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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Bearbeitung des natürlichen Systems unter dem

Es muß hier noch einmal darauf hingewiesen werden, daß
es Linne war, der zuerst erkannte, daß auf dem von Caesal-
pin und seinen Nachfolgern betretenen Wege ein System als
Ausdruck der natürlichen Verwandtschaften nicht gewonnen werden
könne. Wer Linne's Schriften seit dem Erscheinen seiner
Classes plantarum 1738 aufmerksam studirte, dem mußte der
Unterschied zwischen jenem Wege und dem von Linne empfohlenen
um so deutlicher werden, als dieser selbst ein künstliches System
nach a priori festgesetzten Eintheilungsgründen wie seine Vor-
gänger aufstellte und für den praktischen Gebrauch bei der
Pflanzenbeschreibung überall benutzte; während er gleichzeitig
schon in dem genannten Werk sein Fragment eines natürlichen
Systems mittheilte und zugleich in der Vorrede dazu die Eigen-
thümlichkeiten des natürlichen Systems dem künstlichen gegenüber
schlagend hervorhob. Das Erste und Letzte, heißt es in den
Vorbemerkungen zu seinem Fragment, was in der systematischen
Botanik gefordert wird, ist die natürliche Methode, welche aller-
dings von den weniger gelehrten Botanikern gering, von den
einsichtigeren dagegen immer hochgestellt worden ist, die aber
freilich bis jetzt noch nicht entdeckt wurde. Wenn man aus allen
(bis 1738) vorhandenen Systemen die natürlichen Ordnungen
sammle, so erhalte man nur eine geringe Zahl wirklich verwand-
ter Pflanzen, obgleich so viele Systeme als natürliche proklamirt
worden seien. Lange habe auch er an der Auffindung der
natürlichen Methode gearbeitet, auch manches Neue darin gefun-
den, sie ganz durchzuführen sei ihm jedoch nicht gelungen, fort-
setzen aber werde er sie sein ganzes Leben lang. Ganz besonders
treffend ist seine Bemerkung: ein Schlüssel (d. h. a priori
bestimmte Eintheilungsgründe) könne für die natürliche Methode
nicht gegeben werden, bevor nicht alle Pflanzen bereits in Ord-
nungen gebracht seien. Hier gelte keine Regel a priori, weder
der eine noch der andere Theil der Fructification, sondern allein
die einfache Symmetrie (simplex symmetria) aller Theile,
welche oft durch besondere Merkmale angedeutet werde. Denen,
welche es versuchen wollen, einen Schlüssel zu dem natürlichen

Bearbeitung des natürlichen Syſtems unter dem

Es muß hier noch einmal darauf hingewieſen werden, daß
es Linné war, der zuerſt erkannte, daß auf dem von Caeſal-
pin und ſeinen Nachfolgern betretenen Wege ein Syſtem als
Ausdruck der natürlichen Verwandtſchaften nicht gewonnen werden
könne. Wer Linné's Schriften ſeit dem Erſcheinen ſeiner
Classes plantarum 1738 aufmerkſam ſtudirte, dem mußte der
Unterſchied zwiſchen jenem Wege und dem von Linné empfohlenen
um ſo deutlicher werden, als dieſer ſelbſt ein künſtliches Syſtem
nach a priori feſtgeſetzten Eintheilungsgründen wie ſeine Vor-
gänger aufſtellte und für den praktiſchen Gebrauch bei der
Pflanzenbeſchreibung überall benutzte; während er gleichzeitig
ſchon in dem genannten Werk ſein Fragment eines natürlichen
Syſtems mittheilte und zugleich in der Vorrede dazu die Eigen-
thümlichkeiten des natürlichen Syſtems dem künſtlichen gegenüber
ſchlagend hervorhob. Das Erſte und Letzte, heißt es in den
Vorbemerkungen zu ſeinem Fragment, was in der ſyſtematiſchen
Botanik gefordert wird, iſt die natürliche Methode, welche aller-
dings von den weniger gelehrten Botanikern gering, von den
einſichtigeren dagegen immer hochgeſtellt worden iſt, die aber
freilich bis jetzt noch nicht entdeckt wurde. Wenn man aus allen
(bis 1738) vorhandenen Syſtemen die natürlichen Ordnungen
ſammle, ſo erhalte man nur eine geringe Zahl wirklich verwand-
ter Pflanzen, obgleich ſo viele Syſteme als natürliche proklamirt
worden ſeien. Lange habe auch er an der Auffindung der
natürlichen Methode gearbeitet, auch manches Neue darin gefun-
den, ſie ganz durchzuführen ſei ihm jedoch nicht gelungen, fort-
ſetzen aber werde er ſie ſein ganzes Leben lang. Ganz beſonders
treffend iſt ſeine Bemerkung: ein Schlüſſel (d. h. a priori
beſtimmte Eintheilungsgründe) könne für die natürliche Methode
nicht gegeben werden, bevor nicht alle Pflanzen bereits in Ord-
nungen gebracht ſeien. Hier gelte keine Regel a priori, weder
der eine noch der andere Theil der Fructification, ſondern allein
die einfache Symmetrie (simplex symmetria) aller Theile,
welche oft durch beſondere Merkmale angedeutet werde. Denen,
welche es verſuchen wollen, einen Schlüſſel zu dem natürlichen

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[122/0134] Bearbeitung des natürlichen Syſtems unter dem Es muß hier noch einmal darauf hingewieſen werden, daß es Linné war, der zuerſt erkannte, daß auf dem von Caeſal- pin und ſeinen Nachfolgern betretenen Wege ein Syſtem als Ausdruck der natürlichen Verwandtſchaften nicht gewonnen werden könne. Wer Linné's Schriften ſeit dem Erſcheinen ſeiner Classes plantarum 1738 aufmerkſam ſtudirte, dem mußte der Unterſchied zwiſchen jenem Wege und dem von Linné empfohlenen um ſo deutlicher werden, als dieſer ſelbſt ein künſtliches Syſtem nach a priori feſtgeſetzten Eintheilungsgründen wie ſeine Vor- gänger aufſtellte und für den praktiſchen Gebrauch bei der Pflanzenbeſchreibung überall benutzte; während er gleichzeitig ſchon in dem genannten Werk ſein Fragment eines natürlichen Syſtems mittheilte und zugleich in der Vorrede dazu die Eigen- thümlichkeiten des natürlichen Syſtems dem künſtlichen gegenüber ſchlagend hervorhob. Das Erſte und Letzte, heißt es in den Vorbemerkungen zu ſeinem Fragment, was in der ſyſtematiſchen Botanik gefordert wird, iſt die natürliche Methode, welche aller- dings von den weniger gelehrten Botanikern gering, von den einſichtigeren dagegen immer hochgeſtellt worden iſt, die aber freilich bis jetzt noch nicht entdeckt wurde. Wenn man aus allen (bis 1738) vorhandenen Syſtemen die natürlichen Ordnungen ſammle, ſo erhalte man nur eine geringe Zahl wirklich verwand- ter Pflanzen, obgleich ſo viele Syſteme als natürliche proklamirt worden ſeien. Lange habe auch er an der Auffindung der natürlichen Methode gearbeitet, auch manches Neue darin gefun- den, ſie ganz durchzuführen ſei ihm jedoch nicht gelungen, fort- ſetzen aber werde er ſie ſein ganzes Leben lang. Ganz beſonders treffend iſt ſeine Bemerkung: ein Schlüſſel (d. h. a priori beſtimmte Eintheilungsgründe) könne für die natürliche Methode nicht gegeben werden, bevor nicht alle Pflanzen bereits in Ord- nungen gebracht ſeien. Hier gelte keine Regel a priori, weder der eine noch der andere Theil der Fructification, ſondern allein die einfache Symmetrie (simplex symmetria) aller Theile, welche oft durch beſondere Merkmale angedeutet werde. Denen, welche es verſuchen wollen, einen Schlüſſel zu dem natürlichen

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/134>, abgerufen am 22.11.2024.