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Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.

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pflanzen schwammen auf der blaugrünen Fläche; zwei Schwäne
zogen dazwischen ihre stillen Kreise; am Ufer war ein wohl¬
gebauter Kahn befestigt.

"Wer hat Lust, mit mir auf dem Teiche zu fahren?"
rief Rödern, der mit der Freifrau Arm in Arm vorausgegan¬
gen war.

"Ich nicht;" sagte diese, indem sie sich von ihm los
machte. "Sie treiben es zu toll, lieber Vetter. Es hat das
letzte Mal wenig gefehlt, so wären wir Beide in's Wasser
gefallen."

"Kann ich nicht schwimmen?" erwiederte er übermüthig.
"Ich hätte Sie auf meinen Armen an's Land getragen."

"Schön; aber ich pflege um diese Zeit nicht zu baden."

Inzwischen hatte sich ihm Raphaela leise genähert.

"Wenn es Dir recht ist, Egon", sagte sie, "so will ich
mit Dir fahren."

"Was? Du?" rief er halb erstaunt, halb spöttisch. "Du
änderst Dich ja gewaltig und wirst zuletzt Deinem Thomas
a Kempis noch ganz und gar untreu werden. -- Nun, wenn
Du willst -- ich bin bereit."

Die Freifrau hatte ihre Tochter mit einem eigenthümlichen
Blicke betrachtet. "Wenn Raphaela mit Ihnen fährt", warf
sie jetzt rasch ein, "kann ich nicht zurückbleiben; hoffe aber,
Sie werden vernünftig sein, Egon."

So begaben sich die Drei in das zierliche Fahrzeug,

pflanzen ſchwammen auf der blaugrünen Fläche; zwei Schwäne
zogen dazwiſchen ihre ſtillen Kreiſe; am Ufer war ein wohl¬
gebauter Kahn befeſtigt.

„Wer hat Luſt, mit mir auf dem Teiche zu fahren?“
rief Rödern, der mit der Freifrau Arm in Arm vorausgegan¬
gen war.

„Ich nicht;“ ſagte dieſe, indem ſie ſich von ihm los
machte. „Sie treiben es zu toll, lieber Vetter. Es hat das
letzte Mal wenig gefehlt, ſo wären wir Beide in's Waſſer
gefallen.“

„Kann ich nicht ſchwimmen?“ erwiederte er übermüthig.
„Ich hätte Sie auf meinen Armen an's Land getragen.“

„Schön; aber ich pflege um dieſe Zeit nicht zu baden.“

Inzwiſchen hatte ſich ihm Raphaela leiſe genähert.

„Wenn es Dir recht iſt, Egon“, ſagte ſie, „ſo will ich
mit Dir fahren.“

„Was? Du?“ rief er halb erſtaunt, halb ſpöttiſch. „Du
änderſt Dich ja gewaltig und wirſt zuletzt Deinem Thomas
a Kempis noch ganz und gar untreu werden. — Nun, wenn
Du willſt — ich bin bereit.“

Die Freifrau hatte ihre Tochter mit einem eigenthümlichen
Blicke betrachtet. „Wenn Raphaela mit Ihnen fährt“, warf
ſie jetzt raſch ein, „kann ich nicht zurückbleiben; hoffe aber,
Sie werden vernünftig ſein, Egon.“

So begaben ſich die Drei in das zierliche Fahrzeug,

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[261/0277] pflanzen ſchwammen auf der blaugrünen Fläche; zwei Schwäne zogen dazwiſchen ihre ſtillen Kreiſe; am Ufer war ein wohl¬ gebauter Kahn befeſtigt. „Wer hat Luſt, mit mir auf dem Teiche zu fahren?“ rief Rödern, der mit der Freifrau Arm in Arm vorausgegan¬ gen war. „Ich nicht;“ ſagte dieſe, indem ſie ſich von ihm los machte. „Sie treiben es zu toll, lieber Vetter. Es hat das letzte Mal wenig gefehlt, ſo wären wir Beide in's Waſſer gefallen.“ „Kann ich nicht ſchwimmen?“ erwiederte er übermüthig. „Ich hätte Sie auf meinen Armen an's Land getragen.“ „Schön; aber ich pflege um dieſe Zeit nicht zu baden.“ Inzwiſchen hatte ſich ihm Raphaela leiſe genähert. „Wenn es Dir recht iſt, Egon“, ſagte ſie, „ſo will ich mit Dir fahren.“ „Was? Du?“ rief er halb erſtaunt, halb ſpöttiſch. „Du änderſt Dich ja gewaltig und wirſt zuletzt Deinem Thomas a Kempis noch ganz und gar untreu werden. — Nun, wenn Du willſt — ich bin bereit.“ Die Freifrau hatte ihre Tochter mit einem eigenthümlichen Blicke betrachtet. „Wenn Raphaela mit Ihnen fährt“, warf ſie jetzt raſch ein, „kann ich nicht zurückbleiben; hoffe aber, Sie werden vernünftig ſein, Egon.“ So begaben ſich die Drei in das zierliche Fahrzeug,

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Zitationshilfe: Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877/277>, abgerufen am 23.11.2024.