Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.Seufzer entlockte. Auch die Uebrigen blickten gierig nach dem "Ja; Steine hab' ich zerschlagen." "Und nun hast Du Lust, zu essen. Was willst Du?" "Ich möcht' Euch um Grütze und Kartoffeln bitten." Der Aufseher that ihm das Verlangte in den Napf und Das war nun eine gewaltige Versuchung für den Armen. "Was? Bist Du ein Knicker? Bei Deinem verhungerten "Er hat das Fieber; das fette Fleisch könnt' ihm übel Seufzer entlockte. Auch die Uebrigen blickten gierig nach dem „Ja; Steine hab' ich zerſchlagen.“ „Und nun haſt Du Luſt, zu eſſen. Was willſt Du?“ „Ich möcht' Euch um Grütze und Kartoffeln bitten.“ Der Aufſeher that ihm das Verlangte in den Napf und Das war nun eine gewaltige Verſuchung für den Armen. „Was? Biſt Du ein Knicker? Bei Deinem verhungerten „Er hat das Fieber; das fette Fleiſch könnt' ihm übel <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0162" n="146"/> Seufzer entlockte. Auch die Uebrigen blickten gierig nach dem<lb/> fetttriefenden Fleiſche und nahmen der Reihe nach ein Stück<lb/> davon in Empfang, das ſie von der Fauſt weg verzehrten.<lb/> Einige legten Geld dafür nieder; bei den Meiſten jedoch machte<lb/> der Aufſeher ein Zeichen in ein kleines Büchlein. Georg hatte<lb/> von Tertſchka einen Napf erhalten; damit näherte er ſich nun<lb/> dem Herde. Der Aufſeher ſah ihn befremdet an. Endlich<lb/> entſann er ſich. „Aha, der Knirps von geſtern!“ rief er.<lb/> „Nun, haſt Du etwas gearbeitet?“</p><lb/> <p>„Ja; Steine hab' ich zerſchlagen.“</p><lb/> <p>„Und nun haſt Du Luſt, zu eſſen. Was willſt Du?“</p><lb/> <p>„Ich möcht' Euch um Grütze und Kartoffeln bitten.“</p><lb/> <p>Der Aufſeher that ihm das Verlangte in den Napf und<lb/> nahm das Papier in Empfang, das ihm Georg hinreichte.<lb/> „Du wirſt doch auch ein Stück Braten wollen“, ſagte er<lb/> dann.</p><lb/> <p>Das war nun eine gewaltige Verſuchung für den Armen.<lb/> Aber er gedachte der Warnung Tertſchka's und erwiederte,<lb/> während der Andere ſchon das Meſſer anſetzte: „Nein; ich<lb/> eſſe kein Fleiſch.“</p><lb/> <p>„Was? Biſt Du ein Knicker? Bei Deinem verhungerten<lb/> Ausſehen ſollteſt Du froh ſein, etwas Ordentliches in den<lb/> Leib zu kriegen.“</p><lb/> <p>„Er hat das Fieber; das fette Fleiſch könnt' ihm übel<lb/> bekommen“, ſagte Tertſchka hinzutretend; denn ſie fühlte, daß<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [146/0162]
Seufzer entlockte. Auch die Uebrigen blickten gierig nach dem
fetttriefenden Fleiſche und nahmen der Reihe nach ein Stück
davon in Empfang, das ſie von der Fauſt weg verzehrten.
Einige legten Geld dafür nieder; bei den Meiſten jedoch machte
der Aufſeher ein Zeichen in ein kleines Büchlein. Georg hatte
von Tertſchka einen Napf erhalten; damit näherte er ſich nun
dem Herde. Der Aufſeher ſah ihn befremdet an. Endlich
entſann er ſich. „Aha, der Knirps von geſtern!“ rief er.
„Nun, haſt Du etwas gearbeitet?“
„Ja; Steine hab' ich zerſchlagen.“
„Und nun haſt Du Luſt, zu eſſen. Was willſt Du?“
„Ich möcht' Euch um Grütze und Kartoffeln bitten.“
Der Aufſeher that ihm das Verlangte in den Napf und
nahm das Papier in Empfang, das ihm Georg hinreichte.
„Du wirſt doch auch ein Stück Braten wollen“, ſagte er
dann.
Das war nun eine gewaltige Verſuchung für den Armen.
Aber er gedachte der Warnung Tertſchka's und erwiederte,
während der Andere ſchon das Meſſer anſetzte: „Nein; ich
eſſe kein Fleiſch.“
„Was? Biſt Du ein Knicker? Bei Deinem verhungerten
Ausſehen ſollteſt Du froh ſein, etwas Ordentliches in den
Leib zu kriegen.“
„Er hat das Fieber; das fette Fleiſch könnt' ihm übel
bekommen“, ſagte Tertſchka hinzutretend; denn ſie fühlte, daß
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Zitationshilfe: | Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877/162>, abgerufen am 19.07.2024. |