Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

reichen Untermalungen folgen, deren eine, die Anbetung der
Könige, in der scuola Toscana der Gallerie der Uffizj zu
Florenz, eine andere, ein Hl. Hieronymus von untergeordnetem
Werthe, gegenwärtig in der Sammlung des Cardinal Fesch
aufzusuchen ist. Mehr ins Einzelne werden diese Uebergänge
in den zahlreichen Handzeichnungen des Lionardo sich verfol-
gen lassen *). Indeß sind diese theils sehr verstreut, theils nicht
einmal durchhin unter seinem Namen bekannt, da man ge-
wöhnlich eben nur den reifen Lionardo, den mayländischen und
französischen, beachtet, und solche Zeichnungen, welche früheren
Epochen seines Lebens angehören, irgend einem älteren Flo-
rentiner beyzulegen pflegt. Geübte Kenner werden indeß, vor-
nehmlich in Bildnissen und in anderen Studien nach dem Le-
ben, die Hand des Lionardo an einem tieferen Eingehn in die
Form, an einer gefühlteren Ausbildung derselben von ähnlichen
Studien seiner befangeneren, mehr handwerksmäßigen Zeitge-
nossen unterscheiden können. Uebrigens wurden die Zeichnun-
gen der älteren Maler, welche man lange Zeit hindurch unge-
bührlich gehaßt und verachtet hat, großentheils das Opfer der
Geschmacklosigkeit und des rohen Uebermuthes der künstleri-
schen Tendenzen der letztverflossenen Jahrhunderte und sind da-
her durchhin von großer Seltenheit.

Doch ist es nicht meine Aufgabe die Werke des Lionardo
zu verzeichnen, oder gar die vielen ihm untergeschobenen Co-
pien und Nachahmungen anzumerken, welche sich überall ver-
breitet haben und meist in gutem Ansehn stehn; vielmehr
wollte ich nur so viel in Erinnerung bringen, als genügen
mag, ins Licht zu setzen, daß eben jener vom Pollajuolo und

*) S. Lett. pitt. To. II. Lett. 84.

reichen Untermalungen folgen, deren eine, die Anbetung der
Koͤnige, in der scuola Toscana der Gallerie der Uffizj zu
Florenz, eine andere, ein Hl. Hieronymus von untergeordnetem
Werthe, gegenwaͤrtig in der Sammlung des Cardinal Feſch
aufzuſuchen iſt. Mehr ins Einzelne werden dieſe Uebergaͤnge
in den zahlreichen Handzeichnungen des Lionardo ſich verfol-
gen laſſen *). Indeß ſind dieſe theils ſehr verſtreut, theils nicht
einmal durchhin unter ſeinem Namen bekannt, da man ge-
woͤhnlich eben nur den reifen Lionardo, den maylaͤndiſchen und
franzoͤſiſchen, beachtet, und ſolche Zeichnungen, welche fruͤheren
Epochen ſeines Lebens angehoͤren, irgend einem aͤlteren Flo-
rentiner beyzulegen pflegt. Geuͤbte Kenner werden indeß, vor-
nehmlich in Bildniſſen und in anderen Studien nach dem Le-
ben, die Hand des Lionardo an einem tieferen Eingehn in die
Form, an einer gefuͤhlteren Ausbildung derſelben von aͤhnlichen
Studien ſeiner befangeneren, mehr handwerksmaͤßigen Zeitge-
noſſen unterſcheiden koͤnnen. Uebrigens wurden die Zeichnun-
gen der aͤlteren Maler, welche man lange Zeit hindurch unge-
buͤhrlich gehaßt und verachtet hat, großentheils das Opfer der
Geſchmackloſigkeit und des rohen Uebermuthes der kuͤnſtleri-
ſchen Tendenzen der letztverfloſſenen Jahrhunderte und ſind da-
her durchhin von großer Seltenheit.

Doch iſt es nicht meine Aufgabe die Werke des Lionardo
zu verzeichnen, oder gar die vielen ihm untergeſchobenen Co-
pien und Nachahmungen anzumerken, welche ſich uͤberall ver-
breitet haben und meiſt in gutem Anſehn ſtehn; vielmehr
wollte ich nur ſo viel in Erinnerung bringen, als genuͤgen
mag, ins Licht zu ſetzen, daß eben jener vom Pollajuolo und

*) S. Lett. pitt. To. II. Lett. 84.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0326" n="308"/>
reichen Untermalungen folgen, deren eine, die Anbetung der<lb/>
Ko&#x0364;nige, in der <hi rendition="#aq">scuola <placeName>Toscana</placeName></hi> der Gallerie der Uffizj zu<lb/><placeName>Florenz</placeName>, eine andere, ein Hl. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118550853">Hieronymus</persName> von untergeordnetem<lb/>
Werthe, gegenwa&#x0364;rtig in der Sammlung des Cardinal <persName ref="http://d-nb.info/gnd/116473894">Fe&#x017F;ch</persName><lb/>
aufzu&#x017F;uchen i&#x017F;t. Mehr ins Einzelne werden die&#x017F;e Ueberga&#x0364;nge<lb/>
in den zahlreichen Handzeichnungen des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118640445">Lionardo</persName> &#x017F;ich verfol-<lb/>
gen la&#x017F;&#x017F;en <note place="foot" n="*)">S. <hi rendition="#aq">Lett. pitt. To. II. Lett. 84</hi>.</note>. Indeß &#x017F;ind die&#x017F;e theils &#x017F;ehr ver&#x017F;treut, theils nicht<lb/>
einmal durchhin unter &#x017F;einem Namen bekannt, da man ge-<lb/>
wo&#x0364;hnlich eben nur den reifen <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118640445">Lionardo</persName>, den mayla&#x0364;ndi&#x017F;chen und<lb/>
franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen, beachtet, und &#x017F;olche Zeichnungen, welche fru&#x0364;heren<lb/>
Epochen &#x017F;eines Lebens angeho&#x0364;ren, irgend einem a&#x0364;lteren Flo-<lb/>
rentiner beyzulegen pflegt. Geu&#x0364;bte Kenner werden indeß, vor-<lb/>
nehmlich in Bildni&#x017F;&#x017F;en und in anderen Studien nach dem Le-<lb/>
ben, die Hand des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118640445">Lionardo</persName> an einem tieferen Eingehn in die<lb/>
Form, an einer gefu&#x0364;hlteren Ausbildung der&#x017F;elben von a&#x0364;hnlichen<lb/>
Studien &#x017F;einer befangeneren, mehr handwerksma&#x0364;ßigen Zeitge-<lb/>
no&#x017F;&#x017F;en unter&#x017F;cheiden ko&#x0364;nnen. Uebrigens wurden die Zeichnun-<lb/>
gen der a&#x0364;lteren Maler, welche man lange Zeit hindurch unge-<lb/>
bu&#x0364;hrlich gehaßt und verachtet hat, großentheils das Opfer der<lb/>
Ge&#x017F;chmacklo&#x017F;igkeit und des rohen Uebermuthes der ku&#x0364;n&#x017F;tleri-<lb/>
&#x017F;chen Tendenzen der letztverflo&#x017F;&#x017F;enen Jahrhunderte und &#x017F;ind da-<lb/>
her durchhin von großer Seltenheit.</p><lb/>
          <p>Doch i&#x017F;t es nicht meine Aufgabe die Werke des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118640445">Lionardo</persName><lb/>
zu verzeichnen, oder gar die vielen ihm unterge&#x017F;chobenen Co-<lb/>
pien und Nachahmungen anzumerken, welche &#x017F;ich u&#x0364;berall ver-<lb/>
breitet haben und mei&#x017F;t in gutem An&#x017F;ehn &#x017F;tehn; vielmehr<lb/>
wollte ich nur &#x017F;o viel in Erinnerung bringen, als genu&#x0364;gen<lb/>
mag, ins Licht zu &#x017F;etzen, daß eben jener vom <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118638696">Pollajuolo</persName> und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[308/0326] reichen Untermalungen folgen, deren eine, die Anbetung der Koͤnige, in der scuola Toscana der Gallerie der Uffizj zu Florenz, eine andere, ein Hl. Hieronymus von untergeordnetem Werthe, gegenwaͤrtig in der Sammlung des Cardinal Feſch aufzuſuchen iſt. Mehr ins Einzelne werden dieſe Uebergaͤnge in den zahlreichen Handzeichnungen des Lionardo ſich verfol- gen laſſen *). Indeß ſind dieſe theils ſehr verſtreut, theils nicht einmal durchhin unter ſeinem Namen bekannt, da man ge- woͤhnlich eben nur den reifen Lionardo, den maylaͤndiſchen und franzoͤſiſchen, beachtet, und ſolche Zeichnungen, welche fruͤheren Epochen ſeines Lebens angehoͤren, irgend einem aͤlteren Flo- rentiner beyzulegen pflegt. Geuͤbte Kenner werden indeß, vor- nehmlich in Bildniſſen und in anderen Studien nach dem Le- ben, die Hand des Lionardo an einem tieferen Eingehn in die Form, an einer gefuͤhlteren Ausbildung derſelben von aͤhnlichen Studien ſeiner befangeneren, mehr handwerksmaͤßigen Zeitge- noſſen unterſcheiden koͤnnen. Uebrigens wurden die Zeichnun- gen der aͤlteren Maler, welche man lange Zeit hindurch unge- buͤhrlich gehaßt und verachtet hat, großentheils das Opfer der Geſchmackloſigkeit und des rohen Uebermuthes der kuͤnſtleri- ſchen Tendenzen der letztverfloſſenen Jahrhunderte und ſind da- her durchhin von großer Seltenheit. Doch iſt es nicht meine Aufgabe die Werke des Lionardo zu verzeichnen, oder gar die vielen ihm untergeſchobenen Co- pien und Nachahmungen anzumerken, welche ſich uͤberall ver- breitet haben und meiſt in gutem Anſehn ſtehn; vielmehr wollte ich nur ſo viel in Erinnerung bringen, als genuͤgen mag, ins Licht zu ſetzen, daß eben jener vom Pollajuolo und *) S. Lett. pitt. To. II. Lett. 84.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/326
Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/326>, abgerufen am 17.05.2024.