zum Vorbilde gewählt, oder von ihm gelernt habe. Viel- mehr möchte ich aus der flachen Haltung und aus den Ver- schobenheiten dieser Arbeiten schließen, daß er den Donatello, besonders seine Genien an der zweyten Orgel des florentini- schen Domes, hierin zum Muster genommen; obwohl er übri- gens seine Arbeiten zierlicher und anmuthiger beendigt hat, als jener. -- In einem kleinen, zur Kappelle eingerichteten Ge- mache der florentinischen Kunstschule, befindet sich ein flacher- hobenes Marmorbild der Madonna mit Engeln, welches je- nen Arbeiten zu Perugia gleicht und wahrscheinlich von dem- selben Meister ist.
Damals und um wenige Jahrzehende später blüheten, in Folge der Nachfrage, welche vornehmlich durch Familiendenk- male, seltener durch andere und wichtigere Arbeiten hervorge- rufen ward, zu Florenz viele Bildner von ausgezeichneter Ge- schicklichkeit in der Behandlung des Marmors, denen häufig ein naives und lebenvolles Bildniß, oder ein allerliebster Friis von kleineren Figuren, oder Füllungen an Kanzeln und ähn- liche Arbeiten, unübertrefflich gelangen, welche indeß im Gan- zen unfähig waren, größere Figuren auszuführen, oder auch nur ihre Denkmale in sich selbst, oder in ihrem Verhältniß zu sie umgebenden Dingen in ein gewisses Gleichmaß zu bringen. Solche Männer von schönem Talent, doch zu handwerksmäßi- ger Richtung waren Antonio Rossellini, Mino da Fiesole, von welchem eines der schönsten modernen Bildnisse im Dome gedachter Stadt, *)Desiderio da Settignano, Giu-
*) Rechts vom Chore, unter dem Sarcophage, welcher auf Consolen angebracht ist, worauf: Leonardus Salutatus etc. -- in der Höhe MCCCC. LXVI. die Büste dieses Bischofs auf einem eige-
zum Vorbilde gewaͤhlt, oder von ihm gelernt habe. Viel- mehr moͤchte ich aus der flachen Haltung und aus den Ver- ſchobenheiten dieſer Arbeiten ſchließen, daß er den Donatello, beſonders ſeine Genien an der zweyten Orgel des florentini- ſchen Domes, hierin zum Muſter genommen; obwohl er uͤbri- gens ſeine Arbeiten zierlicher und anmuthiger beendigt hat, als jener. — In einem kleinen, zur Kappelle eingerichteten Ge- mache der florentiniſchen Kunſtſchule, befindet ſich ein flacher- hobenes Marmorbild der Madonna mit Engeln, welches je- nen Arbeiten zu Perugia gleicht und wahrſcheinlich von dem- ſelben Meiſter iſt.
Damals und um wenige Jahrzehende ſpaͤter bluͤheten, in Folge der Nachfrage, welche vornehmlich durch Familiendenk- male, ſeltener durch andere und wichtigere Arbeiten hervorge- rufen ward, zu Florenz viele Bildner von ausgezeichneter Ge- ſchicklichkeit in der Behandlung des Marmors, denen haͤufig ein naives und lebenvolles Bildniß, oder ein allerliebſter Friis von kleineren Figuren, oder Fuͤllungen an Kanzeln und aͤhn- liche Arbeiten, unuͤbertrefflich gelangen, welche indeß im Gan- zen unfaͤhig waren, groͤßere Figuren auszufuͤhren, oder auch nur ihre Denkmale in ſich ſelbſt, oder in ihrem Verhaͤltniß zu ſie umgebenden Dingen in ein gewiſſes Gleichmaß zu bringen. Solche Maͤnner von ſchoͤnem Talent, doch zu handwerksmaͤßi- ger Richtung waren Antonio Roſſellini, Mino da Fieſole, von welchem eines der ſchoͤnſten modernen Bildniſſe im Dome gedachter Stadt, *)Deſiderio da Settignano, Giu-
*) Rechts vom Chore, unter dem Sarcophage, welcher auf Conſolen angebracht iſt, worauf: Leonardus Salutatus etc. — in der Hoͤhe MCCCC. LXVI. die Buͤſte dieſes Biſchofs auf einem eige-
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zum Vorbilde gewaͤhlt, oder von ihm gelernt habe. Viel-
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beſonders ſeine Genien an der zweyten Orgel des florentini-
ſchen Domes, hierin zum Muſter genommen; obwohl er uͤbri-
gens ſeine Arbeiten zierlicher und anmuthiger beendigt hat, als
jener. — In einem kleinen, zur Kappelle eingerichteten Ge-
mache der florentiniſchen Kunſtſchule, befindet ſich ein flacher-
hobenes Marmorbild der Madonna mit Engeln, welches je-
nen Arbeiten zu Perugia gleicht und wahrſcheinlich von dem-
ſelben Meiſter iſt.
Damals und um wenige Jahrzehende ſpaͤter bluͤheten, in
Folge der Nachfrage, welche vornehmlich durch Familiendenk-
male, ſeltener durch andere und wichtigere Arbeiten hervorge-
rufen ward, zu Florenz viele Bildner von ausgezeichneter Ge-
ſchicklichkeit in der Behandlung des Marmors, denen haͤufig
ein naives und lebenvolles Bildniß, oder ein allerliebſter Friis
von kleineren Figuren, oder Fuͤllungen an Kanzeln und aͤhn-
liche Arbeiten, unuͤbertrefflich gelangen, welche indeß im Gan-
zen unfaͤhig waren, groͤßere Figuren auszufuͤhren, oder auch
nur ihre Denkmale in ſich ſelbſt, oder in ihrem Verhaͤltniß zu
ſie umgebenden Dingen in ein gewiſſes Gleichmaß zu bringen.
Solche Maͤnner von ſchoͤnem Talent, doch zu handwerksmaͤßi-
ger Richtung waren Antonio Roſſellini, Mino da Fieſole,
von welchem eines der ſchoͤnſten modernen Bildniſſe im
Dome gedachter Stadt, *) Deſiderio da Settignano, Giu-
*) Rechts vom Chore, unter dem Sarcophage, welcher auf
Conſolen angebracht iſt, worauf: Leonardus Salutatus etc. — in
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/316>, abgerufen am 16.02.2025.
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