Genien des Donatello unter der Orgel zur Rechten. Vasari machte der Arbeit des Luca della Robbia den Vorwurf, daß sie in ihrer hohen Stellung verschwinde, weil sie mit zu gro- ßem Fleiße beendigt sey, lobt hingegen die gegenüberstehende des Donatello. Vasari verfiel an dieser Stelle sowohl theo- retisch, als besonders historisch in einen unumgänglich aufzu- klärenden Irrthum. Luca mochte Proben angestellt und wahr- genommen haben, daß seine Arbeit in so großer Höhe dem Blicke verloren gehe. Denn es sind nur die beiden Stücke mit den Sängern so zierlich ausgeführt, als Vasari angiebt; hingegen die Posaunenbläser und tanzenden Knaben und Mäd- chen in den vier breiteren Stücken, zwar in gleichem Ge- schmacke und mit großem Geiste entworfen, doch kaum aus dem Groben hervorgearbeitet. Es lag demnach an der Dun- kelheit des Ortes ihrer Aufstellung, daß sie nicht zu sehen wa- ren. Entfernt stehende Bildnereyen fodern vor Allem scharfe Beleuchtung und diese wäre dem Hochrelief unseres Luca gün- stiger gewesen, als den flachen Verkrüppelungen des Donato, dessen Behandlung des Rilievo allerdings sehr wunderlich, doch keinesweges so lobenswerth ist, als Vasari glaubte, oder an- zunehmen vorgiebt. In neueren Zeiten hat man von beiden Orgeln einen Theil dieser Füllungen abgenommen und in ei- nem Gemache der Domverwaltung aufgestellt, wo sie aller- dings näher vor Augen lagen, doch ebenfalls schlecht beleuch- tet waren; sie befinden sich gegenwärtig mit anderen bildneri- schen Denkmalen desselben Gebäudes in der öffentlichen Gal- lerie der Uffizj, da vor einiger Zeit zur Sprache gekommen war, die dortige Sammlung bildnerischer Merkwürdigkeiten mittler und neuerer Zeiten zu vervollständigen.
Der ungünstigen Beleuchtung ungeachtet fiel das eine
II. 19
Genien des Donatello unter der Orgel zur Rechten. Vaſari machte der Arbeit des Luca della Robbia den Vorwurf, daß ſie in ihrer hohen Stellung verſchwinde, weil ſie mit zu gro- ßem Fleiße beendigt ſey, lobt hingegen die gegenuͤberſtehende des Donatello. Vaſari verfiel an dieſer Stelle ſowohl theo- retiſch, als beſonders hiſtoriſch in einen unumgaͤnglich aufzu- klaͤrenden Irrthum. Luca mochte Proben angeſtellt und wahr- genommen haben, daß ſeine Arbeit in ſo großer Hoͤhe dem Blicke verloren gehe. Denn es ſind nur die beiden Stuͤcke mit den Saͤngern ſo zierlich ausgefuͤhrt, als Vaſari angiebt; hingegen die Poſaunenblaͤſer und tanzenden Knaben und Maͤd- chen in den vier breiteren Stuͤcken, zwar in gleichem Ge- ſchmacke und mit großem Geiſte entworfen, doch kaum aus dem Groben hervorgearbeitet. Es lag demnach an der Dun- kelheit des Ortes ihrer Aufſtellung, daß ſie nicht zu ſehen wa- ren. Entfernt ſtehende Bildnereyen fodern vor Allem ſcharfe Beleuchtung und dieſe waͤre dem Hochrelief unſeres Luca guͤn- ſtiger geweſen, als den flachen Verkruͤppelungen des Donato, deſſen Behandlung des Rilievo allerdings ſehr wunderlich, doch keinesweges ſo lobenswerth iſt, als Vaſari glaubte, oder an- zunehmen vorgiebt. In neueren Zeiten hat man von beiden Orgeln einen Theil dieſer Fuͤllungen abgenommen und in ei- nem Gemache der Domverwaltung aufgeſtellt, wo ſie aller- dings naͤher vor Augen lagen, doch ebenfalls ſchlecht beleuch- tet waren; ſie befinden ſich gegenwaͤrtig mit anderen bildneri- ſchen Denkmalen deſſelben Gebaͤudes in der oͤffentlichen Gal- lerie der Uffizj, da vor einiger Zeit zur Sprache gekommen war, die dortige Sammlung bildneriſcher Merkwuͤrdigkeiten mittler und neuerer Zeiten zu vervollſtaͤndigen.
Der unguͤnſtigen Beleuchtung ungeachtet fiel das eine
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Genien des Donatello unter der Orgel zur Rechten. Vaſari
machte der Arbeit des Luca della Robbia den Vorwurf, daß
ſie in ihrer hohen Stellung verſchwinde, weil ſie mit zu gro-
ßem Fleiße beendigt ſey, lobt hingegen die gegenuͤberſtehende
des Donatello. Vaſari verfiel an dieſer Stelle ſowohl theo-
retiſch, als beſonders hiſtoriſch in einen unumgaͤnglich aufzu-
klaͤrenden Irrthum. Luca mochte Proben angeſtellt und wahr-
genommen haben, daß ſeine Arbeit in ſo großer Hoͤhe dem
Blicke verloren gehe. Denn es ſind nur die beiden Stuͤcke
mit den Saͤngern ſo zierlich ausgefuͤhrt, als Vaſari angiebt;
hingegen die Poſaunenblaͤſer und tanzenden Knaben und Maͤd-
chen in den vier breiteren Stuͤcken, zwar in gleichem Ge-
ſchmacke und mit großem Geiſte entworfen, doch kaum aus
dem Groben hervorgearbeitet. Es lag demnach an der Dun-
kelheit des Ortes ihrer Aufſtellung, daß ſie nicht zu ſehen wa-
ren. Entfernt ſtehende Bildnereyen fodern vor Allem ſcharfe
Beleuchtung und dieſe waͤre dem Hochrelief unſeres Luca guͤn-
ſtiger geweſen, als den flachen Verkruͤppelungen des Donato,
deſſen Behandlung des Rilievo allerdings ſehr wunderlich, doch
keinesweges ſo lobenswerth iſt, als Vaſari glaubte, oder an-
zunehmen vorgiebt. In neueren Zeiten hat man von beiden
Orgeln einen Theil dieſer Fuͤllungen abgenommen und in ei-
nem Gemache der Domverwaltung aufgeſtellt, wo ſie aller-
dings naͤher vor Augen lagen, doch ebenfalls ſchlecht beleuch-
tet waren; ſie befinden ſich gegenwaͤrtig mit anderen bildneri-
ſchen Denkmalen deſſelben Gebaͤudes in der oͤffentlichen Gal-
lerie der Uffizj, da vor einiger Zeit zur Sprache gekommen
war, die dortige Sammlung bildneriſcher Merkwuͤrdigkeiten
mittler und neuerer Zeiten zu vervollſtaͤndigen.
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/307>, abgerufen am 22.11.2024.
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