Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

edlen und großartigen Frau nicht bloß erlog, nein auch in Wahrheit empfand. Sie hatte es über ihr gütiges Herz gewonnen, dem Savello ihre Ungnade fühlbar zu machen. Es war dem stolzen Jüngling unerträglich, öffentlich und im Angesichte des gesummten Adels mit einer Nichtbeachtung und Geringschätzung behandelt zu werden, welche zu entgegnen die Macht der kaiserlichen Tochter, die ritterliche Sitte ihm untersagte. Er beschloß daher, noch vor Ablauf der Lustbarkeiten aus Rom sich zu entfernen, um in der schönen Herrschaft seines Vaters, dem anmuthvollen Aricia, sich einzuschließen mit wenigen Gefährten, römischen Wüstlingen, Schmeichlern, Kupplern.

Am frühen Morgen war er mit diesen Gesellen zu Pferd gestiegen und ritt vom obern Hofe der alten Burg (dem Theater des Marcellus) die Trümmer entlang, wo in den Gärten neben den immergrünen Epheuranken an den Wänden des Gemäuers die Mandelbäume schon blüheten, neben verstreuten wilden Orangen der Pfirsich knospete; während die Niederung des Bodens überall ein zartes Grün bedeckte. Die Sonne warf ein mildes Licht auf die hohen Wände der Bäder Antonin's, welche gegen die Bläue des entfernten Gebirges zugleich scharf und sanft sich absetzten. Weiter hinaus am Thore St.-Sebastiano eilten die Wächter hervor, das stattliche Geleite nicht aufzuhalten, nur es zu begrüßen und zu ehren. Nachlässig erwiderte der junge Prinz den Gruß, ritt fort, wandte jedoch schon im Thore sich um, die Wache herbeirufend. Er zog aus dem Gürtel einige

edlen und großartigen Frau nicht bloß erlog, nein auch in Wahrheit empfand. Sie hatte es über ihr gütiges Herz gewonnen, dem Savello ihre Ungnade fühlbar zu machen. Es war dem stolzen Jüngling unerträglich, öffentlich und im Angesichte des gesummten Adels mit einer Nichtbeachtung und Geringschätzung behandelt zu werden, welche zu entgegnen die Macht der kaiserlichen Tochter, die ritterliche Sitte ihm untersagte. Er beschloß daher, noch vor Ablauf der Lustbarkeiten aus Rom sich zu entfernen, um in der schönen Herrschaft seines Vaters, dem anmuthvollen Aricia, sich einzuschließen mit wenigen Gefährten, römischen Wüstlingen, Schmeichlern, Kupplern.

Am frühen Morgen war er mit diesen Gesellen zu Pferd gestiegen und ritt vom obern Hofe der alten Burg (dem Theater des Marcellus) die Trümmer entlang, wo in den Gärten neben den immergrünen Epheuranken an den Wänden des Gemäuers die Mandelbäume schon blüheten, neben verstreuten wilden Orangen der Pfirsich knospete; während die Niederung des Bodens überall ein zartes Grün bedeckte. Die Sonne warf ein mildes Licht auf die hohen Wände der Bäder Antonin's, welche gegen die Bläue des entfernten Gebirges zugleich scharf und sanft sich absetzten. Weiter hinaus am Thore St.-Sebastiano eilten die Wächter hervor, das stattliche Geleite nicht aufzuhalten, nur es zu begrüßen und zu ehren. Nachlässig erwiderte der junge Prinz den Gruß, ritt fort, wandte jedoch schon im Thore sich um, die Wache herbeirufend. Er zog aus dem Gürtel einige

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0036"/>
edlen und                großartigen Frau nicht bloß erlog, nein auch in Wahrheit empfand. Sie hatte es über                ihr gütiges Herz gewonnen, dem Savello ihre Ungnade fühlbar zu machen. Es war dem                stolzen Jüngling unerträglich, öffentlich und im Angesichte des gesummten Adels mit                einer Nichtbeachtung und Geringschätzung behandelt zu werden, welche zu entgegnen die                Macht der kaiserlichen Tochter, die ritterliche Sitte ihm untersagte. Er beschloß                daher, noch vor Ablauf der Lustbarkeiten aus Rom sich zu entfernen, um in der schönen                Herrschaft seines Vaters, dem anmuthvollen Aricia, sich einzuschließen mit wenigen                Gefährten, römischen Wüstlingen, Schmeichlern, Kupplern.</p><lb/>
        <p>Am frühen Morgen war er mit diesen Gesellen zu Pferd gestiegen und ritt vom obern                Hofe der alten Burg (dem Theater des Marcellus) die Trümmer entlang, wo in den Gärten                neben den immergrünen Epheuranken an den Wänden des Gemäuers die Mandelbäume schon                blüheten, neben verstreuten wilden Orangen der Pfirsich knospete; während die                Niederung des Bodens überall ein zartes Grün bedeckte. Die Sonne warf ein mildes                Licht auf die hohen Wände der Bäder Antonin's, welche gegen die Bläue des entfernten                Gebirges zugleich scharf und sanft sich absetzten. Weiter hinaus am Thore                St.-Sebastiano eilten die Wächter hervor, das stattliche Geleite nicht aufzuhalten,                nur es zu begrüßen und zu ehren. Nachlässig erwiderte der junge Prinz den Gruß, ritt                fort, wandte jedoch schon im Thore sich um, die Wache herbeirufend. Er zog aus dem                Gürtel einige<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0036] edlen und großartigen Frau nicht bloß erlog, nein auch in Wahrheit empfand. Sie hatte es über ihr gütiges Herz gewonnen, dem Savello ihre Ungnade fühlbar zu machen. Es war dem stolzen Jüngling unerträglich, öffentlich und im Angesichte des gesummten Adels mit einer Nichtbeachtung und Geringschätzung behandelt zu werden, welche zu entgegnen die Macht der kaiserlichen Tochter, die ritterliche Sitte ihm untersagte. Er beschloß daher, noch vor Ablauf der Lustbarkeiten aus Rom sich zu entfernen, um in der schönen Herrschaft seines Vaters, dem anmuthvollen Aricia, sich einzuschließen mit wenigen Gefährten, römischen Wüstlingen, Schmeichlern, Kupplern. Am frühen Morgen war er mit diesen Gesellen zu Pferd gestiegen und ritt vom obern Hofe der alten Burg (dem Theater des Marcellus) die Trümmer entlang, wo in den Gärten neben den immergrünen Epheuranken an den Wänden des Gemäuers die Mandelbäume schon blüheten, neben verstreuten wilden Orangen der Pfirsich knospete; während die Niederung des Bodens überall ein zartes Grün bedeckte. Die Sonne warf ein mildes Licht auf die hohen Wände der Bäder Antonin's, welche gegen die Bläue des entfernten Gebirges zugleich scharf und sanft sich absetzten. Weiter hinaus am Thore St.-Sebastiano eilten die Wächter hervor, das stattliche Geleite nicht aufzuhalten, nur es zu begrüßen und zu ehren. Nachlässig erwiderte der junge Prinz den Gruß, ritt fort, wandte jedoch schon im Thore sich um, die Wache herbeirufend. Er zog aus dem Gürtel einige

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:26:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:26:17Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910/36
Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910/36>, abgerufen am 25.11.2024.