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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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weniger liebte und theuer bezahlte. Im neueren Weltalter,
besonders im Verlaufe des siebzehnten Jahrhundertes, leiste-
ten die Holländer in dieser Schwelgerey des Auges das Un-
nachahmliche. Und, was man auch sagen möge, so verdanken
wir doch ihren besten, (den originellen, nicht Kunstwerke und
Manieren nachahmenden) Malern die Kunst, auch den minder
schönen und fast unbedeutenden Dingen ihren Reiz abzugewin-
nen. Ihr genügsamer, aber tief eindringender Blick auf Land
und Meer, auf frische Weiden und frohe Erndten, auf die
Blumenfülle des Frühlings und Aehnliches hat sicher schon
manche trübe Winterstunde erheitert. Demnach dürfte es we-
der befremden, noch an sich selbst zu beklagen seyn, wenn auch
in unseren Tagen schöne Talente eine ähnliche Richtung ein-
schlagen und oftmals entschiedener aufgemuntert werden, als
solche, welche mit unzulänglichen Kräften einem höheren Ziele
nachstreben. Leben wir doch am Ende aller Zeiten; ist es
doch für uns beynahe unumgänglich, die verschiedensten Rich-
tungen, da wir nun einmal mit allen historisch bekannt sind,
dem gegenwärtigen Bedürfniß anzupassen. Bewahren wir uns
nur vor der Vermischung des Unvereinbaren, sey es uns nur
jedesmal ganz ein Ernst, so wird sich ergeben, daß alle, auf
uns übergegangene Kunstrichtungen, jene des griechischen und
des christlichen Alterthumes mit dieser dritten gemeinschaftlich,
obwohl jede für sich, bestehen und fortwirken können, ohne
einander, wie man bisweilen zu befürchten scheint, hemmend,
oder aufhebend entgegenzuwirken.

Ueberhaupt beruhen die Hindernisse, welche in den älte-
ren Zeiten von Giotto bis auf Raphael von Urbino, die Ent-
wickelung der Kunst aufgehalten haben, die Ursachen des frü-
hen und, in Ansehung des allgemeinen Standes der Bildung,

weniger liebte und theuer bezahlte. Im neueren Weltalter,
beſonders im Verlaufe des ſiebzehnten Jahrhundertes, leiſte-
ten die Hollaͤnder in dieſer Schwelgerey des Auges das Un-
nachahmliche. Und, was man auch ſagen moͤge, ſo verdanken
wir doch ihren beſten, (den originellen, nicht Kunſtwerke und
Manieren nachahmenden) Malern die Kunſt, auch den minder
ſchoͤnen und faſt unbedeutenden Dingen ihren Reiz abzugewin-
nen. Ihr genuͤgſamer, aber tief eindringender Blick auf Land
und Meer, auf friſche Weiden und frohe Erndten, auf die
Blumenfuͤlle des Fruͤhlings und Aehnliches hat ſicher ſchon
manche truͤbe Winterſtunde erheitert. Demnach duͤrfte es we-
der befremden, noch an ſich ſelbſt zu beklagen ſeyn, wenn auch
in unſeren Tagen ſchoͤne Talente eine aͤhnliche Richtung ein-
ſchlagen und oftmals entſchiedener aufgemuntert werden, als
ſolche, welche mit unzulaͤnglichen Kraͤften einem hoͤheren Ziele
nachſtreben. Leben wir doch am Ende aller Zeiten; iſt es
doch fuͤr uns beynahe unumgaͤnglich, die verſchiedenſten Rich-
tungen, da wir nun einmal mit allen hiſtoriſch bekannt ſind,
dem gegenwaͤrtigen Beduͤrfniß anzupaſſen. Bewahren wir uns
nur vor der Vermiſchung des Unvereinbaren, ſey es uns nur
jedesmal ganz ein Ernſt, ſo wird ſich ergeben, daß alle, auf
uns uͤbergegangene Kunſtrichtungen, jene des griechiſchen und
des chriſtlichen Alterthumes mit dieſer dritten gemeinſchaftlich,
obwohl jede fuͤr ſich, beſtehen und fortwirken koͤnnen, ohne
einander, wie man bisweilen zu befuͤrchten ſcheint, hemmend,
oder aufhebend entgegenzuwirken.

Ueberhaupt beruhen die Hinderniſſe, welche in den aͤlte-
ren Zeiten von Giotto bis auf Raphael von Urbino, die Ent-
wickelung der Kunſt aufgehalten haben, die Urſachen des fruͤ-
hen und, in Anſehung des allgemeinen Standes der Bildung,

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[398/0416] weniger liebte und theuer bezahlte. Im neueren Weltalter, beſonders im Verlaufe des ſiebzehnten Jahrhundertes, leiſte- ten die Hollaͤnder in dieſer Schwelgerey des Auges das Un- nachahmliche. Und, was man auch ſagen moͤge, ſo verdanken wir doch ihren beſten, (den originellen, nicht Kunſtwerke und Manieren nachahmenden) Malern die Kunſt, auch den minder ſchoͤnen und faſt unbedeutenden Dingen ihren Reiz abzugewin- nen. Ihr genuͤgſamer, aber tief eindringender Blick auf Land und Meer, auf friſche Weiden und frohe Erndten, auf die Blumenfuͤlle des Fruͤhlings und Aehnliches hat ſicher ſchon manche truͤbe Winterſtunde erheitert. Demnach duͤrfte es we- der befremden, noch an ſich ſelbſt zu beklagen ſeyn, wenn auch in unſeren Tagen ſchoͤne Talente eine aͤhnliche Richtung ein- ſchlagen und oftmals entſchiedener aufgemuntert werden, als ſolche, welche mit unzulaͤnglichen Kraͤften einem hoͤheren Ziele nachſtreben. Leben wir doch am Ende aller Zeiten; iſt es doch fuͤr uns beynahe unumgaͤnglich, die verſchiedenſten Rich- tungen, da wir nun einmal mit allen hiſtoriſch bekannt ſind, dem gegenwaͤrtigen Beduͤrfniß anzupaſſen. Bewahren wir uns nur vor der Vermiſchung des Unvereinbaren, ſey es uns nur jedesmal ganz ein Ernſt, ſo wird ſich ergeben, daß alle, auf uns uͤbergegangene Kunſtrichtungen, jene des griechiſchen und des chriſtlichen Alterthumes mit dieſer dritten gemeinſchaftlich, obwohl jede fuͤr ſich, beſtehen und fortwirken koͤnnen, ohne einander, wie man bisweilen zu befuͤrchten ſcheint, hemmend, oder aufhebend entgegenzuwirken. Ueberhaupt beruhen die Hinderniſſe, welche in den aͤlte- ren Zeiten von Giotto bis auf Raphael von Urbino, die Ent- wickelung der Kunſt aufgehalten haben, die Urſachen des fruͤ- hen und, in Anſehung des allgemeinen Standes der Bildung,

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/416>, abgerufen am 28.11.2024.