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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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der gedachten Bildwerke, (Chorsänger in kurzer, aufgeschürzter
Tunica mit unbedeckten Füßen) dem trefflichen Kenner grie-
chischer Alterthümer, Freyherrn von Stakelberg, als ich ihn
vor Jahren an die Stelle begleitete, alsobald als ein Meister-
stück in die Augen, dem er nach längerer Betrachtung das
Lob ertheilte, in der Behandlung des Hochreliefs (im Style)
Alles zu übertreffen, was er im Verlaufe seines der Kunst
gewidmeten Lebens an modernen Bildnerarbeiten gesehn. Al-
lein, auch von der glücklichen Anordnung und von der kunst-
reichen Höhlung der vorstehenden Figuren abgesehn, besitzt die-
ses Werk den Vorzug eines unbefangenen, bequemen Gesche-
hens, der allerdings den Kunstwerken jener Zeit nur selten zu
fehlen pflegt. Uebrigens läßt sich einwenden, daß der Künst-
ler die Profile der Köpfe etwas scharfkantig gehalten, was
wahrscheinlich der Wirkung und größeren Deutlichkeit willen
geschehen ist, da seine übrigen Arbeiten darlegen, daß er hie-
rin nicht etwa von einer angenommenen Gewöhnung sich hin-
reißen lassen.

Auf diese Arbeit dürfte, nach oben ausgeführten Grün-
den, eine kaum zu Hälfte vollendete Altarbekleidung von Mar-
mor folgen, welche ich in dem Wachsbehältniß des Domes
entdeckte, wohin ich dem Sacristan zufällig gefolgt war. Sie
wurde bald darauf hervorgezogen und ist gegenwärtig nebst den
Ueberresten eines Grabmales von Benedetto da Rovezzano, zu-
gleich mit obigen Orgelverzierungen, in die öffentliche Gallerie
gelangt. Ich erlebte die Befriedigung meines Kennergefühles,
die Vermuthung, sie mögen unvollendete Arbeiten des Luca
seyn, wenige Wochen nach ihrer Entdeckung durch eine Ur-
kunde bestätiget zu sehn, welche ich beylege *).


*) S. Belege, IV. 1.

der gedachten Bildwerke, (Chorſaͤnger in kurzer, aufgeſchuͤrzter
Tunica mit unbedeckten Fuͤßen) dem trefflichen Kenner grie-
chiſcher Alterthuͤmer, Freyherrn von Stakelberg, als ich ihn
vor Jahren an die Stelle begleitete, alſobald als ein Meiſter-
ſtuͤck in die Augen, dem er nach laͤngerer Betrachtung das
Lob ertheilte, in der Behandlung des Hochreliefs (im Style)
Alles zu uͤbertreffen, was er im Verlaufe ſeines der Kunſt
gewidmeten Lebens an modernen Bildnerarbeiten geſehn. Al-
lein, auch von der gluͤcklichen Anordnung und von der kunſt-
reichen Hoͤhlung der vorſtehenden Figuren abgeſehn, beſitzt die-
ſes Werk den Vorzug eines unbefangenen, bequemen Geſche-
hens, der allerdings den Kunſtwerken jener Zeit nur ſelten zu
fehlen pflegt. Uebrigens laͤßt ſich einwenden, daß der Kuͤnſt-
ler die Profile der Koͤpfe etwas ſcharfkantig gehalten, was
wahrſcheinlich der Wirkung und groͤßeren Deutlichkeit willen
geſchehen iſt, da ſeine uͤbrigen Arbeiten darlegen, daß er hie-
rin nicht etwa von einer angenommenen Gewoͤhnung ſich hin-
reißen laſſen.

Auf dieſe Arbeit duͤrfte, nach oben ausgefuͤhrten Gruͤn-
den, eine kaum zu Haͤlfte vollendete Altarbekleidung von Mar-
mor folgen, welche ich in dem Wachsbehaͤltniß des Domes
entdeckte, wohin ich dem Sacriſtan zufaͤllig gefolgt war. Sie
wurde bald darauf hervorgezogen und iſt gegenwaͤrtig nebſt den
Ueberreſten eines Grabmales von Benedetto da Rovezzano, zu-
gleich mit obigen Orgelverzierungen, in die oͤffentliche Gallerie
gelangt. Ich erlebte die Befriedigung meines Kennergefuͤhles,
die Vermuthung, ſie moͤgen unvollendete Arbeiten des Luca
ſeyn, wenige Wochen nach ihrer Entdeckung durch eine Ur-
kunde beſtaͤtiget zu ſehn, welche ich beylege *).


*) S. Belege, IV. 1.
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[290/0308] der gedachten Bildwerke, (Chorſaͤnger in kurzer, aufgeſchuͤrzter Tunica mit unbedeckten Fuͤßen) dem trefflichen Kenner grie- chiſcher Alterthuͤmer, Freyherrn von Stakelberg, als ich ihn vor Jahren an die Stelle begleitete, alſobald als ein Meiſter- ſtuͤck in die Augen, dem er nach laͤngerer Betrachtung das Lob ertheilte, in der Behandlung des Hochreliefs (im Style) Alles zu uͤbertreffen, was er im Verlaufe ſeines der Kunſt gewidmeten Lebens an modernen Bildnerarbeiten geſehn. Al- lein, auch von der gluͤcklichen Anordnung und von der kunſt- reichen Hoͤhlung der vorſtehenden Figuren abgeſehn, beſitzt die- ſes Werk den Vorzug eines unbefangenen, bequemen Geſche- hens, der allerdings den Kunſtwerken jener Zeit nur ſelten zu fehlen pflegt. Uebrigens laͤßt ſich einwenden, daß der Kuͤnſt- ler die Profile der Koͤpfe etwas ſcharfkantig gehalten, was wahrſcheinlich der Wirkung und groͤßeren Deutlichkeit willen geſchehen iſt, da ſeine uͤbrigen Arbeiten darlegen, daß er hie- rin nicht etwa von einer angenommenen Gewoͤhnung ſich hin- reißen laſſen. Auf dieſe Arbeit duͤrfte, nach oben ausgefuͤhrten Gruͤn- den, eine kaum zu Haͤlfte vollendete Altarbekleidung von Mar- mor folgen, welche ich in dem Wachsbehaͤltniß des Domes entdeckte, wohin ich dem Sacriſtan zufaͤllig gefolgt war. Sie wurde bald darauf hervorgezogen und iſt gegenwaͤrtig nebſt den Ueberreſten eines Grabmales von Benedetto da Rovezzano, zu- gleich mit obigen Orgelverzierungen, in die oͤffentliche Gallerie gelangt. Ich erlebte die Befriedigung meines Kennergefuͤhles, die Vermuthung, ſie moͤgen unvollendete Arbeiten des Luca ſeyn, wenige Wochen nach ihrer Entdeckung durch eine Ur- kunde beſtaͤtiget zu ſehn, welche ich beylege *). *) S. Belege, IV. 1.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/308>, abgerufen am 17.05.2024.