Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.Die französische Revolution hatte die ganze Weltordnung um¬ Mir wurde ganz unheimlich zu Muthe. In das eherne Die franzöſiſche Revolution hatte die ganze Weltordnung um¬ Mir wurde ganz unheimlich zu Muthe. In das eherne <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0271" n="255"/> Die franzöſiſche Revolution hatte die ganze Weltordnung um¬<lb/> zukehren gedroht, und nun machte der Corſe Europa zittern.<lb/> Vor Allem war es Oeſterreich, auf deſſen Erniedrigung, auf<lb/> deſſen Untergang er es abgeſehen hatte. Aber im Rathe der<lb/> Vorſehung war es anders beſchloſſen. Dynaſtie und Staat<lb/> ſind aus all dieſen äußeren Gefahren nicht minder ſiegreich<lb/> und glänzend hervorgegangen, als aus den fluchwürdigen Um¬<lb/> ſturzbeſtrebungen, die man jüngſter Zeit im Inneren zu be¬<lb/> kämpfen und — zu vernichten hatte. Und ſo wird ſich der<lb/> Spruch bewahrheiten: <hi rendition="#aq">Austria erit in orbe ultima</hi> — durch<lb/> den Schutz des Allmächtigen, ſeiner heiligen Kirche — und<lb/> kraft unſerer ruhmvollen Armee!“</p><lb/> <p>Mir wurde ganz unheimlich zu Muthe. In das eherne<lb/> Antlitz des Freiherrn war bei dieſen Worten ein erſchreckend<lb/> finſterer und grauſamer Zug getreten, und es ſchien, als<lb/> wollte er jetzt und jetzt ſeine hagere, aber kräftig gebaute Ge¬<lb/> ſtalt wie zum Angriff emporrichten. Unwillkürlich kehrte ſich<lb/> mein Blick von ihm ab und den Gegenſtänden zu, womit das<lb/> Gemach ſchlicht und bezeichnend ausgeſtattet war. Zwiſchen<lb/> zahlreichen Bücherſchränken ſtand ein einfacher Betſchemel mit<lb/> einem kleinen Cruzifix aus Ebenholz. An den Wänden ſah<lb/> man, ſorgfältig gruppirt, in Lithographien die Bildniſſe des<lb/> Herrſcherpaares, der Marſchälle Windiſch-Grätz und Radetzky;<lb/> dann der Fürſten Metternich und Schwarzenberg, ſo wie an¬<lb/> derer hervorragender weltlicher und geiſtlicher Würdenträger.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [255/0271]
Die franzöſiſche Revolution hatte die ganze Weltordnung um¬
zukehren gedroht, und nun machte der Corſe Europa zittern.
Vor Allem war es Oeſterreich, auf deſſen Erniedrigung, auf
deſſen Untergang er es abgeſehen hatte. Aber im Rathe der
Vorſehung war es anders beſchloſſen. Dynaſtie und Staat
ſind aus all dieſen äußeren Gefahren nicht minder ſiegreich
und glänzend hervorgegangen, als aus den fluchwürdigen Um¬
ſturzbeſtrebungen, die man jüngſter Zeit im Inneren zu be¬
kämpfen und — zu vernichten hatte. Und ſo wird ſich der
Spruch bewahrheiten: Austria erit in orbe ultima — durch
den Schutz des Allmächtigen, ſeiner heiligen Kirche — und
kraft unſerer ruhmvollen Armee!“
Mir wurde ganz unheimlich zu Muthe. In das eherne
Antlitz des Freiherrn war bei dieſen Worten ein erſchreckend
finſterer und grauſamer Zug getreten, und es ſchien, als
wollte er jetzt und jetzt ſeine hagere, aber kräftig gebaute Ge¬
ſtalt wie zum Angriff emporrichten. Unwillkürlich kehrte ſich
mein Blick von ihm ab und den Gegenſtänden zu, womit das
Gemach ſchlicht und bezeichnend ausgeſtattet war. Zwiſchen
zahlreichen Bücherſchränken ſtand ein einfacher Betſchemel mit
einem kleinen Cruzifix aus Ebenholz. An den Wänden ſah
man, ſorgfältig gruppirt, in Lithographien die Bildniſſe des
Herrſcherpaares, der Marſchälle Windiſch-Grätz und Radetzky;
dann der Fürſten Metternich und Schwarzenberg, ſo wie an¬
derer hervorragender weltlicher und geiſtlicher Würdenträger.
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