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Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.

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Vermittlung des wackeren Gendarmen ein Nachtlager und
gleich in den nächsten Tagen beim Neubau eines Hauses Ar¬
beit gefunden; aber in ihrem Inneren sah es trostlos aus.
Keiner von Denen, die an dem Baugerüste vorübergingen,
und zufällig bemerkten, wie sie Backsteine oder mit Mörtel
gefüllte Kübel hinanschleppte, hätte gedacht, mit welch' tiefem
Gram und Herzeleid sie das Alles verrichtete. Abends jedoch,
wenn die Arbeit eingestellt wurde, und an Sonn- und Feier¬
tagen umkreis'te sie scheu die Kaserne, in welcher sich das
Stockhaus befand, und spähte zu jedem vergitterten und ge¬
blendeten Fenster empor, ob sie nicht irgendwo das Antlitz
Georgs entdecken könne; so zwar, daß sie mehrmals von den
Schildwachen hart angelassen und fortgescheucht wurde. In
ihrer Noth wandte sie sich endlich an die Soldaten der Thor¬
wache, und bat sie, ihr zu sagen, wo sich der Gefangene
Georg Huber befände; sie möchte gern mit ihm reden. Da
bekam sie denn freilich nur rohes Gelächter und unziemliche
Späße zu hören, bis sich endlich ein gutmüthig aussehender
Unteroffizier ihrer erbarmte, indem er sich bereit erklärte, be¬
sagten Gefangenen ausfindig zu machen und demselben ihre Grüße
zu bestellen; ihn zu sehen und mit ihm zu reden, könne ihr
jedoch nicht verstattet werden; es wäre denn, daß sie vom Au¬
ditor hiezu die Erlaubniß bekäme. Den solle sie aufsuchen;
aber sie müsse schon am Morgen zu ihm gehen; denn tagüber
sei der Herr selten zu Hause anzutreffen. So suchte sie denn

Vermittlung des wackeren Gendarmen ein Nachtlager und
gleich in den nächſten Tagen beim Neubau eines Hauſes Ar¬
beit gefunden; aber in ihrem Inneren ſah es troſtlos aus.
Keiner von Denen, die an dem Baugerüſte vorübergingen,
und zufällig bemerkten, wie ſie Backſteine oder mit Mörtel
gefüllte Kübel hinanſchleppte, hätte gedacht, mit welch' tiefem
Gram und Herzeleid ſie das Alles verrichtete. Abends jedoch,
wenn die Arbeit eingeſtellt wurde, und an Sonn- und Feier¬
tagen umkreiſ'te ſie ſcheu die Kaſerne, in welcher ſich das
Stockhaus befand, und ſpähte zu jedem vergitterten und ge¬
blendeten Fenſter empor, ob ſie nicht irgendwo das Antlitz
Georgs entdecken könne; ſo zwar, daß ſie mehrmals von den
Schildwachen hart angelaſſen und fortgeſcheucht wurde. In
ihrer Noth wandte ſie ſich endlich an die Soldaten der Thor¬
wache, und bat ſie, ihr zu ſagen, wo ſich der Gefangene
Georg Huber befände; ſie möchte gern mit ihm reden. Da
bekam ſie denn freilich nur rohes Gelächter und unziemliche
Späße zu hören, bis ſich endlich ein gutmüthig ausſehender
Unteroffizier ihrer erbarmte, indem er ſich bereit erklärte, be¬
ſagten Gefangenen ausfindig zu machen und demſelben ihre Grüße
zu beſtellen; ihn zu ſehen und mit ihm zu reden, könne ihr
jedoch nicht verſtattet werden; es wäre denn, daß ſie vom Au¬
ditor hiezu die Erlaubniß bekäme. Den ſolle ſie aufſuchen;
aber ſie müſſe ſchon am Morgen zu ihm gehen; denn tagüber
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[176/0192] Vermittlung des wackeren Gendarmen ein Nachtlager und gleich in den nächſten Tagen beim Neubau eines Hauſes Ar¬ beit gefunden; aber in ihrem Inneren ſah es troſtlos aus. Keiner von Denen, die an dem Baugerüſte vorübergingen, und zufällig bemerkten, wie ſie Backſteine oder mit Mörtel gefüllte Kübel hinanſchleppte, hätte gedacht, mit welch' tiefem Gram und Herzeleid ſie das Alles verrichtete. Abends jedoch, wenn die Arbeit eingeſtellt wurde, und an Sonn- und Feier¬ tagen umkreiſ'te ſie ſcheu die Kaſerne, in welcher ſich das Stockhaus befand, und ſpähte zu jedem vergitterten und ge¬ blendeten Fenſter empor, ob ſie nicht irgendwo das Antlitz Georgs entdecken könne; ſo zwar, daß ſie mehrmals von den Schildwachen hart angelaſſen und fortgeſcheucht wurde. In ihrer Noth wandte ſie ſich endlich an die Soldaten der Thor¬ wache, und bat ſie, ihr zu ſagen, wo ſich der Gefangene Georg Huber befände; ſie möchte gern mit ihm reden. Da bekam ſie denn freilich nur rohes Gelächter und unziemliche Späße zu hören, bis ſich endlich ein gutmüthig ausſehender Unteroffizier ihrer erbarmte, indem er ſich bereit erklärte, be¬ ſagten Gefangenen ausfindig zu machen und demſelben ihre Grüße zu beſtellen; ihn zu ſehen und mit ihm zu reden, könne ihr jedoch nicht verſtattet werden; es wäre denn, daß ſie vom Au¬ ditor hiezu die Erlaubniß bekäme. Den ſolle ſie aufſuchen; aber ſie müſſe ſchon am Morgen zu ihm gehen; denn tagüber ſei der Herr ſelten zu Hauſe anzutreffen. So ſuchte ſie denn

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Zitationshilfe: Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877/192>, abgerufen am 28.11.2024.