Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.Georg all' seiner Tage ergangen sei, und erzählte hinwieder Aber nicht lange sollte die Zeit dauern, wo sich die Bei¬ Georg all' ſeiner Tage ergangen ſei, und erzählte hinwieder Aber nicht lange ſollte die Zeit dauern, wo ſich die Bei¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0166" n="150"/> Georg all' ſeiner Tage ergangen ſei, und erzählte hinwieder<lb/> auch, was ihr Trübes und Trauriges aus ihrem trüben, ein¬<lb/> förmigen Daſein in der Erinnerung geblieben war. So trö¬<lb/> ſteten ſie ſich unbewußt gegenſeitig und es that ihnen wohl,<lb/> daß ſie jeden Morgen, die Hämmer auf der Schulter, zum<lb/> Steinbruch hinanſteigen und die langen ſonnigen Tage neben<lb/> einander verbringen konnten, wobei ſie oft den Ruf der Glocke<lb/> überhörten oder darob erſchracken, weil er ſie aus ihrer weh¬<lb/> müthig trauten Einſamkeit in die wüſte Gemeinſchaft der Hütte<lb/> zurück trieb. —</p><lb/> <p>Aber nicht lange ſollte die Zeit dauern, wo ſich die Bei¬<lb/> den in lang erduldeter Noth und ſtill entſagendem Kummer,<lb/> wie Andere in Luſt und Fröhlichkeit und drängender Lebens¬<lb/> fülle, immer inniger zuſammenfanden. Sei es, daß der Auf¬<lb/> ſeher durch die anderen Arbeiter von ihrem Einvernehmen<lb/> übelwollende Kunde erhalten; ſei es, daß er es mit dem In¬<lb/> ſtinkte der Bosheit von ſelbſt errathen hatte — genug: er<lb/> ſtand eines Tages hinter ihnen. „Was hockt <hi rendition="#g">Ihr</hi> da bei<lb/> einander wie die Kröten?“ ſchrie er, während ſie erſchrocken<lb/> aufſahen. „Marſch, Du Hungerleider, zu Deinen Kameraden,<lb/> wo Du hingehörſt!“ Und damit ſtreckte er gebieteriſch die<lb/> Hand gegen den unteren Theil des Steinbruches aus. „Und<lb/> Du, heimtückiſches Aas“, wandte er ſich zu Tertſchka, während<lb/> Georg betroffen und ſprachlos dem Befehl Folge leiſtete, „mir<lb/> ſcheint, Du hältſt es mit dem elenden Krüppel da? Wart',<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [150/0166]
Georg all' ſeiner Tage ergangen ſei, und erzählte hinwieder
auch, was ihr Trübes und Trauriges aus ihrem trüben, ein¬
förmigen Daſein in der Erinnerung geblieben war. So trö¬
ſteten ſie ſich unbewußt gegenſeitig und es that ihnen wohl,
daß ſie jeden Morgen, die Hämmer auf der Schulter, zum
Steinbruch hinanſteigen und die langen ſonnigen Tage neben
einander verbringen konnten, wobei ſie oft den Ruf der Glocke
überhörten oder darob erſchracken, weil er ſie aus ihrer weh¬
müthig trauten Einſamkeit in die wüſte Gemeinſchaft der Hütte
zurück trieb. —
Aber nicht lange ſollte die Zeit dauern, wo ſich die Bei¬
den in lang erduldeter Noth und ſtill entſagendem Kummer,
wie Andere in Luſt und Fröhlichkeit und drängender Lebens¬
fülle, immer inniger zuſammenfanden. Sei es, daß der Auf¬
ſeher durch die anderen Arbeiter von ihrem Einvernehmen
übelwollende Kunde erhalten; ſei es, daß er es mit dem In¬
ſtinkte der Bosheit von ſelbſt errathen hatte — genug: er
ſtand eines Tages hinter ihnen. „Was hockt Ihr da bei
einander wie die Kröten?“ ſchrie er, während ſie erſchrocken
aufſahen. „Marſch, Du Hungerleider, zu Deinen Kameraden,
wo Du hingehörſt!“ Und damit ſtreckte er gebieteriſch die
Hand gegen den unteren Theil des Steinbruches aus. „Und
Du, heimtückiſches Aas“, wandte er ſich zu Tertſchka, während
Georg betroffen und ſprachlos dem Befehl Folge leiſtete, „mir
ſcheint, Du hältſt es mit dem elenden Krüppel da? Wart',
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