unumgänglich; daher deren erdenklich schönste Ausbildung, was in der Baukunst den unvergleichbaren Sinn der Grie- chen für Maß und Verhältniß fast ausschließlich in Anspruch nahm. Theater und Gerichtsplätze bedurften unter dem hei- tersten Himmel nicht durchhin der Verdeckung, wurden häu- fig der Gelegenheit und natürlichen Lagerung des Gesteines abgewonnen. Die übrigen Gemächlichkeiten und Zierden der Städte, Zugänge und abgeschlossenen Versammlungsorte, ent- wickelten sich in verschiedenen Formen aus den Elementen des Tempelbau's, dessen höchst vollendete Ausbildung der Be- mühung um bürgerlich Nützliches und häuslich Bequemes um Vieles vorangegangen war.
Hingegen meldete sich innerhalb der Grenzen des rö- mischen Weltreiches das Bedürfniß bedeckter und gegen die äußere Luft wohl abgeschlossener Räume in eben dem Maße dringender, als die Bildung der alten Welt immer weiter gen Norden sich ausbreitete, hatte dieses häufigere Anwendung, vielseitigere Ausbildung des Gewölbes zur Folge. Ferner lenkte zu Rom die Anhäufung einer unermeßlichen Bevölke- rung auf früher ungewöhnliche Erhöhung gemeiner Wohnun- gen, also auf vielfältige Eintheilung in der senkrechten Aus- dehnung dieser Classe von Gebäuden, oder auf Stockwerke. *) Den griechischen Säulenbau, welcher seit den ältesten Zeiten auch zu Rom heimisch geworden, mit diesen neuen Zwecken und Forderungen auszugleichen, war eine schwierige, nie so ganz zu erledigende Aufgabe. Aus einer durchaus entgegen-
*) Als Nothbehelf, als polizeylicher Mißbrauch, kommen Stock- werke schon in den griech. Städten vor; s. Böckh, Staatshaushalt etc. I. S. 70. ff. -- In architectonischer Ausbildung mit Gewißheit erst bey den Römern; s. Vitruv und die Denkmale.
unumgaͤnglich; daher deren erdenklich ſchoͤnſte Ausbildung, was in der Baukunſt den unvergleichbaren Sinn der Grie- chen fuͤr Maß und Verhaͤltniß faſt ausſchließlich in Anſpruch nahm. Theater und Gerichtsplaͤtze bedurften unter dem hei- terſten Himmel nicht durchhin der Verdeckung, wurden haͤu- fig der Gelegenheit und natuͤrlichen Lagerung des Geſteines abgewonnen. Die uͤbrigen Gemaͤchlichkeiten und Zierden der Staͤdte, Zugaͤnge und abgeſchloſſenen Verſammlungsorte, ent- wickelten ſich in verſchiedenen Formen aus den Elementen des Tempelbau’s, deſſen hoͤchſt vollendete Ausbildung der Be- muͤhung um buͤrgerlich Nuͤtzliches und haͤuslich Bequemes um Vieles vorangegangen war.
Hingegen meldete ſich innerhalb der Grenzen des roͤ- miſchen Weltreiches das Beduͤrfniß bedeckter und gegen die aͤußere Luft wohl abgeſchloſſener Raͤume in eben dem Maße dringender, als die Bildung der alten Welt immer weiter gen Norden ſich ausbreitete, hatte dieſes haͤufigere Anwendung, vielſeitigere Ausbildung des Gewoͤlbes zur Folge. Ferner lenkte zu Rom die Anhaͤufung einer unermeßlichen Bevoͤlke- rung auf fruͤher ungewoͤhnliche Erhoͤhung gemeiner Wohnun- gen, alſo auf vielfaͤltige Eintheilung in der ſenkrechten Aus- dehnung dieſer Claſſe von Gebaͤuden, oder auf Stockwerke. *) Den griechiſchen Saͤulenbau, welcher ſeit den aͤlteſten Zeiten auch zu Rom heimiſch geworden, mit dieſen neuen Zwecken und Forderungen auszugleichen, war eine ſchwierige, nie ſo ganz zu erledigende Aufgabe. Aus einer durchaus entgegen-
*) Als Nothbehelf, als polizeylicher Mißbrauch, kommen Stock- werke ſchon in den griech. Städten vor; ſ. Böckh, Staatshaushalt etc. I. S. 70. ff. — In architectoniſcher Ausbildung mit Gewißheit erſt bey den Römern; ſ. Vitruv und die Denkmale.
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unumgaͤnglich; daher deren erdenklich ſchoͤnſte Ausbildung,
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nahm. Theater und Gerichtsplaͤtze bedurften unter dem hei-
terſten Himmel nicht durchhin der Verdeckung, wurden haͤu-
fig der Gelegenheit und natuͤrlichen Lagerung des Geſteines
abgewonnen. Die uͤbrigen Gemaͤchlichkeiten und Zierden der
Staͤdte, Zugaͤnge und abgeſchloſſenen Verſammlungsorte, ent-
wickelten ſich in verſchiedenen Formen aus den Elementen
des Tempelbau’s, deſſen hoͤchſt vollendete Ausbildung der Be-
muͤhung um buͤrgerlich Nuͤtzliches und haͤuslich Bequemes
um Vieles vorangegangen war.
Hingegen meldete ſich innerhalb der Grenzen des roͤ-
miſchen Weltreiches das Beduͤrfniß bedeckter und gegen die
aͤußere Luft wohl abgeſchloſſener Raͤume in eben dem Maße
dringender, als die Bildung der alten Welt immer weiter gen
Norden ſich ausbreitete, hatte dieſes haͤufigere Anwendung,
vielſeitigere Ausbildung des Gewoͤlbes zur Folge. Ferner
lenkte zu Rom die Anhaͤufung einer unermeßlichen Bevoͤlke-
rung auf fruͤher ungewoͤhnliche Erhoͤhung gemeiner Wohnun-
gen, alſo auf vielfaͤltige Eintheilung in der ſenkrechten Aus-
dehnung dieſer Claſſe von Gebaͤuden, oder auf Stockwerke. *)
Den griechiſchen Saͤulenbau, welcher ſeit den aͤlteſten Zeiten
auch zu Rom heimiſch geworden, mit dieſen neuen Zwecken
und Forderungen auszugleichen, war eine ſchwierige, nie ſo
ganz zu erledigende Aufgabe. Aus einer durchaus entgegen-
*) Als Nothbehelf, als polizeylicher Mißbrauch, kommen Stock-
werke ſchon in den griech. Städten vor; ſ. Böckh, Staatshaushalt etc.
I. S. 70. ff. — In architectoniſcher Ausbildung mit Gewißheit erſt
bey den Römern; ſ. Vitruv und die Denkmale.
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/181>, abgerufen am 29.07.2024.
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