Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

was in ihm vorging. Allein fürchterlich tobte es, drängte es sich in den verborgenen Tiefen seiner Seele. Die Vorzeichen des Morgens waren, nach ihrem sympathetisch rührenden Wesen, als milde und freundliche Warnungen ihm entgegengetreten, hatten daher sein Herz ungewöhnlich sanft und weich gestimmt. Doch jetzt, nachdem ein schwelgerisches Mahl, ein ruchloses Tischgespräch bereits die Kraft jener besseren Stimmung geschwächt hatte, jetzt, da, wie er fest glaubte, der Himmel selbst ihm drohte, erwachte in ihm ein unermeßlicher Stolz, erbitterte seinen nie gebeugten Sinn die Vorstellung, daß höhere Mächte über ihn gebieten, ihn schrecken und meistern wollen. -- Gleich Anderen hatte er oftmals, was er vorübergehend geliebt, reu- und rücksichtslos zerknickt, verderbt, vernichtet. Jetzt lechzte er in wildem Unmuthe, Verderben und Entsetzen um sich her zu verbreiten, ja über die Welt, wenn die Kräfte hätten dem Willen zu folgen vermocht. Der Zufall, oder auch eine von jenen furchtbaren Vorausbestimmungen, deren Sinn und Zweck verborgen, ja ganz unerforschlich ist, hielt ein Opfer für ihn bereit.

Es war schon finstre Nacht, als er seine Gefährten erinnerte, sich umzukleiden und zu bewaffnen. Sie verließen das Schloß durch eine verborgene Thüre, welche vormals zum Ausfalle gedient hatte und in den trockenen Graben hinabführte. Die entgegengesetzte Futtermauer war in einer früheren Belagerung minirt und an einigen Stellen zersprengt worden. Ueber diese Trümmer pflegte

was in ihm vorging. Allein fürchterlich tobte es, drängte es sich in den verborgenen Tiefen seiner Seele. Die Vorzeichen des Morgens waren, nach ihrem sympathetisch rührenden Wesen, als milde und freundliche Warnungen ihm entgegengetreten, hatten daher sein Herz ungewöhnlich sanft und weich gestimmt. Doch jetzt, nachdem ein schwelgerisches Mahl, ein ruchloses Tischgespräch bereits die Kraft jener besseren Stimmung geschwächt hatte, jetzt, da, wie er fest glaubte, der Himmel selbst ihm drohte, erwachte in ihm ein unermeßlicher Stolz, erbitterte seinen nie gebeugten Sinn die Vorstellung, daß höhere Mächte über ihn gebieten, ihn schrecken und meistern wollen. — Gleich Anderen hatte er oftmals, was er vorübergehend geliebt, reu- und rücksichtslos zerknickt, verderbt, vernichtet. Jetzt lechzte er in wildem Unmuthe, Verderben und Entsetzen um sich her zu verbreiten, ja über die Welt, wenn die Kräfte hätten dem Willen zu folgen vermocht. Der Zufall, oder auch eine von jenen furchtbaren Vorausbestimmungen, deren Sinn und Zweck verborgen, ja ganz unerforschlich ist, hielt ein Opfer für ihn bereit.

Es war schon finstre Nacht, als er seine Gefährten erinnerte, sich umzukleiden und zu bewaffnen. Sie verließen das Schloß durch eine verborgene Thüre, welche vormals zum Ausfalle gedient hatte und in den trockenen Graben hinabführte. Die entgegengesetzte Futtermauer war in einer früheren Belagerung minirt und an einigen Stellen zersprengt worden. Ueber diese Trümmer pflegte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0044"/>
was in ihm vorging. Allein                fürchterlich tobte es, drängte es sich in den verborgenen Tiefen seiner Seele. Die                Vorzeichen des Morgens waren, nach ihrem sympathetisch rührenden Wesen, als milde und                freundliche Warnungen ihm entgegengetreten, hatten daher sein Herz ungewöhnlich sanft                und weich gestimmt. Doch jetzt, nachdem ein schwelgerisches Mahl, ein ruchloses                Tischgespräch bereits die Kraft jener besseren Stimmung geschwächt hatte, jetzt, da,                wie er fest glaubte, der Himmel selbst ihm drohte, erwachte in ihm ein unermeßlicher                Stolz, erbitterte seinen nie gebeugten Sinn die Vorstellung, daß höhere Mächte über                ihn gebieten, ihn schrecken und meistern wollen. &#x2014; Gleich Anderen hatte er oftmals,                was er vorübergehend geliebt, reu- und rücksichtslos zerknickt, verderbt, vernichtet.                Jetzt lechzte er in wildem Unmuthe, Verderben und Entsetzen um sich her zu                verbreiten, ja über die Welt, wenn die Kräfte hätten dem Willen zu folgen vermocht.                Der Zufall, oder auch eine von jenen furchtbaren Vorausbestimmungen, deren Sinn und                Zweck verborgen, ja ganz unerforschlich ist, hielt ein Opfer für ihn bereit.</p><lb/>
        <p>Es war schon finstre Nacht, als er seine Gefährten erinnerte, sich umzukleiden und zu                bewaffnen. Sie verließen das Schloß durch eine verborgene Thüre, welche vormals zum                Ausfalle gedient hatte und in den trockenen Graben hinabführte. Die entgegengesetzte                Futtermauer war in einer früheren Belagerung minirt und an einigen Stellen zersprengt                worden. Ueber diese Trümmer pflegte<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0044] was in ihm vorging. Allein fürchterlich tobte es, drängte es sich in den verborgenen Tiefen seiner Seele. Die Vorzeichen des Morgens waren, nach ihrem sympathetisch rührenden Wesen, als milde und freundliche Warnungen ihm entgegengetreten, hatten daher sein Herz ungewöhnlich sanft und weich gestimmt. Doch jetzt, nachdem ein schwelgerisches Mahl, ein ruchloses Tischgespräch bereits die Kraft jener besseren Stimmung geschwächt hatte, jetzt, da, wie er fest glaubte, der Himmel selbst ihm drohte, erwachte in ihm ein unermeßlicher Stolz, erbitterte seinen nie gebeugten Sinn die Vorstellung, daß höhere Mächte über ihn gebieten, ihn schrecken und meistern wollen. — Gleich Anderen hatte er oftmals, was er vorübergehend geliebt, reu- und rücksichtslos zerknickt, verderbt, vernichtet. Jetzt lechzte er in wildem Unmuthe, Verderben und Entsetzen um sich her zu verbreiten, ja über die Welt, wenn die Kräfte hätten dem Willen zu folgen vermocht. Der Zufall, oder auch eine von jenen furchtbaren Vorausbestimmungen, deren Sinn und Zweck verborgen, ja ganz unerforschlich ist, hielt ein Opfer für ihn bereit. Es war schon finstre Nacht, als er seine Gefährten erinnerte, sich umzukleiden und zu bewaffnen. Sie verließen das Schloß durch eine verborgene Thüre, welche vormals zum Ausfalle gedient hatte und in den trockenen Graben hinabführte. Die entgegengesetzte Futtermauer war in einer früheren Belagerung minirt und an einigen Stellen zersprengt worden. Ueber diese Trümmer pflegte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:26:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:26:17Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910/44
Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910/44>, abgerufen am 25.11.2024.