Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.sich der Plünderung und Mißhandlung Roms, wo die Begebenheit noch immer in frischem Andenken war, nicht selten selbst in Gegenwart der Prinzessin mit Bitterkeit besprochen wurde. Durch welche schwache Fäden, dachte sie, verknüpfen sich die Bündnisse der Großen; doch nur, weil es ihnen selten mit deren Zwecken ein rechter Ernst ist. Und wie leicht versöhnen sie sich wiederum nach den heftigsten Kämpfen, weil die härteste Wirkung ihrer Feindseligkeiten nicht sie selbst, nur die Menge trifft. Sie fuhr weiter durch den Borgo, den jenerzeit noch viele der alten zierlichen Bauwerke schmückten, die niedlichen Bürgerhäuser, welche Nikolaus der Fünfte hier aufgerichtet, auch das Wohnhaus Rafael's und Anderes, wovon nur der Palast des Bramante noch übrig ist, obwohl verlassen, da kein edler Herr, kein mächtiger Prälat gegenwärtig darin seinen Hof hält. -- In der Nähe der Peterskirche, deren mächtiger Dom bereits über die gesammte Stadt hinausragte, verletzte kein modernes Bauwerk, kein scherenartig vorausgreifender Porticus den Sinn verständiger und gebildeter Menschen. Die guten Gebäude aus alter Zeit standen der neuen Kirche sehr nahe; der Bauplatz zeigte in malerischer Unordnung mächtige Werkstücke und großartige Holzgerüste. Nicht unerfreulich war der Anblick dieser Mischung von halben Zertrümmerungen und noch unvollendeten neuen Werken. Mühsam wand sich der Wagen durch den schmalen Weg, den man offen gelassen, um den Zugang zum ersten Hofe des vaticanischen Palastes nicht durchaus zu versperren. sich der Plünderung und Mißhandlung Roms, wo die Begebenheit noch immer in frischem Andenken war, nicht selten selbst in Gegenwart der Prinzessin mit Bitterkeit besprochen wurde. Durch welche schwache Fäden, dachte sie, verknüpfen sich die Bündnisse der Großen; doch nur, weil es ihnen selten mit deren Zwecken ein rechter Ernst ist. Und wie leicht versöhnen sie sich wiederum nach den heftigsten Kämpfen, weil die härteste Wirkung ihrer Feindseligkeiten nicht sie selbst, nur die Menge trifft. Sie fuhr weiter durch den Borgo, den jenerzeit noch viele der alten zierlichen Bauwerke schmückten, die niedlichen Bürgerhäuser, welche Nikolaus der Fünfte hier aufgerichtet, auch das Wohnhaus Rafael's und Anderes, wovon nur der Palast des Bramante noch übrig ist, obwohl verlassen, da kein edler Herr, kein mächtiger Prälat gegenwärtig darin seinen Hof hält. — In der Nähe der Peterskirche, deren mächtiger Dom bereits über die gesammte Stadt hinausragte, verletzte kein modernes Bauwerk, kein scherenartig vorausgreifender Porticus den Sinn verständiger und gebildeter Menschen. Die guten Gebäude aus alter Zeit standen der neuen Kirche sehr nahe; der Bauplatz zeigte in malerischer Unordnung mächtige Werkstücke und großartige Holzgerüste. Nicht unerfreulich war der Anblick dieser Mischung von halben Zertrümmerungen und noch unvollendeten neuen Werken. Mühsam wand sich der Wagen durch den schmalen Weg, den man offen gelassen, um den Zugang zum ersten Hofe des vaticanischen Palastes nicht durchaus zu versperren. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0029"/> sich der Plünderung und Mißhandlung Roms, wo die Begebenheit noch immer in frischem Andenken war, nicht selten selbst in Gegenwart der Prinzessin mit Bitterkeit besprochen wurde. Durch welche schwache Fäden, dachte sie, verknüpfen sich die Bündnisse der Großen; doch nur, weil es ihnen selten mit deren Zwecken ein rechter Ernst ist. Und wie leicht versöhnen sie sich wiederum nach den heftigsten Kämpfen, weil die härteste Wirkung ihrer Feindseligkeiten nicht sie selbst, nur die Menge trifft.</p><lb/> <p>Sie fuhr weiter durch den Borgo, den jenerzeit noch viele der alten zierlichen Bauwerke schmückten, die niedlichen Bürgerhäuser, welche Nikolaus der Fünfte hier aufgerichtet, auch das Wohnhaus Rafael's und Anderes, wovon nur der Palast des Bramante noch übrig ist, obwohl verlassen, da kein edler Herr, kein mächtiger Prälat gegenwärtig darin seinen Hof hält. — In der Nähe der Peterskirche, deren mächtiger Dom bereits über die gesammte Stadt hinausragte, verletzte kein modernes Bauwerk, kein scherenartig vorausgreifender Porticus den Sinn verständiger und gebildeter Menschen. Die guten Gebäude aus alter Zeit standen der neuen Kirche sehr nahe; der Bauplatz zeigte in malerischer Unordnung mächtige Werkstücke und großartige Holzgerüste. Nicht unerfreulich war der Anblick dieser Mischung von halben Zertrümmerungen und noch unvollendeten neuen Werken. Mühsam wand sich der Wagen durch den schmalen Weg, den man offen gelassen, um den Zugang zum ersten Hofe des vaticanischen Palastes nicht durchaus zu versperren.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0029]
sich der Plünderung und Mißhandlung Roms, wo die Begebenheit noch immer in frischem Andenken war, nicht selten selbst in Gegenwart der Prinzessin mit Bitterkeit besprochen wurde. Durch welche schwache Fäden, dachte sie, verknüpfen sich die Bündnisse der Großen; doch nur, weil es ihnen selten mit deren Zwecken ein rechter Ernst ist. Und wie leicht versöhnen sie sich wiederum nach den heftigsten Kämpfen, weil die härteste Wirkung ihrer Feindseligkeiten nicht sie selbst, nur die Menge trifft.
Sie fuhr weiter durch den Borgo, den jenerzeit noch viele der alten zierlichen Bauwerke schmückten, die niedlichen Bürgerhäuser, welche Nikolaus der Fünfte hier aufgerichtet, auch das Wohnhaus Rafael's und Anderes, wovon nur der Palast des Bramante noch übrig ist, obwohl verlassen, da kein edler Herr, kein mächtiger Prälat gegenwärtig darin seinen Hof hält. — In der Nähe der Peterskirche, deren mächtiger Dom bereits über die gesammte Stadt hinausragte, verletzte kein modernes Bauwerk, kein scherenartig vorausgreifender Porticus den Sinn verständiger und gebildeter Menschen. Die guten Gebäude aus alter Zeit standen der neuen Kirche sehr nahe; der Bauplatz zeigte in malerischer Unordnung mächtige Werkstücke und großartige Holzgerüste. Nicht unerfreulich war der Anblick dieser Mischung von halben Zertrümmerungen und noch unvollendeten neuen Werken. Mühsam wand sich der Wagen durch den schmalen Weg, den man offen gelassen, um den Zugang zum ersten Hofe des vaticanischen Palastes nicht durchaus zu versperren.
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Zitationshilfe: | Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910/29>, abgerufen am 16.07.2024. |