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Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.

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niederpolternden Schollen nachstürzen, so daß ihn ein alter
Herr, augenscheinlich sein Vater, erschreckt beim Arm faßte. Er
konnte ihn jedoch nicht daran verhindern, daß er sich, als das
Grab geschlossen war, auf den frischen Hügel niederwarf, wo
er sich, ohne auf die Umstehenden zu achten, ganz einem stum¬
men, verzweiflungsvollen Schmerze überließ. So verweilte er
lange. Allmälig entfernten sich die Anwesenden, indem sie sich
noch öfter mit bedauernden Blicken nach ihm umwandten.
Nur sein Vater und ein junger Mann blieben bei ihm zurück.

"Arthur", sagte endlich der Erstere, "laß es jetzt genug
sein. Bedenke, wie mir beim Anblick eines solchen, alles Maaß
überschreitenden Schmerzes zu Muthe sein muß. Ich bitte
dich, mein Kind, steh' auf!"

Der Jüngling hörte nicht, oder wollte nicht hören.

"Wahrlich, Arthur", nahm jetzt der Andere das Wort,
indem er dem alten Herrn einen bedeutungsvollen Blick zu¬
warf, "wahrlich, ich hätte nicht gedacht, daß du so wenig See¬
lenstärke besäßest. Du schwelgst in deinem Schmerze wie ein
nervöses Weib. Ich kenne dich gar nicht mehr."

Arthur schnellte mit halbem Leibe empor und sah ihn mit
wilden Blicken an. "So sprichst du, Richard? Du, mein
Freund, von dem ich glaubte, er sei der Einzige, der meinen
Verlust in seiner ganzen Größe ermessen und mit empfinden
könnte!? Ich möchte dich an meiner Stelle sehen! Aber
freilich", fuhr er mit grellem Hohngelächter fort, "deine Elise

Saar, Novellen aus Oesterreich. 5

niederpolternden Schollen nachſtürzen, ſo daß ihn ein alter
Herr, augenſcheinlich ſein Vater, erſchreckt beim Arm faßte. Er
konnte ihn jedoch nicht daran verhindern, daß er ſich, als das
Grab geſchloſſen war, auf den friſchen Hügel niederwarf, wo
er ſich, ohne auf die Umſtehenden zu achten, ganz einem ſtum¬
men, verzweiflungsvollen Schmerze überließ. So verweilte er
lange. Allmälig entfernten ſich die Anweſenden, indem ſie ſich
noch öfter mit bedauernden Blicken nach ihm umwandten.
Nur ſein Vater und ein junger Mann blieben bei ihm zurück.

„Arthur“, ſagte endlich der Erſtere, „laß es jetzt genug
ſein. Bedenke, wie mir beim Anblick eines ſolchen, alles Maaß
überſchreitenden Schmerzes zu Muthe ſein muß. Ich bitte
dich, mein Kind, ſteh' auf!“

Der Jüngling hörte nicht, oder wollte nicht hören.

„Wahrlich, Arthur“, nahm jetzt der Andere das Wort,
indem er dem alten Herrn einen bedeutungsvollen Blick zu¬
warf, „wahrlich, ich hätte nicht gedacht, daß du ſo wenig See¬
lenſtärke beſäßeſt. Du ſchwelgſt in deinem Schmerze wie ein
nervöſes Weib. Ich kenne dich gar nicht mehr.“

Arthur ſchnellte mit halbem Leibe empor und ſah ihn mit
wilden Blicken an. „So ſprichſt du, Richard? Du, mein
Freund, von dem ich glaubte, er ſei der Einzige, der meinen
Verluſt in ſeiner ganzen Größe ermeſſen und mit empfinden
könnte!? Ich möchte dich an meiner Stelle ſehen! Aber
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Saar, Novellen aus Oeſterreich. 5
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[65/0081] niederpolternden Schollen nachſtürzen, ſo daß ihn ein alter Herr, augenſcheinlich ſein Vater, erſchreckt beim Arm faßte. Er konnte ihn jedoch nicht daran verhindern, daß er ſich, als das Grab geſchloſſen war, auf den friſchen Hügel niederwarf, wo er ſich, ohne auf die Umſtehenden zu achten, ganz einem ſtum¬ men, verzweiflungsvollen Schmerze überließ. So verweilte er lange. Allmälig entfernten ſich die Anweſenden, indem ſie ſich noch öfter mit bedauernden Blicken nach ihm umwandten. Nur ſein Vater und ein junger Mann blieben bei ihm zurück. „Arthur“, ſagte endlich der Erſtere, „laß es jetzt genug ſein. Bedenke, wie mir beim Anblick eines ſolchen, alles Maaß überſchreitenden Schmerzes zu Muthe ſein muß. Ich bitte dich, mein Kind, ſteh' auf!“ Der Jüngling hörte nicht, oder wollte nicht hören. „Wahrlich, Arthur“, nahm jetzt der Andere das Wort, indem er dem alten Herrn einen bedeutungsvollen Blick zu¬ warf, „wahrlich, ich hätte nicht gedacht, daß du ſo wenig See¬ lenſtärke beſäßeſt. Du ſchwelgſt in deinem Schmerze wie ein nervöſes Weib. Ich kenne dich gar nicht mehr.“ Arthur ſchnellte mit halbem Leibe empor und ſah ihn mit wilden Blicken an. „So ſprichſt du, Richard? Du, mein Freund, von dem ich glaubte, er ſei der Einzige, der meinen Verluſt in ſeiner ganzen Größe ermeſſen und mit empfinden könnte!? Ich möchte dich an meiner Stelle ſehen! Aber freilich“, fuhr er mit grellem Hohngelächter fort, „deine Eliſe Saar, Novellen aus Oeſterreich. 5

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Zitationshilfe: Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877/81>, abgerufen am 27.11.2024.