Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Seine Stimme war heiser geworden. Je mehr er in Leidenschaft gerieth, um so mehr unterdrückte er seinen Ton; er kam so gepreßt, tief aus der Brust. Aber das kommt später. Es war damals ein lustiges Leben. Im Winter kamen auch die Gutsbesitzer aus der Gegend mit ihren Frauen. Da gab es Tanz, Maskeraden, Schlittenfahrten, Alles, Alles! Auch meine Frau war lustig. Dann im Sommer ein zweites Kind. Auch ein Knabe. Beides Knaben. So war das Einvernehmen etwas hergestellt. Ich sagte Nikolaja einmal -- ich saß an ihrem Bett und deckte sie zu, wenn sie sich herumwarf: Ich bitte dich, erbarme dich meiner, nimm eine Amme zu dem Kind. -- Sie schüttelte nur den Kopf. Was mach' ich? Mir kommen die Thränen, und ich gehe hinaus. Es war Alles vergebens. Nikolaja beschäftigte sich beinahe ein ganzes Jahr wieder nur mit dem Kinde. Wir sprachen selten. So kam es denn, wenn ich was erzählen wollte, daß ich weit ausholen mußte und meine Frau begann sich mit mir zu langweilen. Da gähnte sie einmal über das andere, die Augen gingen ihr über. Dann war es auffallend, wie leicht wir in Streit geriethen. Sie wollte immer Recht haben. Wenn ich Eines von den Dienstleuten bevorzugte, gleich war es aus dem Dienste gejagt. Natürlich eine Seine Stimme war heiser geworden. Je mehr er in Leidenschaft gerieth, um so mehr unterdrückte er seinen Ton; er kam so gepreßt, tief aus der Brust. Aber das kommt später. Es war damals ein lustiges Leben. Im Winter kamen auch die Gutsbesitzer aus der Gegend mit ihren Frauen. Da gab es Tanz, Maskeraden, Schlittenfahrten, Alles, Alles! Auch meine Frau war lustig. Dann im Sommer ein zweites Kind. Auch ein Knabe. Beides Knaben. So war das Einvernehmen etwas hergestellt. Ich sagte Nikolaja einmal — ich saß an ihrem Bett und deckte sie zu, wenn sie sich herumwarf: Ich bitte dich, erbarme dich meiner, nimm eine Amme zu dem Kind. — Sie schüttelte nur den Kopf. Was mach' ich? Mir kommen die Thränen, und ich gehe hinaus. Es war Alles vergebens. Nikolaja beschäftigte sich beinahe ein ganzes Jahr wieder nur mit dem Kinde. Wir sprachen selten. So kam es denn, wenn ich was erzählen wollte, daß ich weit ausholen mußte und meine Frau begann sich mit mir zu langweilen. Da gähnte sie einmal über das andere, die Augen gingen ihr über. Dann war es auffallend, wie leicht wir in Streit geriethen. Sie wollte immer Recht haben. Wenn ich Eines von den Dienstleuten bevorzugte, gleich war es aus dem Dienste gejagt. Natürlich eine <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0066"/> <p>Seine Stimme war heiser geworden. Je mehr er in Leidenschaft gerieth, um so mehr unterdrückte er seinen Ton; er kam so gepreßt, tief aus der Brust.</p><lb/> <p>Aber das kommt später.</p><lb/> <p>Es war damals ein lustiges Leben.</p><lb/> <p>Im Winter kamen auch die Gutsbesitzer aus der Gegend mit ihren Frauen. Da gab es Tanz, Maskeraden, Schlittenfahrten, Alles, Alles!</p><lb/> <p>Auch meine Frau war lustig.</p><lb/> <p>Dann im Sommer ein zweites Kind. Auch ein Knabe. Beides Knaben. So war das Einvernehmen etwas hergestellt.</p><lb/> <p>Ich sagte Nikolaja einmal — ich saß an ihrem Bett und deckte sie zu, wenn sie sich herumwarf: Ich bitte dich, erbarme dich meiner, nimm eine Amme zu dem Kind. — Sie schüttelte nur den Kopf. Was mach' ich? Mir kommen die Thränen, und ich gehe hinaus. Es war Alles vergebens.</p><lb/> <p>Nikolaja beschäftigte sich beinahe ein ganzes Jahr wieder nur mit dem Kinde. Wir sprachen selten.</p><lb/> <p>So kam es denn, wenn ich was erzählen wollte, daß ich weit ausholen mußte und meine Frau begann sich mit mir zu langweilen. Da gähnte sie einmal über das andere, die Augen gingen ihr über. Dann war es auffallend, wie leicht wir in Streit geriethen. Sie wollte immer Recht haben.</p><lb/> <p>Wenn ich Eines von den Dienstleuten bevorzugte, gleich war es aus dem Dienste gejagt. Natürlich eine<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0066]
Seine Stimme war heiser geworden. Je mehr er in Leidenschaft gerieth, um so mehr unterdrückte er seinen Ton; er kam so gepreßt, tief aus der Brust.
Aber das kommt später.
Es war damals ein lustiges Leben.
Im Winter kamen auch die Gutsbesitzer aus der Gegend mit ihren Frauen. Da gab es Tanz, Maskeraden, Schlittenfahrten, Alles, Alles!
Auch meine Frau war lustig.
Dann im Sommer ein zweites Kind. Auch ein Knabe. Beides Knaben. So war das Einvernehmen etwas hergestellt.
Ich sagte Nikolaja einmal — ich saß an ihrem Bett und deckte sie zu, wenn sie sich herumwarf: Ich bitte dich, erbarme dich meiner, nimm eine Amme zu dem Kind. — Sie schüttelte nur den Kopf. Was mach' ich? Mir kommen die Thränen, und ich gehe hinaus. Es war Alles vergebens.
Nikolaja beschäftigte sich beinahe ein ganzes Jahr wieder nur mit dem Kinde. Wir sprachen selten.
So kam es denn, wenn ich was erzählen wollte, daß ich weit ausholen mußte und meine Frau begann sich mit mir zu langweilen. Da gähnte sie einmal über das andere, die Augen gingen ihr über. Dann war es auffallend, wie leicht wir in Streit geriethen. Sie wollte immer Recht haben.
Wenn ich Eines von den Dienstleuten bevorzugte, gleich war es aus dem Dienste gejagt. Natürlich eine
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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T10:36:14Z)
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Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
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