließlich auf die Kenntniß der relativen Stellung der Organe. Mit dieſer ausgerüſtet, finde man, daß die Blüthe von Albuca, die einer ächten Liliaceen-Blüthe nur deßhalb nicht entſpricht, weil ſie bloß drei Staubfäden beſitzt, doch als eine Liliaceen-Blüthe zu betrachten ſei, weil zwiſchen dieſen noch drei Fäden ſtehen, welche genau ſo wie die drei anderen Liliaceen-Staubfäden geſtellt ſind. Man müſſe alſo ſchließen, daß es abortirte Staubfäden ſind. Derartige Analogie- ſchlüſſe müſſen von Species zu Species, von Organ zu Organ geführt werden und thatſächlich hätten es die großen Syſtematiker auch ſo gemacht. — In gewiſſen Fällen werde der Abortus durch mangelhafte, in anderen durch überſchüſſige Ernährung hervorgerufen, wofür er Beiſpiele anführt. Wichtig iſt der bei dieſer Gelegenheit hingeſtellte Satz: Alles in der Natur laſſe uns glauben, daß alle Organismen ihrer innerſten Natur nach regelmäßig ſind, und daß verſchiedene Formen des Abortus, verſchieden kombinirt alle Unregelmäßigkeit hervorbringen; un- ter dieſem Geſichtspunkt ſeien auch die kleinſten Unregelmäßig-
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Dogma von der Conſtanz der Arten.
unkenntlich gemacht werden kann, an Beiſpielen ausführlich
erläutert.
Betreffs des Abortus unterſcheidet er den durch innere Ur-
ſachen von dem durch zufällige äußere bewirkten; er weiſt zunächſt
auf den Abortus zweier Fruchtfächer bei der Roßkaſtanie und
Eiche hin, auf die Unterdrückung der Terminalknoſpe mancher
Sträucher durch die benachbarten Achſelknoſpen und in ähnlicher
Weiſe können alle Organe der Pflanze abortiren; ſo ſchwinden
die Sexualorgane vollſtändig in den Randblüthen von Viburnum
Opulus, nur eines beider Geſchlechter in der Blüthe von Lychnis
dioica u. ſ. w. Er geht hierauf zur Beantwortung der Frage
über, durch welche Mittel man unter ſolchen Umſtänden die
Symmetrie noch zu erkennen im Stande ſei; ein ſolches findet
er in den Monſtroſitäten, unter denen es auch ſolche gebe, welche
als Rückkehr zur urſprünglichen Symmetrie gelten dürfen, wie
die ſogenannten Pelorien. Weniger ſicher ſei die Analogie oder
„Induction“, dafür aber von viel ausgedehnterer Anwendbarkeit;
ſie gründe ſich ausſchließlich auf die Kenntniß der relativen
Stellung der Organe. Mit dieſer ausgerüſtet, finde man, daß
die Blüthe von Albuca, die einer ächten Liliaceen-Blüthe
nur deßhalb nicht entſpricht, weil ſie bloß drei Staubfäden beſitzt,
doch als eine Liliaceen-Blüthe zu betrachten ſei, weil zwiſchen
dieſen noch drei Fäden ſtehen, welche genau ſo wie die drei
anderen Liliaceen-Staubfäden geſtellt ſind. Man müſſe alſo
ſchließen, daß es abortirte Staubfäden ſind. Derartige Analogie-
ſchlüſſe müſſen von Species zu Species, von Organ zu Organ
geführt werden und thatſächlich hätten es die großen Syſtematiker
auch ſo gemacht. — In gewiſſen Fällen werde der Abortus
durch mangelhafte, in anderen durch überſchüſſige Ernährung
hervorgerufen, wofür er Beiſpiele anführt. Wichtig iſt der bei
dieſer Gelegenheit hingeſtellte Satz: Alles in der Natur laſſe
uns glauben, daß alle Organismen ihrer innerſten Natur nach
regelmäßig ſind, und daß verſchiedene Formen des Abortus,
verſchieden kombinirt alle Unregelmäßigkeit hervorbringen; un-
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/153>, abgerufen am 24.11.2024.
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