Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.Haue und Schaufel anzufassen. Jetzt wurde sie durch nahende "Ja, das ist sie;" erwiederte die Andere in jenem eigen¬ "Man hat mich zur Arbeit heraufgeschickt." Und dabei Sie betrachtete noch immer seinen seltsamen Aufzug und 9*
Haue und Schaufel anzufaſſen. Jetzt wurde ſie durch nahende „Ja, das iſt ſie;“ erwiederte die Andere in jenem eigen¬ „Man hat mich zur Arbeit heraufgeſchickt.“ Und dabei Sie betrachtete noch immer ſeinen ſeltſamen Aufzug und 9*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0147" n="131"/> Haue und Schaufel anzufaſſen. Jetzt wurde ſie durch nahende<lb/> Schritte aufgeſtört, und als ſie das Haupt hob, gewahrte ſie,<lb/> wie vom Bahngeleiſe her ein Mann auf die Hütte zuſchritt,<lb/> deſſen Erſcheinung einen kläglichen Anblick darbot. Klein und<lb/> unanſehnlich von Wuchs, trug er einen alten, zerſchliſſenen<lb/> Soldatenkittel, welcher, zu lang und zu weit, ſeinen Körper<lb/> wunderlich umſchlotterte, während ihm eine blaue, abgegriffene<lb/> Feldmütze tief über die Stirne herabfiel. Er wankte im Gehen,<lb/> obgleich er ſich auf einen knorrigen Baumaſt ſtützte und der<lb/> kleine Sack von fadenſcheinigem Zwillich, den er über die<lb/> Schultern gehängt trug, ziemlich inhaltslos ausſah. So nä¬<lb/> herte er ſich, ſcheu und verlegen aus matten, farbloſen Augen<lb/> blickend, der Erwartungsvollen. „Iſt das die Hütte Nummer<lb/> ſieben?“ fragte er mit unſicherer Stimme.</p><lb/> <p>„Ja, das iſt ſie;“ erwiederte die Andere in jenem eigen¬<lb/> thümlichen, hart klingenden Deutſch, wie es im ſüdlichen Böh¬<lb/> men geſprochen wird, „Was willſt Du?“</p><lb/> <p>„Man hat mich zur Arbeit heraufgeſchickt.“ Und dabei<lb/> wies er einen Zettel vor, den er in der Hand hielt.</p><lb/> <p>Sie betrachtete noch immer ſeinen ſeltſamen Aufzug und<lb/> ſein dünnbärtiges Antlitz, das jämmerlich bleich und abgemagert<lb/> ausſah. „Der Aufſeher iſt nicht zu Hauſe“, ſagte ſie endlich.<lb/> „Er iſt mit den Andern nach Schottwien hinunter gegangen<lb/> zum Wein. Setz' Dich einſtweilen dort nieder, wenn Du müd<lb/> biſt.“ Und mit einem letzten Blick auf ſein hinfälliges Weſen,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">9*<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [131/0147]
Haue und Schaufel anzufaſſen. Jetzt wurde ſie durch nahende
Schritte aufgeſtört, und als ſie das Haupt hob, gewahrte ſie,
wie vom Bahngeleiſe her ein Mann auf die Hütte zuſchritt,
deſſen Erſcheinung einen kläglichen Anblick darbot. Klein und
unanſehnlich von Wuchs, trug er einen alten, zerſchliſſenen
Soldatenkittel, welcher, zu lang und zu weit, ſeinen Körper
wunderlich umſchlotterte, während ihm eine blaue, abgegriffene
Feldmütze tief über die Stirne herabfiel. Er wankte im Gehen,
obgleich er ſich auf einen knorrigen Baumaſt ſtützte und der
kleine Sack von fadenſcheinigem Zwillich, den er über die
Schultern gehängt trug, ziemlich inhaltslos ausſah. So nä¬
herte er ſich, ſcheu und verlegen aus matten, farbloſen Augen
blickend, der Erwartungsvollen. „Iſt das die Hütte Nummer
ſieben?“ fragte er mit unſicherer Stimme.
„Ja, das iſt ſie;“ erwiederte die Andere in jenem eigen¬
thümlichen, hart klingenden Deutſch, wie es im ſüdlichen Böh¬
men geſprochen wird, „Was willſt Du?“
„Man hat mich zur Arbeit heraufgeſchickt.“ Und dabei
wies er einen Zettel vor, den er in der Hand hielt.
Sie betrachtete noch immer ſeinen ſeltſamen Aufzug und
ſein dünnbärtiges Antlitz, das jämmerlich bleich und abgemagert
ausſah. „Der Aufſeher iſt nicht zu Hauſe“, ſagte ſie endlich.
„Er iſt mit den Andern nach Schottwien hinunter gegangen
zum Wein. Setz' Dich einſtweilen dort nieder, wenn Du müd
biſt.“ Und mit einem letzten Blick auf ſein hinfälliges Weſen,
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