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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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der Organe von Caesalpin bis auf Linne.
an Caesalpin anschloß, zeigt ferner die nun folgende Erklärung
des Blüthenkätzchens, welche sich ganz auf die von diesem gegebene
Theorie desselben stützt. Wie bei Linne's Formbetrachtung
eine flachere und tiefere Auffassung unvermittelt neben einander
hergehen, zeigt sich ganz besonders auch darin, daß er im Text der
Philosophia botanica Satz 84 die stipulae unter den Begriff der
fulcra, nicht aber unter den der folia stellt, wogegen sich am Schluß des-
selben Werkes, wo er die Sätze über die Metamorphosis zusammen-
stellt, der Ausspruch findet, die stipulae sind Anhängsel der Blätter.

Den Gedanken Caesalpin's, daß die die Fruchtanlage
umgebenden Blüthentheile gleich den gewöhnlichen Blättern aus
den das Mark umhüllenden Gewebeschichten hervorgehen, hat
Linne in der Abhandlung metamorphosis plantarum Band IV
der Amoenitates academicae 1759 in sehr sonderbarer Weise
weiter ausgesponnen, indem er die Blüthenbildung der Pflanzen
mit der Metamorphose der Thiere, besonders mit der der Insecten
vergleicht. Da heißt es p. 370, nachdem er die Verwandlungen
der Thiere dargelegt, die Vegetabilien unterliegen einer gleichen
Verwandlung. Die Metamorphose der Insecten bestehe in der
Ablegung verschiedener Häute, so daß sie schließlich in ihrer
wahren und vollkommenen Form nackt hervortreten. Diese
Metamorphose finden wir auch bei den meisten Pflanzen, denn
diese bestehen wenigstens an dem eigentlich lebendigen Theil der
Wurzel aus Rinde, Bast, Holz und Mark. Die Rinde der
Pflanzen verhalte sich nun gerade so, wie die Haut einer Insecten-
larve, nach deren Ablegung das nackte Insect übrig bleibt. Bei
der Blüthenbildung der Pflanzen nun öffnet sich die Rinde und
bildet den Kelch (wobei er wieder ausdrücklich auf Caesalpin
verweist) und aus diesem brechen die inneren Theile der Pflanzen
hervor um die Blüthe zu bilden, so daß der Bast, das Holz
und das Mark in Form von Blumenkrone, Staubfäden und
Narbe nackt hervorbrechen. So lange die Pflanze innerhalb
der Rinde verborgen nur mit Blättern bekleidet daliegt, erscheint
sie uns ebenso unkenntlich und dunkel, wie ein Schmetterling,
welcher im Larvenzustand mit Haut und Stacheln bedeckt ist.

der Organe von Caeſalpin bis auf Linné.
an Caeſalpin anſchloß, zeigt ferner die nun folgende Erklärung
des Blüthenkätzchens, welche ſich ganz auf die von dieſem gegebene
Theorie desſelben ſtützt. Wie bei Linné's Formbetrachtung
eine flachere und tiefere Auffaſſung unvermittelt neben einander
hergehen, zeigt ſich ganz beſonders auch darin, daß er im Text der
Philosophia botanica Satz 84 die stipulae unter den Begriff der
fulcra, nicht aber unter den der folia ſtellt, wogegen ſich am Schluß des-
ſelben Werkes, wo er die Sätze über die Metamorphoſis zuſammen-
ſtellt, der Ausſpruch findet, die stipulae ſind Anhängſel der Blätter.

Den Gedanken Caeſalpin's, daß die die Fruchtanlage
umgebenden Blüthentheile gleich den gewöhnlichen Blättern aus
den das Mark umhüllenden Gewebeſchichten hervorgehen, hat
Linné in der Abhandlung metamorphosis plantarum Band IV
der Amoenitates academicae 1759 in ſehr ſonderbarer Weiſe
weiter ausgeſponnen, indem er die Blüthenbildung der Pflanzen
mit der Metamorphoſe der Thiere, beſonders mit der der Inſecten
vergleicht. Da heißt es p. 370, nachdem er die Verwandlungen
der Thiere dargelegt, die Vegetabilien unterliegen einer gleichen
Verwandlung. Die Metamorphoſe der Inſecten beſtehe in der
Ablegung verſchiedener Häute, ſo daß ſie ſchließlich in ihrer
wahren und vollkommenen Form nackt hervortreten. Dieſe
Metamorphoſe finden wir auch bei den meiſten Pflanzen, denn
dieſe beſtehen wenigſtens an dem eigentlich lebendigen Theil der
Wurzel aus Rinde, Baſt, Holz und Mark. Die Rinde der
Pflanzen verhalte ſich nun gerade ſo, wie die Haut einer Inſecten-
larve, nach deren Ablegung das nackte Inſect übrig bleibt. Bei
der Blüthenbildung der Pflanzen nun öffnet ſich die Rinde und
bildet den Kelch (wobei er wieder ausdrücklich auf Caeſalpin
verweiſt) und aus dieſem brechen die inneren Theile der Pflanzen
hervor um die Blüthe zu bilden, ſo daß der Baſt, das Holz
und das Mark in Form von Blumenkrone, Staubfäden und
Narbe nackt hervorbrechen. So lange die Pflanze innerhalb
der Rinde verborgen nur mit Blättern bekleidet daliegt, erſcheint
ſie uns ebenſo unkenntlich und dunkel, wie ein Schmetterling,
welcher im Larvenzuſtand mit Haut und Stacheln bedeckt iſt.

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[111/0123] der Organe von Caeſalpin bis auf Linné. an Caeſalpin anſchloß, zeigt ferner die nun folgende Erklärung des Blüthenkätzchens, welche ſich ganz auf die von dieſem gegebene Theorie desſelben ſtützt. Wie bei Linné's Formbetrachtung eine flachere und tiefere Auffaſſung unvermittelt neben einander hergehen, zeigt ſich ganz beſonders auch darin, daß er im Text der Philosophia botanica Satz 84 die stipulae unter den Begriff der fulcra, nicht aber unter den der folia ſtellt, wogegen ſich am Schluß des- ſelben Werkes, wo er die Sätze über die Metamorphoſis zuſammen- ſtellt, der Ausſpruch findet, die stipulae ſind Anhängſel der Blätter. Den Gedanken Caeſalpin's, daß die die Fruchtanlage umgebenden Blüthentheile gleich den gewöhnlichen Blättern aus den das Mark umhüllenden Gewebeſchichten hervorgehen, hat Linné in der Abhandlung metamorphosis plantarum Band IV der Amoenitates academicae 1759 in ſehr ſonderbarer Weiſe weiter ausgeſponnen, indem er die Blüthenbildung der Pflanzen mit der Metamorphoſe der Thiere, beſonders mit der der Inſecten vergleicht. Da heißt es p. 370, nachdem er die Verwandlungen der Thiere dargelegt, die Vegetabilien unterliegen einer gleichen Verwandlung. Die Metamorphoſe der Inſecten beſtehe in der Ablegung verſchiedener Häute, ſo daß ſie ſchließlich in ihrer wahren und vollkommenen Form nackt hervortreten. Dieſe Metamorphoſe finden wir auch bei den meiſten Pflanzen, denn dieſe beſtehen wenigſtens an dem eigentlich lebendigen Theil der Wurzel aus Rinde, Baſt, Holz und Mark. Die Rinde der Pflanzen verhalte ſich nun gerade ſo, wie die Haut einer Inſecten- larve, nach deren Ablegung das nackte Inſect übrig bleibt. Bei der Blüthenbildung der Pflanzen nun öffnet ſich die Rinde und bildet den Kelch (wobei er wieder ausdrücklich auf Caeſalpin verweiſt) und aus dieſem brechen die inneren Theile der Pflanzen hervor um die Blüthe zu bilden, ſo daß der Baſt, das Holz und das Mark in Form von Blumenkrone, Staubfäden und Narbe nackt hervorbrechen. So lange die Pflanze innerhalb der Rinde verborgen nur mit Blättern bekleidet daliegt, erſcheint ſie uns ebenſo unkenntlich und dunkel, wie ein Schmetterling, welcher im Larvenzuſtand mit Haut und Stacheln bedeckt iſt.

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/123>, abgerufen am 22.11.2024.