Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Scene. Oder ich finde, ihr läßt das blaue Tuch gut. Richtig! Denn nächsten Sonntag geht die Beschließerin damit in die Kirche. Und immer vor Fremden, das ist so unangenehm. Man will doch seiner Frau nicht Unrecht geben, und wieder -- man ist doch ein Mann. Und wenn sie immer Partei nimmt für Andere. Immer habe ich Unrecht und der Andere hat Recht. Was sagen Sie etwa dazu? Nachdem er heftig zur Seite gespuckt: Oder gar -- ich stelle ihr vor -- Liebe Nikolaja, thu mir das nicht, erbarme dich. -- Richtig, schweigt sie das nächste Mal. -- Und Sie, Gnädige, was sagen Sie? -- Ich sage, was mein Mann sagt. O, tatarische Bosheit! Sie muß sich zwingen, verstehen Sie, mit mir Einer Meinung zu sein. Wenn ich so daran denke, ich begreife nicht, daß ich noch lebe! Plötzlich verlor ich eine große Summe. Wir spielten hoch, wissen Sie, und ich hatte natürlich Unglück -- im Spiele. Einmal verlor ich Ihnen mein ganzes baares Geld, Pferde, Wagen. Jetzt lachte er herzlich darüber. Gut, ich nahm mich beim Kopfe und sagte: Das hast du schlecht gemacht. Zog mich auf eine ehrenvolle Art zurück. Freunde, Nachbarn blieben aus. Nur er kam. Mich kümmerte es zwar weiter nicht, wissen Sie. Scene. Oder ich finde, ihr läßt das blaue Tuch gut. Richtig! Denn nächsten Sonntag geht die Beschließerin damit in die Kirche. Und immer vor Fremden, das ist so unangenehm. Man will doch seiner Frau nicht Unrecht geben, und wieder — man ist doch ein Mann. Und wenn sie immer Partei nimmt für Andere. Immer habe ich Unrecht und der Andere hat Recht. Was sagen Sie etwa dazu? Nachdem er heftig zur Seite gespuckt: Oder gar — ich stelle ihr vor — Liebe Nikolaja, thu mir das nicht, erbarme dich. — Richtig, schweigt sie das nächste Mal. — Und Sie, Gnädige, was sagen Sie? — Ich sage, was mein Mann sagt. O, tatarische Bosheit! Sie muß sich zwingen, verstehen Sie, mit mir Einer Meinung zu sein. Wenn ich so daran denke, ich begreife nicht, daß ich noch lebe! Plötzlich verlor ich eine große Summe. Wir spielten hoch, wissen Sie, und ich hatte natürlich Unglück — im Spiele. Einmal verlor ich Ihnen mein ganzes baares Geld, Pferde, Wagen. Jetzt lachte er herzlich darüber. Gut, ich nahm mich beim Kopfe und sagte: Das hast du schlecht gemacht. Zog mich auf eine ehrenvolle Art zurück. Freunde, Nachbarn blieben aus. Nur er kam. Mich kümmerte es zwar weiter nicht, wissen Sie. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0067"/> Scene. Oder ich finde, ihr läßt das blaue Tuch gut. Richtig! Denn nächsten Sonntag geht die Beschließerin damit in die Kirche.</p><lb/> <p>Und immer vor Fremden, das ist so unangenehm. Man will doch seiner Frau nicht Unrecht geben, und wieder — man ist doch ein Mann. Und wenn sie immer Partei nimmt für Andere. Immer habe ich Unrecht und der Andere hat Recht. Was sagen Sie etwa dazu?</p><lb/> <p>Nachdem er heftig zur Seite gespuckt:</p><lb/> <p>Oder gar — ich stelle ihr vor — Liebe Nikolaja, thu mir das nicht, erbarme dich. — Richtig, schweigt sie das nächste Mal. — Und Sie, Gnädige, was sagen Sie? — Ich sage, was mein Mann sagt. O, tatarische Bosheit!</p><lb/> <p>Sie muß sich zwingen, verstehen Sie, mit mir Einer Meinung zu sein. Wenn ich so daran denke, ich begreife nicht, daß ich noch lebe!</p><lb/> <p>Plötzlich verlor ich eine große Summe. Wir spielten hoch, wissen Sie, und ich hatte natürlich Unglück — im Spiele. Einmal verlor ich Ihnen mein ganzes baares Geld, Pferde, Wagen.</p><lb/> <p>Jetzt lachte er herzlich darüber.</p><lb/> <p>Gut, ich nahm mich beim Kopfe und sagte: Das hast du schlecht gemacht. Zog mich auf eine ehrenvolle Art zurück. Freunde, Nachbarn blieben aus.</p><lb/> <p>Nur <hi rendition="#g">er</hi> kam.</p><lb/> <p>Mich kümmerte es zwar weiter nicht, wissen Sie.<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0067]
Scene. Oder ich finde, ihr läßt das blaue Tuch gut. Richtig! Denn nächsten Sonntag geht die Beschließerin damit in die Kirche.
Und immer vor Fremden, das ist so unangenehm. Man will doch seiner Frau nicht Unrecht geben, und wieder — man ist doch ein Mann. Und wenn sie immer Partei nimmt für Andere. Immer habe ich Unrecht und der Andere hat Recht. Was sagen Sie etwa dazu?
Nachdem er heftig zur Seite gespuckt:
Oder gar — ich stelle ihr vor — Liebe Nikolaja, thu mir das nicht, erbarme dich. — Richtig, schweigt sie das nächste Mal. — Und Sie, Gnädige, was sagen Sie? — Ich sage, was mein Mann sagt. O, tatarische Bosheit!
Sie muß sich zwingen, verstehen Sie, mit mir Einer Meinung zu sein. Wenn ich so daran denke, ich begreife nicht, daß ich noch lebe!
Plötzlich verlor ich eine große Summe. Wir spielten hoch, wissen Sie, und ich hatte natürlich Unglück — im Spiele. Einmal verlor ich Ihnen mein ganzes baares Geld, Pferde, Wagen.
Jetzt lachte er herzlich darüber.
Gut, ich nahm mich beim Kopfe und sagte: Das hast du schlecht gemacht. Zog mich auf eine ehrenvolle Art zurück. Freunde, Nachbarn blieben aus.
Nur er kam.
Mich kümmerte es zwar weiter nicht, wissen Sie.
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Zitationshilfe: | Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910/67>, abgerufen am 24.07.2024. |