schichte zugeben wollten, daß schon jenes Vorurtheil für Gi- otto, welches die Kunst so langezeit auf derselben Stufe fest- gehalten, besonders aber jene bedenkliche Erscheinung, daß bis auf Raphael die großen Meister meist nur aus den Schulen der geringen, hingegen aus den Schulen der großen Meister häufig gar schwache und mäßige Künstler hervorgegangen sind, durchhin nur aus der Uebermacht des Meisters, aus der Ge- walt seiner Einwirkungen auf die Seele des Lehrlings ent- sprungen sey.
Allein auch jener übertriebene Gewerbsgeist, welcher nicht selten, wie im Zeitalter der sogenannten Giottesken, die leich- tere, behendere Manier der emsigeren und gründlicheren vor- ziehn machte, vortreffliche Talente frühe von der Bahn ernst- lichen Strebens nach innerer Vollendung abzog, mochte eben nur daher entstanden seyn, daß man die Kunst, welche ihre bürgerliche Bestimmung zu einseitig verfolgt und ausgestaltet hatte, nunmehr auch ganz einseitig als ein Gewerbe in An- spruch nahm *), was allerdings seine gute, aber auch seine mißliche Seite hat. Möchte man die gute, einen ermäßigten Antheil jenes innerhalb gewisser Grenzen durchaus erforderli- chen Gewerbsgeistes, wirklich in Anwendung bringen, ohne in die bedenkliche und schlimme zu verfallen, welche hier bloß in der Uebertreibung liegt. Freylich sind wir vor der Hand gleich weit davon entfernt, uns hinsichtlich des künstlerischen Er- werbsgeistes dem Maße, oder dem Unmaße hinzugeben; und es ist sicher denen, welche die Einrichtungen des Mittelalters
*) Es wird in den vorangehenden Abhandlungen aufmerksamen Lesern längst aufgefallen seyn, daß die meisten der mitgetheilten Verträge ganz handwerksmäßige Verhältnisse voraussetzen.
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ſchichte zugeben wollten, daß ſchon jenes Vorurtheil fuͤr Gi- otto, welches die Kunſt ſo langezeit auf derſelben Stufe feſt- gehalten, beſonders aber jene bedenkliche Erſcheinung, daß bis auf Raphael die großen Meiſter meiſt nur aus den Schulen der geringen, hingegen aus den Schulen der großen Meiſter haͤufig gar ſchwache und maͤßige Kuͤnſtler hervorgegangen ſind, durchhin nur aus der Uebermacht des Meiſters, aus der Ge- walt ſeiner Einwirkungen auf die Seele des Lehrlings ent- ſprungen ſey.
Allein auch jener uͤbertriebene Gewerbsgeiſt, welcher nicht ſelten, wie im Zeitalter der ſogenannten Giottesken, die leich- tere, behendere Manier der emſigeren und gruͤndlicheren vor- ziehn machte, vortreffliche Talente fruͤhe von der Bahn ernſt- lichen Strebens nach innerer Vollendung abzog, mochte eben nur daher entſtanden ſeyn, daß man die Kunſt, welche ihre buͤrgerliche Beſtimmung zu einſeitig verfolgt und ausgeſtaltet hatte, nunmehr auch ganz einſeitig als ein Gewerbe in An- ſpruch nahm *), was allerdings ſeine gute, aber auch ſeine mißliche Seite hat. Moͤchte man die gute, einen ermaͤßigten Antheil jenes innerhalb gewiſſer Grenzen durchaus erforderli- chen Gewerbsgeiſtes, wirklich in Anwendung bringen, ohne in die bedenkliche und ſchlimme zu verfallen, welche hier bloß in der Uebertreibung liegt. Freylich ſind wir vor der Hand gleich weit davon entfernt, uns hinſichtlich des kuͤnſtleriſchen Er- werbsgeiſtes dem Maße, oder dem Unmaße hinzugeben; und es iſt ſicher denen, welche die Einrichtungen des Mittelalters
*) Es wird in den vorangehenden Abhandlungen aufmerkſamen Leſern laͤngſt aufgefallen ſeyn, daß die meiſten der mitgetheilten Vertraͤge ganz handwerksmaͤßige Verhaͤltniſſe vorausſetzen.
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ſchichte zugeben wollten, daß ſchon jenes Vorurtheil fuͤr Gi-
otto, welches die Kunſt ſo langezeit auf derſelben Stufe feſt-
gehalten, beſonders aber jene bedenkliche Erſcheinung, daß bis
auf Raphael die großen Meiſter meiſt nur aus den Schulen
der geringen, hingegen aus den Schulen der großen Meiſter
haͤufig gar ſchwache und maͤßige Kuͤnſtler hervorgegangen ſind,
durchhin nur aus der Uebermacht des Meiſters, aus der Ge-
walt ſeiner Einwirkungen auf die Seele des Lehrlings ent-
ſprungen ſey.
Allein auch jener uͤbertriebene Gewerbsgeiſt, welcher nicht
ſelten, wie im Zeitalter der ſogenannten Giottesken, die leich-
tere, behendere Manier der emſigeren und gruͤndlicheren vor-
ziehn machte, vortreffliche Talente fruͤhe von der Bahn ernſt-
lichen Strebens nach innerer Vollendung abzog, mochte eben
nur daher entſtanden ſeyn, daß man die Kunſt, welche ihre
buͤrgerliche Beſtimmung zu einſeitig verfolgt und ausgeſtaltet
hatte, nunmehr auch ganz einſeitig als ein Gewerbe in An-
ſpruch nahm *), was allerdings ſeine gute, aber auch ſeine
mißliche Seite hat. Moͤchte man die gute, einen ermaͤßigten
Antheil jenes innerhalb gewiſſer Grenzen durchaus erforderli-
chen Gewerbsgeiſtes, wirklich in Anwendung bringen, ohne in
die bedenkliche und ſchlimme zu verfallen, welche hier bloß in
der Uebertreibung liegt. Freylich ſind wir vor der Hand gleich
weit davon entfernt, uns hinſichtlich des kuͤnſtleriſchen Er-
werbsgeiſtes dem Maße, oder dem Unmaße hinzugeben; und
es iſt ſicher denen, welche die Einrichtungen des Mittelalters
*) Es wird in den vorangehenden Abhandlungen aufmerkſamen
Leſern laͤngſt aufgefallen ſeyn, daß die meiſten der mitgetheilten
Vertraͤge ganz handwerksmaͤßige Verhaͤltniſſe vorausſetzen.
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/421>, abgerufen am 25.11.2024.
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