Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

rado di Gordi ableitet; *) was ich dahingestellt seyn lasse, da
Baldinucci kein zuverlässiger Zeuge ist.

Die vormals zahlreichen Altartafeln unseres Malers sind
in den neueren Zeiten durch Vernachlässigung und Verstreuung
seltener geworden. Die Vorseite des Hauptaltares der Kirche
sta Maria novella ist mit einigen Seitenstücken in die kön.
Gallerie zu München gelangt; zwey andere Seitenstücke, so wie
die Rückseite, letzte, nach Angabe des Vasari, Arbeit seiner
minder begabten Brüder David und Benedetto, in den Besitz
S. M. des Königes von Preußen. Das ehemalige Altarge-
mälde der abgetragenen Kirche s. Giusto gelangte in die kleine
Kirche s. Giovannino detta la Calza, zu Florenz, am römischen
Thore. Ein drittes Altargemälde, die Anbetung der Könige,
befindet sich noch immer, obwohl stark gereinigt und erneut in
der Kirche des Findelhauses, Orbatelli, zu Florenz. Dieses
möchte vor seiner Wiederherstellung das vorzüglichste gewesen
seyn, da sein Gegenstand dem Talente des Domenico mehr
entspricht, als jene damals für Altargemälde hergebrachten
Heiligenversammlungen. Sein derber und klarer Sinn für
das Wirkliche vermochte nicht, sich der Zartheit der neuchrist-
lichen Idee der Madonna so ganz, wie es begehrt wird, an-
zuschmiegen; seine Jungfrau, seine Heiligen sind daher, wohl
gutartig und freundlich, erreichen indeß was den Ausdruck
ihrer Idee betrifft, nicht einmal die Arbeiten seines Zeitgenos-

*) Archiv. dell' opera del Duomo di Siena libro E. 8. Delib.
p. 12. a. t.
und s. p. 13. -- Anno Dni MCCCCLXXXXIII. Ind. XI.
die XXIV. Aprilis -- operarius ecclesie catthedralis civit. Se-
narum
-- -- locavit Magistro Davit Thomasi Corradoffi de
Florentia
magro Mosaici etc.
Es ist offenbar von dem Davide die
Rede, welcher, nach Vasari, des Domenico Bruder war.

rado di Gordi ableitet; *) was ich dahingeſtellt ſeyn laſſe, da
Baldinucci kein zuverlaͤſſiger Zeuge iſt.

Die vormals zahlreichen Altartafeln unſeres Malers ſind
in den neueren Zeiten durch Vernachlaͤſſigung und Verſtreuung
ſeltener geworden. Die Vorſeite des Hauptaltares der Kirche
ſta Maria novella iſt mit einigen Seitenſtuͤcken in die koͤn.
Gallerie zu Muͤnchen gelangt; zwey andere Seitenſtuͤcke, ſo wie
die Ruͤckſeite, letzte, nach Angabe des Vaſari, Arbeit ſeiner
minder begabten Bruͤder David und Benedetto, in den Beſitz
S. M. des Koͤniges von Preußen. Das ehemalige Altarge-
maͤlde der abgetragenen Kirche ſ. Giuſto gelangte in die kleine
Kirche ſ. Giovannino detta la Calza, zu Florenz, am roͤmiſchen
Thore. Ein drittes Altargemaͤlde, die Anbetung der Koͤnige,
befindet ſich noch immer, obwohl ſtark gereinigt und erneut in
der Kirche des Findelhauſes, Orbatelli, zu Florenz. Dieſes
moͤchte vor ſeiner Wiederherſtellung das vorzuͤglichſte geweſen
ſeyn, da ſein Gegenſtand dem Talente des Domenico mehr
entſpricht, als jene damals fuͤr Altargemaͤlde hergebrachten
Heiligenverſammlungen. Sein derber und klarer Sinn fuͤr
das Wirkliche vermochte nicht, ſich der Zartheit der neuchriſt-
lichen Idee der Madonna ſo ganz, wie es begehrt wird, an-
zuſchmiegen; ſeine Jungfrau, ſeine Heiligen ſind daher, wohl
gutartig und freundlich, erreichen indeß was den Ausdruck
ihrer Idee betrifft, nicht einmal die Arbeiten ſeines Zeitgenoſ-

*) Archiv. dell’ opera del Duomo di Siena libro E. 8. Delib.
p. 12. a. t.
und s. p. 13. — Anno Dni MCCCCLXXXXIII. Ind. XI.
die XXIV. Aprilis — operarius ecclesie catthedralis civit. Se-
narum
— — locavit Magistro Davit Thomasi Corradoffi de
Florentia
magro Mosaici etc.
Es iſt offenbar von dem Davide die
Rede, welcher, nach Vaſari, des Domenico Bruder war.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0303" n="285"/><persName xml:id="pn10b" prev="#pn10a">rado di Gordi</persName> ableitet; <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Archiv. dell&#x2019; opera del Duomo di <placeName>Siena</placeName> libro E. 8. Delib.<lb/>
p. 12. a. t.</hi> und <hi rendition="#aq">s. p. 13. &#x2014; Anno Dni MCCCCLXXXXIII. Ind. XI.<lb/>
die XXIV. Aprilis &#x2014; operarius ecclesie catthedralis civit. <placeName>Se-<lb/>
narum</placeName> &#x2014; &#x2014; locavit Magistro <persName ref="http://d-nb.info/gnd/123153387">Davit Thomasi <hi rendition="#g">Corradoffi</hi> de<lb/>
Florentia</persName> magro Mosaici etc.</hi> Es i&#x017F;t offenbar von dem <hi rendition="#aq"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/123153387">Davide</persName></hi> die<lb/>
Rede, welcher, nach <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Va&#x017F;ari</persName>, des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118717227">Domenico</persName> Bruder war.</note> was ich dahinge&#x017F;tellt &#x017F;eyn la&#x017F;&#x017F;e, da<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/11891345X">Baldinucci</persName> kein zuverla&#x0364;&#x017F;&#x017F;iger Zeuge i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Die vormals zahlreichen Altartafeln un&#x017F;eres Malers &#x017F;ind<lb/>
in den neueren Zeiten durch Vernachla&#x0364;&#x017F;&#x017F;igung und Ver&#x017F;treuung<lb/>
&#x017F;eltener geworden. Die Vor&#x017F;eite des Hauptaltares der Kirche<lb/>
&#x017F;ta Maria novella i&#x017F;t mit einigen Seiten&#x017F;tu&#x0364;cken in die ko&#x0364;n.<lb/>
Gallerie zu Mu&#x0364;nchen gelangt; zwey andere Seiten&#x017F;tu&#x0364;cke, &#x017F;o wie<lb/>
die Ru&#x0364;ck&#x017F;eite, letzte, nach Angabe des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Va&#x017F;ari</persName>, Arbeit &#x017F;einer<lb/>
minder begabten Bru&#x0364;der <persName ref="http://d-nb.info/gnd/123153387">David</persName> und <persName ref="http://d-nb.info/gnd/130558311">Benedetto</persName>, in den Be&#x017F;itz<lb/>
S. M. des Ko&#x0364;niges von <placeName>Preußen</placeName>. Das ehemalige Altarge-<lb/>
ma&#x0364;lde der abgetragenen Kirche &#x017F;. Giu&#x017F;to gelangte in die kleine<lb/>
Kirche &#x017F;. Giovannino detta la Calza, zu <placeName>Florenz</placeName>, am ro&#x0364;mi&#x017F;chen<lb/>
Thore. Ein drittes Altargema&#x0364;lde, die Anbetung der Ko&#x0364;nige,<lb/>
befindet &#x017F;ich noch immer, obwohl &#x017F;tark gereinigt und erneut in<lb/>
der Kirche des Findelhau&#x017F;es, Orbatelli, zu <placeName>Florenz</placeName>. Die&#x017F;es<lb/>
mo&#x0364;chte vor &#x017F;einer Wiederher&#x017F;tellung das vorzu&#x0364;glich&#x017F;te gewe&#x017F;en<lb/>
&#x017F;eyn, da &#x017F;ein Gegen&#x017F;tand dem Talente des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118717227">Domenico</persName> mehr<lb/>
ent&#x017F;pricht, als jene damals fu&#x0364;r Altargema&#x0364;lde hergebrachten<lb/>
Heiligenver&#x017F;ammlungen. Sein derber und klarer Sinn fu&#x0364;r<lb/>
das Wirkliche vermochte nicht, &#x017F;ich der Zartheit der neuchri&#x017F;t-<lb/>
lichen Idee der Madonna &#x017F;o ganz, wie es begehrt wird, an-<lb/>
zu&#x017F;chmiegen; &#x017F;eine Jungfrau, &#x017F;eine Heiligen &#x017F;ind daher, wohl<lb/>
gutartig und freundlich, erreichen indeß was den Ausdruck<lb/>
ihrer Idee betrifft, nicht einmal die Arbeiten &#x017F;eines Zeitgeno&#x017F;-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[285/0303] rado di Gordi ableitet; *) was ich dahingeſtellt ſeyn laſſe, da Baldinucci kein zuverlaͤſſiger Zeuge iſt. Die vormals zahlreichen Altartafeln unſeres Malers ſind in den neueren Zeiten durch Vernachlaͤſſigung und Verſtreuung ſeltener geworden. Die Vorſeite des Hauptaltares der Kirche ſta Maria novella iſt mit einigen Seitenſtuͤcken in die koͤn. Gallerie zu Muͤnchen gelangt; zwey andere Seitenſtuͤcke, ſo wie die Ruͤckſeite, letzte, nach Angabe des Vaſari, Arbeit ſeiner minder begabten Bruͤder David und Benedetto, in den Beſitz S. M. des Koͤniges von Preußen. Das ehemalige Altarge- maͤlde der abgetragenen Kirche ſ. Giuſto gelangte in die kleine Kirche ſ. Giovannino detta la Calza, zu Florenz, am roͤmiſchen Thore. Ein drittes Altargemaͤlde, die Anbetung der Koͤnige, befindet ſich noch immer, obwohl ſtark gereinigt und erneut in der Kirche des Findelhauſes, Orbatelli, zu Florenz. Dieſes moͤchte vor ſeiner Wiederherſtellung das vorzuͤglichſte geweſen ſeyn, da ſein Gegenſtand dem Talente des Domenico mehr entſpricht, als jene damals fuͤr Altargemaͤlde hergebrachten Heiligenverſammlungen. Sein derber und klarer Sinn fuͤr das Wirkliche vermochte nicht, ſich der Zartheit der neuchriſt- lichen Idee der Madonna ſo ganz, wie es begehrt wird, an- zuſchmiegen; ſeine Jungfrau, ſeine Heiligen ſind daher, wohl gutartig und freundlich, erreichen indeß was den Ausdruck ihrer Idee betrifft, nicht einmal die Arbeiten ſeines Zeitgenoſ- *) Archiv. dell’ opera del Duomo di Siena libro E. 8. Delib. p. 12. a. t. und s. p. 13. — Anno Dni MCCCCLXXXXIII. Ind. XI. die XXIV. Aprilis — operarius ecclesie catthedralis civit. Se- narum — — locavit Magistro Davit Thomasi Corradoffi de Florentia magro Mosaici etc. Es iſt offenbar von dem Davide die Rede, welcher, nach Vaſari, des Domenico Bruder war.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/303
Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/303>, abgerufen am 22.11.2024.