Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Nikolaja die Hände um meinen Hals. Alles schreit, ich aber möchte tanzen mit ihr auf dem Arme -- da ist der Graf auch vorbei mit seiner Britschka -- das Mädchen aus meinen Armen -- ein Moment, sag' ich Ihnen! -- Polak das! Fährt da so schnell.

Aber ich erzähle Ihnen das Alles, wie ich es erlebt habe, ich will mich kurz fassen.

Nein! Nein! Fahren Sie nur so fort. -- Ich streckte mich auf meiner Bank aus. Er stopfte sich eine neue Pfeife.

Es ist so Alles eins, meinte er, Arrestanten sind wir einmal, also hören Sie die Geschichte zu Ende.

Da hat uns der polnische Graf getrennt von der tapferen Familie. Meine Senkows waren in alle vier Winde zerstreut. Glauben Sie, ich habe sie gesucht? Pana Nikolaja hängt sich in mich ein, ganz sanft, und ich führe sie zu ihren Leuten, das heißt, ich sehe mich immer um, damit ich sie von Weitem entdecke, und noch zu rechter Zeit in eine andere Gasse von Marktbuden einbiegen kann. Ich hebe meinen Kopf stolz wie ein Kosak, und wir plaudern. Was gleich? Da sitzt ein Weib und verkauft Kannen. Pana Nikolaja behauptet, die irdenen Kannen sind besser für das Wasser, und ich, die hölzernen, nur um so zu reden; sie lobt die französischen Bücher, und ich die deutschen; sie die Hunde, ich die Katzen, und ich widersprach nur, um sie reden zu hören, so allerliebst! Und wenn sie zornig wurde -- diese Stimme! -- Wie Musik, sag' ich Ihnen!

Nikolaja die Hände um meinen Hals. Alles schreit, ich aber möchte tanzen mit ihr auf dem Arme — da ist der Graf auch vorbei mit seiner Britschka — das Mädchen aus meinen Armen — ein Moment, sag' ich Ihnen! — Polak das! Fährt da so schnell.

Aber ich erzähle Ihnen das Alles, wie ich es erlebt habe, ich will mich kurz fassen.

Nein! Nein! Fahren Sie nur so fort. — Ich streckte mich auf meiner Bank aus. Er stopfte sich eine neue Pfeife.

Es ist so Alles eins, meinte er, Arrestanten sind wir einmal, also hören Sie die Geschichte zu Ende.

Da hat uns der polnische Graf getrennt von der tapferen Familie. Meine Senkows waren in alle vier Winde zerstreut. Glauben Sie, ich habe sie gesucht? Pana Nikolaja hängt sich in mich ein, ganz sanft, und ich führe sie zu ihren Leuten, das heißt, ich sehe mich immer um, damit ich sie von Weitem entdecke, und noch zu rechter Zeit in eine andere Gasse von Marktbuden einbiegen kann. Ich hebe meinen Kopf stolz wie ein Kosak, und wir plaudern. Was gleich? Da sitzt ein Weib und verkauft Kannen. Pana Nikolaja behauptet, die irdenen Kannen sind besser für das Wasser, und ich, die hölzernen, nur um so zu reden; sie lobt die französischen Bücher, und ich die deutschen; sie die Hunde, ich die Katzen, und ich widersprach nur, um sie reden zu hören, so allerliebst! Und wenn sie zornig wurde — diese Stimme! — Wie Musik, sag' ich Ihnen!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0034"/>
Nikolaja die Hände um      meinen Hals. Alles schreit, ich aber möchte tanzen mit ihr auf dem Arme &#x2014; da ist der Graf auch      vorbei mit seiner Britschka &#x2014; das Mädchen aus meinen Armen &#x2014; ein Moment, sag' ich Ihnen! &#x2014;      Polak das! Fährt da so schnell.</p><lb/>
        <p>Aber ich erzähle Ihnen das Alles, wie ich es erlebt habe, ich will mich kurz fassen.</p><lb/>
        <p>Nein! Nein! Fahren Sie nur so fort. &#x2014; Ich streckte mich auf meiner Bank aus. Er stopfte sich      eine neue Pfeife.</p><lb/>
        <p>Es ist so Alles eins, meinte er, Arrestanten sind wir einmal, also hören Sie die Geschichte      zu Ende.</p><lb/>
        <p>Da hat uns der polnische Graf getrennt von der tapferen Familie. Meine Senkows waren in alle      vier Winde zerstreut. Glauben Sie, ich habe sie gesucht? Pana Nikolaja hängt sich in mich ein,      ganz sanft, und ich führe sie zu ihren Leuten, das heißt, ich sehe mich immer um, damit ich sie      von Weitem entdecke, und noch zu rechter Zeit in eine andere Gasse von Marktbuden einbiegen      kann. Ich hebe meinen Kopf stolz wie ein Kosak, und wir plaudern. Was gleich? Da sitzt ein Weib      und verkauft Kannen. Pana Nikolaja behauptet, die irdenen Kannen sind besser für das Wasser,      und ich, die hölzernen, nur um so zu reden; sie lobt die französischen Bücher, und ich die      deutschen; sie die Hunde, ich die Katzen, und ich widersprach nur, um sie reden zu hören, so      allerliebst! Und wenn sie zornig wurde &#x2014; diese Stimme! &#x2014; Wie Musik, sag' ich Ihnen!</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0034] Nikolaja die Hände um meinen Hals. Alles schreit, ich aber möchte tanzen mit ihr auf dem Arme — da ist der Graf auch vorbei mit seiner Britschka — das Mädchen aus meinen Armen — ein Moment, sag' ich Ihnen! — Polak das! Fährt da so schnell. Aber ich erzähle Ihnen das Alles, wie ich es erlebt habe, ich will mich kurz fassen. Nein! Nein! Fahren Sie nur so fort. — Ich streckte mich auf meiner Bank aus. Er stopfte sich eine neue Pfeife. Es ist so Alles eins, meinte er, Arrestanten sind wir einmal, also hören Sie die Geschichte zu Ende. Da hat uns der polnische Graf getrennt von der tapferen Familie. Meine Senkows waren in alle vier Winde zerstreut. Glauben Sie, ich habe sie gesucht? Pana Nikolaja hängt sich in mich ein, ganz sanft, und ich führe sie zu ihren Leuten, das heißt, ich sehe mich immer um, damit ich sie von Weitem entdecke, und noch zu rechter Zeit in eine andere Gasse von Marktbuden einbiegen kann. Ich hebe meinen Kopf stolz wie ein Kosak, und wir plaudern. Was gleich? Da sitzt ein Weib und verkauft Kannen. Pana Nikolaja behauptet, die irdenen Kannen sind besser für das Wasser, und ich, die hölzernen, nur um so zu reden; sie lobt die französischen Bücher, und ich die deutschen; sie die Hunde, ich die Katzen, und ich widersprach nur, um sie reden zu hören, so allerliebst! Und wenn sie zornig wurde — diese Stimme! — Wie Musik, sag' ich Ihnen!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:36:14Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:36:14Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910/34
Zitationshilfe: Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910/34>, abgerufen am 22.11.2024.